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Bachelorarbeiten aus den Verwaltungshochschulen

Reform zum Quellensteuerabzug in Frankreich: „Ein Meilenstein im Steuersystem“

Nach Ansicht des Autors ist die in Frankreich eingeführte Reform zum Quellensteuerabzug ein guter Anlass, um sich hierzulande Gedanken für eine Weiterentwicklung zu machen.

dpa/ Fotostand | Fotostand / K. Schmitt)

LUDWIGSBURG. Die Bachelorarbeit befasst sich mit der in Frankreich zum 1. Januar 2019 eingeführten Reform zum Quellensteuerabzug prélèvement à la source (kurz: PAS). Die Republik Frankreich hat mit der Einführung des prélèvement à la source einen Meilenstein in ihrem Steuersystem gesetzt.

Vom ersten Gedanken an bis hin zur tatsächlichen Reform und Einführung vergingen mehrere Jahre. Bereits im Jahr 2015 begann der Entwicklungsprozess. Zusammenfassend betrachtet ist es der französischen Verwaltung gelungen, grundlegende Verfahrensweisen und Herangehensweisen hinsichtlich der Besteuerung zu vereinfachen und der Bevölkerung entgegenzukommen. Der Stolz der Verantwortlichen ist groß.

Wie hoch der Einsatz für die Verwaltung, die Arbeitgeber und die einzelnen Bürger für diese Umstellung war und welche Art von Resonanz sich seit der Reformierung herausstellen würde, vermochte zu diesem Zeitpunkt noch kaum jemand mit gutem Gewissen und Sicherheit zu prognostizieren. Das Ziel der zeitgemäßen Besteuerung wurde in jedem Fall erreicht.

Im grenzüberschreitenden Kontext sind einzelne bereits beschriebene Problemstellungen vorhanden. Durch den PAS mussten sich auch deutsche Steuerzahler auf die Veränderungen einstellen. Dennoch können die Betroffenen zum Beispiel durch Freistellungsanträge von der Steuer im eigenen beziehungsweise benachbarten Staat die Verfahrensweise erleichtern. Vor allem machen Grenzgänger von dieser Möglichkeit Gebrauch. Einer Doppelbesteuerung ist grundsätzlich kein Steuerzahler ausgesetzt.

Vereinfachung des Steuersystems mit positiver Resonanz

Unser Nachbarland Frankreich hat den Mut bewiesen, gegenüber umfangreichen Veränderungen offen zu sein. Dieses Wagnis der grundlegenden Vereinfachung der Verfahrensweise des französischen Steuersystems wurde mit durchschlagendem Erfolg eingegangen, wie auch die nahezu durchweg positive Resonanz belegt. Die französische Gesellschaft war bereit dazu, neue Wege in Hinblick auf das staatliche Handeln zu akzeptieren und die verwaltungstechnische Reform des Besteuerungssystems mitzutragen, so dass nun alle Seiten – sowohl die französische Verwaltung wie auch Arbeitgeber, öffentliche Einrichtungen und auch Arbeitnehmer – davon profitieren (werden).

Nach Aussagen von Herrn Gérald Darmanin, ministre de l’Action et des Comptes, wird angestrebt, dass eine Abgabepflicht von Einkommensteuererklärungen entfallen soll, sofern eine Steuererklärung keine Abweichungen von den unterjährig erklärten Besteuerungsgrundlagen hervorrufen wird. Dieses Zukunftsszenario könnte als „rêve français“ Steuer-Geschichte schreiben.

Die ersten Resultate bringen einen deutlichen Appell an die Politik mit sich. Unbestritten wurde ein großer Erfolg erzielt. Dennoch sollte eine Fortentwicklung nicht aus den Augen verloren werden, um aus dem symbolischen Überholmanöver gegenüber der Bundesrepublik Deutschland einen tatsächlichen Vorsprung zu erlangen.

Fazit

Nunmehr ein Jahr nach der Implementierung des PAS, kann ein stichfestes Zwischenfazit zur bisherigen Leistung und Resonanz gezogen werden:

Als einer der letzten Mitgliedsstaaten der Europäischen Union geht die Republik Frankreich auch zur vollständigen Quellenbesteuerung über. Der Handlungsbedarf war unbestreitbar erkennbar. In Verbindung mit dem enormen bürokratischen Aufwand durch die Vielzahl an einzelnen Erklärungen, hätte der Handlungsbedarf allerdings bereits deutlich früher in den Mittelpunkt gestellt werden müssen.

Die zeitliche Umsetzung bewegte sich in Angesicht des hohen Verwaltungsaufwandes sowie der technischen Aspekte im erträglichen Rahmen. Steuerzahler, Arbeitgeber und Verwaltung wurden in durchaus ausreichendem Umfang eingebunden.

Deutlich weniger bürokratische Aufwand

Durchweg positiv hat der französische Steuerzahler die neue Verfahrensweise, den PAS, angenommen. Die Verantwortung und Verpflichtung zur persönlichen Zahlung der Steuer in monatlichen, vierteljährlichen oder halbjährlichen Raten wurde überwiegend vom Arbeitnehmer an den Arbeitgeber übertragen. Durch das persönliche Benutzerkonto, das dem Steuerzahler bereits durch die elektronische Übermittlung der Einkommensteuererklärung bekannt war, können auf einfachem Wege eigene Änderungen vorgenommen werden.

Der bürokratische Aufwand wird durch den PAS deutlich verringert und der französische Bürger so spürbar entlastet. Laut der durchgeführten Umfrage unter französischen Steuerzahlern traten einzelne Probleme bei der Abwicklung auf und einige wenige Individuen fühlen sich durch die elektronische Übermittlung des persönlichen Quellensteuersatzes in ihrer Privatsphäre verletzt. Jedoch hat die DGFiP durch den taux neutre eine Variante ermöglicht, dieser Offenbarung zu entgehen. Steuerzahler, denen ihre Privatsphäre gegenüber dem Arbeitgeber wichtig ist, müssen akzeptieren, ihre Steuerzahlungen hingegen selbst vorzunehmen. Auch die Transparenz zwischen Staat und Bürger ist positiv zu bewerten.

Den Arbeitgebern und auch öffentlichen Kassen wurden umfangreiche Verpflichtungen auferlegt. Diese sind in erster Linie für den korrekten Abzug der Steuern an der Quelle verantwortlich. Insbesondere die stetige Aktualisierung der Quellensteuersätze und die Abführung der Quellensteuer in entsprechender Höhe stellen einen klaren Mehraufwand dar. In gewisser Weise werden die Arbeitgeber durch die hohen Strafen zu einer reibungslosen und harmonischen Zusammenarbeit zwischen ihnen und dem Staat erzogen.

Wenige Änderungen in elektronischen Programmen waren nötig

Umstrukturierungen wie die neue Gehaltsabrechnungssoftware sowie entsprechende Fortbildungen sind ein nicht zu unterschätzender Kostenfaktor bei den Unternehmen. Die angekündigten Kosten in Höhe von 1,2 Milliarden Euro hierfür konnten auf 310 bis 420 Millionen Euro reduziert werden. Betrachtet man die technischen Aspekte, mussten in den meisten Betrieben vergleichsweise wenige Änderungen in den internen elektronischen Programmen durchgeführt werden. Dies unterstrich auch die stichprobenhaft durchgeführte Befragung in einem Betrieb. Aus Sicht der Arbeitgeber sind die mit dem eingeführten PAS zusammenhängenden Verfahrensweisen umsetzbar (gewesen). Der französische Staat gibt mit dem PAS ein Stück weit Arbeit und Verantwortung an die Arbeitgeber ab. Insgesamt betrachtet stärkt diese neue Verfahrensweise aber auch das Vertrauen zwischen Arbeitgebern und dem Staat.

Bei der elektronischen Übermittlung sowie bei den persönlichen Änderungen des Quellensteuersatzes traten laut der durchgeführten Umfrage bislang nur wenige Probleme auf. Bereits im Kalenderjahr 2018 wurden den Arbeitgebern vorab Datensätze zur Erprobung bereitgestellt. Auf diese Weise konnten Arbeitgeber und Arbeitnehmer frühzeitig mit dem einzuführenden PAS in Verbindung kommen. Die DGFiP weist damit ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein auf.

Ein Problem stellte das l’année blanche dar. Der DGFiP war dieses Problem stets bewusst und es wurde intensiv an einer adäquaten Lösung gearbeitet. Durch die Erschaffung des CIMR fand die französische Verwaltung einen eher außergewöhnlichen Ausweg in Form dieses „Steuerkredites“. Dennoch wurde mit dieser Verfahrensweise das Problem in umfänglichem Ausmaß gelöst. Beachtlich ist in diesem Bezug der hohe Aufwand von rund 81 Milliarden Euro, den der CIMR auslöst und den die französische Verwaltung akzeptiert.

Frankreich geht im Vergleich zu Deutschland einen Schritt weiter

Die Optimierung von Prozessabläufen in Wirtschaft und Verwaltung gehört zu den wesentlichen Zielvorgaben in der heutigen Zeit. Mit der Einführung der Quellenbesteuerung PAS in Frankreich geht die französische Verwaltung nicht nur mit dem Fortschritt der anderen EU-Mitgliedsstaaten, sondern im Vergleich zu Deutschland auch einen Schritt weiter. Das angestrebte Ziel, eine Einkommensteuererklärung müsse durch den PAS nicht mehr abgegeben werden, zeigt das Zukunftsdenken der DGFiP. Bereits jetzt können sämtliche Einkünfte bei der Berechnung des persönlichen Quellensteuersatzes berücksichtigt werden. Nach dem deutschen System werden im Gegensatz dazu bislang lediglich persönliche Merkmale (Größe der Familie, Grad der Behinderung etc.) beim Lohnsteuerabzug berücksichtigt.

Es ist an der Zeit, dass sich die deutsche Verwaltung Gedanken über eine Weiterentwicklung des Quellensteuerabzugs in unserem Land macht. Natürlich sollte die Bevölkerung hierbei nicht übergangen werden. Dennoch ist es vor allem aber auch, wie bereits angesprochen, die Aufgabe der Politik hier nicht zu stagnieren und mit einem Blick zu unseren Nachbarn nach Frankreich über neue Verfahrensweisen nachzudenken.

Alexander Seeger (25) schrieb seine Bachelorarbeit mit dem Titel „Le prélèvement à la source –  der kulturelle Wandel Frankreichs als Überholmanöver?“ an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg (Studiengang Steuer- und Wirtschaftsrecht) unter Betreuung von Angelika Dölker. Der aus Pforzheim stammende Absolvent ist seit Kurzem wohnhaft in München und dort am Bundesfinanzhof tätig. Entscheidungsgründe für die Auswahl dieses Themas waren unter anderem seine familiären Verbundenheit zum Nachbarstaat Frankreich und das Interesse an der Fortentwicklung des französischen Steuer- und Verwaltungssystems.

Dies ist nur eine Kurzzusammenfassung der Bachelorarbeit. Mögliche Rückfragen an den Verfasser können gerne per E-Mail an alexander.seeger.bw(at)web.de gerichtet werden.

Foto: studioline Fotostudio Stuttgart Das Gerber

Diese Bachelorarbeit wurde nicht im Portal für die besten Abschlussarbeiten der HS Ludwigsburg veröffentlicht, hat aber dennoch ihren Platz auf staatsanzeiger.de gefunden.

Quelle/Autor: Alexander Seeger

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