Tübingen setzt Standards für Sterilisation in der Medizin
In der ehemaligen Zentralküche des Universitätsklinikums Tübingen befindet sich jetzt die neue zentrale Aufbereitungseinheit für Medizinprodukte (AEMP). Nach rund zwei Jahren Bauzeit wurde die Anlage, die als modernste Deutschlands gilt, im Sommer in Betrieb genommen.

Bei der Konfektionierung und Kontrolle der Siebe mit den Instrumenten für OP und Stationen sind Erfahrung und Genauigkeit gefragt.
UNIKLINKUM TÜBINGEN/BEATE ARMBRUSTER)Daten und Fakten
- Maßnahme
- Umbau ehemalige Zentralküche in eine Aufbereitungseinheit für Medizinprodukte am Uniklinikum Tübingen
- Bauherr
- Universitätsklinikum Tübingen
- Architekten
- Tiemann-Petri Koch, Stuttgart
Ernst 2 Architekten, Tübingen
- Tiemann-Petri Koch, Stuttgart
- Bauzeit
- 3/20220 bis 7/2022
- Kosten
- Umbau 19,6 Millionen Euro
Einrichtung 3,7 Millionen Euro
- Umbau 19,6 Millionen Euro
- Finanzierung
- Land Baden-Württemberg
- Nutzfläche
- 3692 Quadratmeter
TÜBINGEN. Ob Skalpelle, Scheren oder Klemmen – damit immer das benötigte Medizinprodukt zur rechten Zeit am richtigen Platz ist, bedarf es einer hochmodernen Logistik.
Seit Sommer 2022 können in der zentralen Aufbereitungseinheit für Medizinprodukte (AEMP) im Universitätsklinikum Tübingen bis zu 108 000 Operations-Sets pro Jahr sterilisiert und nach neuestem Hygienestandard aufbereitet werden.
Die Einrichtung ist laut der Uniklinik bundesweit die modernste ihrer Art. 23 Millionen Euro hat sich das Land Baden-Württemberg die neue Anlage kosten lassen, die über eine Nettogrundfläche von 2150 Quadratmeter verfügt. Unter der Leitung der Bauabteilung des Universitätsklinikums Tübingen wurde das vom Land Baden-Württemberg finanzierte Projekt umgesetzt.
Dreischicht-Betrieb an sieben Tagen pro Woche
Die neue Anlage ist im 1959 erbauten Gebäude der ehemaligen Großküche des Klinikums an der Otfried-Müller-Straße 6 angesiedelt, das für die AEMP umgebaut wurde. Neben dem größten Kunden, dem Zentral-OP der Crona Kliniken und der Medizinischen Klinik, werden die Stationen, die Endoskopie, die Augen- und die Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde im Ausfallmanagement mit Instrumenten beliefert, aber auch die sterilen Instrumente auch für die Frauenklinik, die Hautklinik und die Forschung in Tübingen. In einem Dreischichtsystem arbeiten rund 60 Mitarbeiter an sieben Tagen, um die Instrumente zu reinigen, zu kontrollieren und zu verpacken.
Auf dem Weg zur Sterilität durchlaufen die jeweiligen Operations-Instrumente drei Stufen. Nur so können die strengen Hygienevorschriften eingehalten werden. In großen Transportwagen kommen die Siebe mit den verschmutzten OP-Bestecken per Lastwagen oder über die automatische Warentransportanlage auf der unreinen Seite an. Auf Monitoren kann mitverfolgt werden, woher die einzelnen Container stammen. Eine Software priorisiert dann automatisch die aufzubereitenden Medizinprodukte. Sechs hochmoderne Reinigungs- und Desinfektionsgeräte, zwei weitere nur für Endoskope und zwei Großraum-Reinigungs- und Desinfektionsgeräte sind für die Dekontamination im Einsatz.
Aus den Industriespülmaschinen rollen die riesigen Körbe direkt in die reine Zone der AEMP. An langen Tischen werden die Siebe mit den Instrumenten gepackt.
Gereinigte und desinfizierte Siebe, die noch nicht wieder benötigt werden, parken in Trolleys. Von dort werden sie an die Packtische geholt und für ihren nächsten Einsatz konfektioniert. Nach Pflege, Kontrolle, Packen und Verpacken in Sterilcontainer geht es in den dritten Bereich, die Sterilisierung: Drei riesige Groß- raum-Sterilisatoren machen durch Wasserdampf bei drei Bar Druck und 134 Grad Celsius jedem Keim den Garaus. Hitzeempfindliche Medizinprodukte werden in Gas-Plasmasterilisatoren durch Wasserstoffperoxid sterilisiert.
Vor der Fahrt zum Einsatzort werden die Kisten per Plombe versiegelt und mit Barcodes versehen. Ins- gesamt dauert es mindestens sechs Stunden, bis die Instrumente die AEMP komplett durchlaufen haben.
Logistiksytem kann auch auf Notoperationen reagieren
Die neue Anlage setzt zudem auf Digitalisierung und ein elektronisches Logistiksystem, mit dem laufend erfasst wird, welches OP-Set sich wo befindet und mit welcher Dringlichkeit es abgearbeitet werden muss. Eine Software priorisiert dabei die zu reinigenden Medizinprodukte mittels der Operationspläne und Fahrpläne der Transportlaster nach Dringlichkeit.
Dieses System ermöglicht somit, auch auf ungeplante Notoperationen schnellstens reagieren zu können. Ein neues Dokumentationssystem überprüft zudem, ob alle Instrumenten-Sets vollständig sind. Sie lassen sich lückenlos bis in den Zentral-OP nachverfolgen.

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