LUDWIGSBURG. "Personal gewinnen und halten in schwierigen Zeiten" ist der Titel eines Fachprojekts von Studierenden der Hochschule für Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg aus dem Studiengang Bachelor of Arts Public Management im Wintersemester 2019/2020. Die 15 Studierenden und ihr Betreuer Joachim Ciresa, ehemaliger Geschäftsführer des Medienunternehmens Staatsanzeiger für Baden-Württemberg, haben auf 63 Seiten einen Überblick über grundlegende Aspekte und Instrumente erarbeitet.
„Das Ziel dieser Handreichung ist es, eine Handlungsempfehlung für Kommunen mittlerer Größe von etwa 100 bis 500 Mitarbeitern zu entwerfen“, heißt es in der Einleitung. Die Dokumentation solle den Kommunen künftig bessere Chancen bei der Personalgewinnung bieten und Tipps geben, wie sie Personal binden können.
AUSWAHL- UND INTEGRATIONSPROZESS SIND ENTSCHEIDEND
Zu den Instrumenten, die das Halten von Personal erleichtern sollen, gehört zunächst der Auswahlprozess. „Der künftige Mitarbeiter sollte langfristig die richtige Wahl sein, sich gut ins Team eingliedern und auch selbst zufrieden sein mit dem Arbeitgeber und dem neuen Job“, schreiben die Studierenden.
Der auf die Einstellung folgende Integrationsprozess ist ein weiteres Mittel. Dazu gehört unter anderem, dem neuen Mitarbeiter wichtige Ansprechpartner vorzustellen. Das kann auch mithilfe einer Kontaktliste geschehen. Der Arbeitsplatz sollte vollständig eingerichtet sein. Als weitere Unabdingbarkeit haben die Studierenden eine ausgewogene Work-Life-Balance ausgemacht.
„Die emotionale ist die wichtigste und nachhaltigste Art der Mitarbeiterbindung“ heißt es zu Beginn eines Kapitels: Teamarbeit, Kommunikation, Feedback, Motivation und Führung gehören zu den dargestellten Aspekten.
Laden Sie sich hier die Handreichung der Studierenden der Hochschule für Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg herunter.
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Fachkräftemangel, geringe Bewerberzahlen und eine älter werdende Belegschaft stellen die Personalabteilungen vor große Herausforderungen, ist sich die Projektgruppe sicher. Das betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) könne helfen, das bestehende Personal an den Arbeitgeber zu binden, aber auch neue Arbeitnehmer zu gewinnen. „Denn viele Arbeitnehmer achten bereits bei der Jobsuche auf „gesunde“ Arbeitsbedingungen und auf eine ausgeglichene Work-Life-Balance“, heißt es in der Handreichung.
Neben dem gesetzlich vorgeschriebenen BGM können Unternehmen und Behörden Arbeitnehmern auch die freiwillige Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) anbieten. Darunter fallen beispielsweise Angebote zur Bewegung, Entspannung und Stressbewältigung sowie Anreize für eine bessere Ernährung und für Ergonomie am Arbeitsplatz.
Die Projektgruppe kommt zu dem Ergebnis, dass ein Betriebliches Gesundheitsmanagement eine „klassische Win-Win-Situation zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer“ ist. Die Ersparnis pro investiertem Euro liegt je nach Studie zwischen 1:3 und 1:10. Investitionen in das BGM zahlen sich also immer aus, heißt es in der Handreichung.
„Die Arbeitnehmer profitieren in erster Linie durch eine Förderung des körperlichen und psychischen Wohlempfindens“. Das führe zu einer Erhöhung der Motivation und Leistungsbereitschaft der einzelnen Beschäftigten und somit zu einer höheren Produktivität und zu einer Verringerung der Krankheitstage, was wiederum eine Kostenersparnis zur Folge habe. Darüber hinaus werde das Arbeitsklima verbessert und die Identifikation des Mitarbeiters mit dem Unternehmen werde gestärkt. Doch wie sollte das Unternehmen oder die Behörde ein betriebliches Gesundheitsmanagement einführen?
Es sei laut Studierenden zuerst einmal wichtig, den Bedarf zu analysieren, die Beschäftigten für das Thema zu sensibilisieren und einzubeziehen. Im Anschluss sollte ein Arbeitskreis, der aus dem Betriebsrat, der Schwerbehindertenvertretung, der Personalentwicklung, der Personalabteilung, dem Betriebsarzt und Arbeitsschutzbeauftragten besteht, gebildet werden, so die Empfehlung der Projektgruppe.
Der Arbeitskreis hat das Ziel zu klären, welche Belastungen im Unternehmen oder in der Behörde auftreten. Gerade zu Beginn sei es wichtig, dass die Beteiligten sich treffen und die verschiedenen Aufgaben aufteilen. „Beispielsweise wer für das strategische und wer für das operative Geschäft zuständig ist. In größeren Behörden bietet es sich an, eine Abteilung oder Taskforce einzurichten“.
Folgende Fragestellungen sollten dabei beachtet werden:
Da die Mitarbeiter in den Prozess des BGM eingebunden werden sollen, kann innerhalb der Belegschaft eine Umfrage durchgeführt werden. So können sie Vorschläge zur Verbesserung einbringen.
Auch für die freiwillige Betriebliche Gesundheitsförderung gibt die Handreichung konkrete Tipps. Im Bereich der Ergonomie und der gesundheitsfreundlichen Arbeitsplatzgestaltung sollten die Arbeitgeber beispielsweise die Körperhaltung der Beschäftigten, das Raumklima und das Licht im Auge behalten. „Ein nicht ergonomischer Bildschirmarbeitsplatz führt häufig zu Rücken-, Kopf- und Nackenschmerzen, Augenproblemen oder auch Schmerzen in Hand oder Arm“, so die Studierenden der Verwaltungshochschule.
Sie raten dem Arbeitgeber, Mitarbeitern mit physisch anstrengenden Tätigkeiten körperliche Trainingsmaßnahmen oder Ausgleichsübungen anzubieten. Beispielsweise könnten das Kurse in Yoga, Pilates oder im autogenen Training sein.
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Führungskräfte spielen bei der Personalbindung eine wichtige Rolle. Die zu geringe Wertschätzung durch den Chef war laut einer Studie der Unternehmensberatung „Compensation Partner“ im Jahr 2019 mit 45 Prozent der häufigste Kündigungsgrund.
Doch was genau ist Führung und worauf kommt es an? Für Führungskräfte in Kommunen sowie für Bürgermeister gilt: „Führungskraft zu sein beruht nicht auf einer Berufung, sondern ist ein erlernbarer Beruf“, so der Leitfaden.
Zu den grundlegenden Aufgaben einer Führungskraft gehört es, Ziele im Voraus zu vereinbaren und gemeinsam zu erreichen. Führen heißt dabei nicht, alles vorzumachen. Delegieren ist wichtig, es verschafft der Führungskraft Zeit und stärkt die Eigenverantwortung der Mitarbeiter.
WERTSCHÄTZUNG UND AUFRICHTIGES LOBEN MOTIVIERT DIE MITARBEITER
Daneben sollten Führungskräfte regelmäßig ihre Wertschätzung gegenüber der geleisteten Arbeit ausdrücken. Die Autoren der Handreichung schreiben dazu: „Es sollte darauf geachtet werden, dass Lob nicht allgemein oder pauschal ausgesprochen wird“, andernfalls leide die Glaubwürdigkeit.
Um Mitarbeiter langfristig zu halten, sei es außerdem sinnvoll sie zu fördern und an einer systematischen Personalentwicklung zu arbeiten. Denn ohne Perspektive seien Menschen nicht zufrieden und könnten sich in absehbarer Zeit eine Alternative suchen. (Staatsanzeiger-Ausgabe 25/2020)
Ob Generation Babyboomer, X, Y oder Z: Jede von ihnen bringe wichtige Arbeitskraft mit und sollte daher vom öffentlichen Dienst angesprochen werden. Die Studierenden weisen allerdings auch darauf hin, dass „jede Generation andere Leistungsvorstellungen und Ansprüche an sich selbst und den Beruf haben“.
Da jedoch die Zahl der Arbeitskräfte der Generation Z deutlich höher ausfalle als die der Quereinsteiger, müsse der öffentliche Dienst den Schwerpunkt der Personalgewinnung klar auf die jüngeren Generationen legen. Doch wie kann das den Kommunen gelingen?
Es gelte, deren Interesse und Begeisterung für den öffentlichen Dienst als sicheren und attraktiven Arbeitgeber zu wecken, heißt es in der Handreichung. „Um dies zu erreichen, muss eine deutlich intensivere und individuellere Ansprache der Generation Z, unter anderem auch über Internetplattformen und soziale Medien, erfolgen“. Eine weitere Möglichkeit könne es sein, potenziellen Arbeitnehmern Praktika anzubieten, um so „positiv für den öffentlichen Dienst zu werben“.
Auch der Aspekt der Mundpropaganda sei nicht zu vernachlässigen. „Wenn man Auszubildende oder Anwärter fragt, wie diese auf den Beruf aufmerksam wurden, kommt oft auf, dass die Menschen im persönlichen Umfeld oder Bekanntenkreis selbst Beschäftigte im öffentlichen Dienst sind“, heißt es in der Handreichung.
Beim Thema Gehalt könnten Kommunen verglichen mit der Privatwirtschaft „nur sehr schwer“ ein ähnliches Gehalt bei vergleichbaren Stellen zahlen. So müsse der öffentliche Dienst die Fachkräfte mit anderen „Vorzügen locken“. Dazu sind in der Handreichung einige Beispiele zu finden.
So gebe es im Landratsamt des Rems-Murr-Kreises für Auszubildende die Möglichkeit nach ihrer Ausbildung ein Sabbatjahr einzulegen, um im Anschluss wieder vor Ort weiterzumachen. Dies werde vom Arbeitgeber teilweise finanziell unterstützt. „Dies führt dazu, dass die ausgelernten Kräfte zum einen durch die Übernahme das Bedürfnis nach Sicherheit befriedigt sehen und zum anderen durch das Reisen der Lebensgenuss nicht zu kurz kommt“, heißt es in der Handreichung.
Ein weiteres Beispiel betrifft die Vereinbarkeit von Familie und Beruf: So gebe es die Möglichkeit, ein Führungstandem einzurichten, bei welchem sich zwei Personen eine Führungsposition aufteilen. Dies hätte zur Folge, dass sich zwei Personen die Verantwortung teilen und der Einzelne mehr Zeit für die Familie und für Freizeitaktivitäten hätte.
Die Studierenden kommen unter anderem zu dem Entschluss, dass das Thema Personalgewinnung auf jede Generation zumindest stückweise zugeschnitten sein müsse, denn jede Generation habe unterschiedliche Ansprüche, Bedürfnisse und Leistungsvorstellungen. „Um also geeignete Fachkräfte in Zeiten des demografischen Wandels für sich zu gewinnen, muss auf eine Personalpolitik zurückgegriffen werden, welche die Fachkräfte anspricht und motiviert, dort im Team arbeiten zu wollen“.
Welche wichtige Rolle der Gemeinderat bei der Personalgewinnung spielt, darauf verweisen die Studierenden in einem eigenen Kapitel der Handreichung. "Der Gemeinderat bildet bildet das Hauptorgan der Gemeinde. Ihm obliegt aus diesem Grund auch die Personalhoheit", heißt es. Er ist daher für Neueinstellungen von Beschäftigten sowie für die Personalentwicklung der Kommune zuständig. Allerdings kann er dem Bürgermeister die Rechte zur Einstellung bis zu einer bestimmten Besoldungs- beziehungsweise Entgeltgruppe übertragen.
Ein Ratschlag der Studierenden ist, den Gemeinderat am Bewerbungsprozess sowie am Prozess der Personalentwicklung und -haltung aktiv zu beteiligen. Schließlich entscheidet er über die Einstellungen, mit denen die Verwaltung später zurechtkommen muss.
ANALYSE DER AKTUELLEN PERSONALSITUATION UND DES-BEDARFS SIND SINNVOLL
Das kommunale Gremium kann umso besser entscheiden, je sorgfältiger die aktuelle Personalsituation und der Personalbedarf analysiert und für eine Präsentation aufbereitet sind. Auch Informationen über den Fachkräftemangel, die Rolle der Gemeinde als attraktiver Arbeitgeber, über die Stellenausschreibung sowie den Bewerbungsprozess sind sinnvoll.
Solches Handeln stärke das Verhältnis der Verwaltung und das Verständnis des Gremiums. Außerdem kann sie das Ziel, den Personalbedarf zu decken, leichter zu erfüllen. (Staatsanzeiger-Ausgabe 27/2020)
„Größere Verwaltungen empfangen Bewerbungen meist nur über das Onlineportal, in kleineren Kommunen kann es jedoch noch der Fall sein, dass schriftliche Bewerbungen gefordert sind“, schreiben die Studierenden in ihrem Kapitel über die verschiedenen Bewerbungsarten.
Die E-Mail-Bewerbung sei die klassische Bewerbung im pdf-Format. Sie würde vor allem in Kommunen ohne eigenes Online-Bewerbungsportal genutzt oder bei Praktikumsbewerbungen. Um Irrläufer zu vermeiden, empfehlen die Studierenden, die E-Mail-Bewerbung statt an ein zentrales E-Mail-Postfach direkt an den jeweiligen Ansprechpartner zu senden.
Online-Bewerbungen sind für Arbeitgeber leichter zu verarbeiten
Bei einer Online-Bewerbung kann der Bewerber nach Anmeldung seine Unterlagen hinterlegen, Daten in Tabellen eingeben oder Termine abrufen. Ein Vorteil für die öffentlichen Arbeitgeber ist, wie die Teilnehmer des Fachprojekts urteilen, dass die Bewerbungen leicht zu verarbeiten sind, da durch Raster aussortiert wird. „Nachteile der Online-Bewerbung sind die hohen Kosten für das Bewerberportal“, heißt es in der Handreichung.
Telefoninterview oder Skype-Gespräch gehören zu den jüngsten Bewerbungsformen. Sie seien beliebt, da viele junge Bewerber zunächst vor ihrem Start in die Arbeitswelt oder zwischen zwei Arbeitsplätzen für „Work & Travel“ ins Ausland gingen.(Staatsanzeiger-Ausgabe 29/2020)
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