Debatten im Landtag vom 30. November und 1. Dezember 2016

Landtag debattiert über EEG-Umlage

Stuttgart. Die Landesregierung sieht keine Veranlassung, das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und die EEG-Umlage in Frage zu stellen. Wenn das EEG abgeschafft würde, würden auch im Bereich der erneuerbaren Energie keine neuen Anlagen mehr gebaut, sagte Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) am Donnerstag im Landtag. Die Stromkosten seien ein wichtiger Faktor für Industrie und Privathaushalte. Deshalb ist der […]

Stuttgart. Die Landesregierung sieht keine Veranlassung, das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und die EEG-Umlage in Frage zu stellen. Wenn das EEG abgeschafft würde, würden auch im Bereich der erneuerbaren Energie keine neuen Anlagen mehr gebaut, sagte Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) am Donnerstag im Landtag. Die Stromkosten seien ein wichtiger Faktor für Industrie und Privathaushalte. Deshalb ist der Grünen-Politiker froh, dass trotz der steigenden EEG-Umlage (von 6,35 Cent in diesem auf 6,88 Cent im nächsten Jahr) viele Energieanbieter angekündigt haben, ihre Strompreise konstant zu halten. „Ich bin fest davon überzeugt, dass es möglich ist, unsere Energieerzeugung Stück für Stück risikoärmer, nachhaltiger und klimafreundlicher zu machen und gleichzeitig die Energiepreise im Rahmen zu halten“, erklärte Untersteller.
„Wo ist die Kostenexplosion?“, fragte deshalb der Umweltminister in Richtung AfD-Fraktion, die die aktuelle Debatte „Kostenexplosion der EEG-Umlage, eine Mehrbelastung für Familien sowie klein- und mittelständische Unternehmen in Baden-Württemberg“ beantragt hatte. Der größten Oppositionspartei im Parlament warf er „eine Märchenstunde“ vor. Dank des EEG und der Fördersystamatik sei der Anteil der erneuerbaren Energien in Deutschland am Stromaufkommen von 5 bis 6 Prozent im Jahr 1998 auf 32 Prozent gestiegen.  Und es sei gelungen, Strom aus diesen Quellen beim Preis „unter oder auf dem Niveau“ der Stromerzeugungskosten von neuen konventionellen Anlagen, also Gas- und Kohlekraftwerke, zu bringen. Außerdem trage das EEG zur Erzeugung von CO2-freiem Strom bei.

Grüne: Erneuerbare Energien einzige Chance, Klimawandel abzumildern

Das EEG sei ein Lehrbuch-Beispiel für ein planwirtschaftliches Gesetz, hatte Rainer Podeswa (AfD) zu Beginn der Debatte kritisiert und auf die „Hyper-Inflation“ der Umlage von einst 0,2 auf künftig 6,88 Cent hingewiesen, eine Erhöhung um 5000 Prozent. „Es gibt keine Obergrenze für diesen Wahnsinn“, sagte der AfD-Abgeordnete. Er kritisierte, dass „die Bürger und der kleine Handwerksbetrieb“ dies zahlen müssten, während Großbetriebe von der Umlage befreit seien. Der Kleinbäcker müsse zahlen, der Großbäcker nicht. Dies bewertete Podeswa als „Umverteilung von unten nach oben“, weshalb eine Milllion Bürger in Deutschland ihre Stromrechnungen nicht mehr zahlen könnten. Auch 2016 würden wieder 30 Milliarden Euro von den kleinen Stromkunden für die Förderung erneuerbarer Energien bezahlt. Volksvermögen sei verschleudert und die Ziele nicht erreicht worden, weshalb er die „Abwicklung des EEG“ forderte.   
Jutta Niemann (Grüne) wies auf die positive Entwicklung durch das EEG hin. Erneuerbare Energien seien die einzige Chance, die Folgen des Klimawandels abzumildern. Das EEG habe erst die dezentrale Energieversorgung ermöglicht, denn durch das EEG seien neue Anlagen aus erneuerbaren Energie von kleineren Anlagen, außerhalb der vier großen Energiekonzerne, in den Markt gekommen. Jede zweite Kilowattstunde Ökostrom werde von Anlagen erzeugt, die Bürgern gehören. Von Kostenexplosion könne keine Rede sein, denn die Stromkosten würden sinken. Zudem schaffe die Energiewende Arbeitsplätze. Zur Befreiung von der Umlage sagte Niemann, dies mach „zum Teil Sinn“, vor allem für Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stünden, aber nicht für alle. „Erneuerbare Energien sind die Zukunft“, urteilte die Grünen-Abgeordnete und erklärte: „Fossilie Investitionen können zu Risikoanlagen werden. Die Verbrennung fossiler Energieträger sind ineffizient und schädigen die Weltwirtschaft.“

EEG war Vorbild für ähnliche Gesetze in vielen Staaten

Als „politischen Schwachsinn“ stempelte Paul Nemeth (CDU) die Aussagen der AfD ab. 70 Prozent der Deutschen wollten die Energiewende. Diese sei eine Investition in die Zukunft. Spätestens in 20 Jahren werde Deutschland das modernste CO2-freie Stromsystem und die intelligentesten Netze haben, sagte der CDU-Abgeordnete. Er verwies darauf, dass es in den vergangenen zwei Jahren „keine Strompreisexplosion“ gegeben habe. Bereits 2025 würden 45 Prozent Strom aus Erneuerbaren kommen. Nemeth räumte ein, dass „wir beim Ausbau der erneuerbaren Energien einen Tick zu schnell und beim Netzausbau zu langsam waren.“ Nötig seien 8000 km neue Netze, von denen erst 400 km ausgebaut sind, und Speicherkapazitäten. Er konstatierte auch, das EEG sei erst dann ein Erfolg, „wenn es überflüssig ist“.
„Abenteuerlich und fahrlässig“ fand Gernot Gruber (SPD) das Statement des AfD-Kollegen. Es sei unerträglich, 123 Abgeordnete des Landtags als Anhänger der Planwirtschaft, als sozialistisch und verblendet darzustellen. Gruber sagte, das deutsche EEG sei Geburtshelfer für ähnliche Gesetze in fast hundert Ländern. Er sieht durchaus eine Belastung für die Stromverbraucher durch die Förderung des Ausbaus; andererseits würde Atom- und Kohlestrom durch Subventionen sowie Risiko, Entsorgung und Klimaschädlichkeit mehr belasten. Das EEG führe zu Versorgungssicherheit und bezahlbaren Energiekosten und zum Beitrag für die Energiewende und den Klimaschutz. Durch das EEG seien die regenerativen Energien deutlich ausgebaut worden, regenerativer Strom sei Jahr für Jahr deutlich billiger geworden.
Andreas Glück (FDP) sagte, trotz aller Vorteile habe das EEG auch Nachteile. Es sei vom „Instrument zur Markteinführung zur Dauereinrichtung verkommen“. Überlegungen, wie 20 Jahre lang geförderte Anlagen möglicherweise noch weiter gefördert werden können, seien der „falsche Ansatz“. Das EEG sei „so verworren“ gewachsen, dass ein und dieselbe Technologie, die Photovoltaik, auf der einen Seite gefördert und auf der anderen Seite ausgebremst werde, weil Eigenstrom mit 40 Prozent der EEG-Umlage belegt werde. Als Nachteil sieht der liberale Energieexperte auch die feste Einspeiseverfügung über lange Jahre. „Wir müssen uns von dem Gedanken lösten, dass Politik bereits heute die Technologie der Zukunft kenne. Wir müssen technologieoffen an die Sache gehen“, forderte Glück. Er forderte die Aufhebung der Stromsteuer: „Die 0,25 Euro pro Kilowattstunde an Stromsteuer gehören als Sofortmaßnahme abgeschafft.“ Und nachdem das EEG sein Ziel erreicht habe, ist die FDP auch für die Abschaffung des EEG. Glück schlug stattdessen den CO2-Zertifikatehandel vor. Oder die schwedische Variante: Dort gibt der Gesetzgeber den Energieversorgern zwar eine feste Quote vor, wie viel Strom aus Erneuerbaren kommen soll, aber nicht, welche Art der Erneuerbaren dies sein soll.

Quelle/Autor: Wolf Günthner

Nutzen Sie die Vorteile unseres

Premium-Abos. Lesen Sie alle Artikel aus Print und Online für

0 € 4 Wochen / danach 167,00 € jährlich Nachrichten aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung in Baden-Württemberg Jetzt abonnieren

Lesermeinungen

Bitte loggen Sie sich ein, um zu kommentieren.

30. November und 1. Dezember 2016