Debatten im Landtag vom 22. Februar 2017

Abgeordnete wollen Gesetz über Änderung bei Altersversorgung zurücknehmen

Stuttgart. Der Landtagsverwaltung ist in der Geschichte des Landtags kein derartiger Fall bekannt: Innerhalb von zwölf Tagen wurde ein Gesetz beschlossen und dann schon wieder dessen Rückabwicklung in den Landtag eingebracht. So geschehen mit der umstrittenen Rückkehr zur Staatspension für Abgeordnete. Mit den Stimmen von Grünen, CDU und SPD war die Neuregelung zur Altersversorgung im […]

Stuttgart. Der Landtagsverwaltung ist in der Geschichte des Landtags kein derartiger Fall bekannt: Innerhalb von zwölf Tagen wurde ein Gesetz beschlossen und dann schon wieder dessen Rückabwicklung in den Landtag eingebracht. So geschehen mit der umstrittenen Rückkehr zur Staatspension für Abgeordnete.
Mit den Stimmen von Grünen, CDU und SPD war die Neuregelung zur Altersversorgung im Rahmen der Haushaltsberatungen Anfang Februar bereits am Tag nach dem Einbringen in den Landtag verabschiedet worden. Mit dem Gesetz sollte den ab 2011 in den Landtag eingetretenen Parlamentariern wieder die Wahl zwischen der privaten Vorsorge mit öffentlichen Mittel in Höhe von 1679 Euro monatlich und der Staatspension ermöglicht werden. AfD und FDP hatten dagegen gestimmt.
Nach heftigen Protesten von Verbänden und Gewerkschaften aber zum Teil auch aus den eigenen Parteien haben Grüne, CDU, SPD und FDP an diesem Mittwoch ein „Gesetz zur Aufhebung des Gesetzes zur Änderung des Abgeordnetengesetzes“ in den Landtag eingebracht. Zugleich soll eine Expertenkommission einberufen werden, die ausarbeiten soll, welche Art von Altersvorsorge für Abgeordnete angemessen ist. 

FDP spricht sich gegen Staatsrente für Abgeordnete aus

Was man den Bürgern zumute – nämlich die private Altersvorsorge, wenn die staatliche Rente nicht ausreicht – habe auf für Volksvertreter zu gelten, sonst fehle es an Akzeptanz und Glaubwürdigkeit, machte FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke deutlich. Er hält es zwar für richtig, dass eine Kommission sich mit der Stellung von Abgeordneten befasst, sprach sich jedoch – unabhängig zu welchem Ergebnis die Kommission kommen wird – gegen eine Staatsrente für Abgeordnete aus. Abgeordnete sollten privat vorsorgen.
Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz erklärte ebenso wie seine Kollegen von CDU und SPD, Wolfgang Reinhart und Andreas Stoch, dass Abgeordnete per Gesetz und Verfassungsgerichtsurteil selbst über ihre Bezüge entscheiden müssten. Dabei bestehe jedoch die Gefahr, so Schwarz, „dass uns die Perspektive von außen fehlt“. Man habe versäumt, auf die Altersversorgung vieler Bürger zu schauen. „Wir haben die Kritik verstanden. Deshalb ist das Gesetz jetzt gestoppt worden“, so Schwarz, der einräumte, dass es falsch gewesen sei, die Gesetzesänderung in so hohem Tempo zu beraten.

Grüne, CDU und SPD haben Stellung des Abgeordneten im Blick

Wolfgang Reinhart (CDU) wies darauf hin, dass die Ausstattung der Abgeordneten durch die Expertenkommission die Legitimität erhalten solle, die in einer repräsentativen Demokratie notwendig sei. Er machte auch deutlich: „Wann immer wir als Abgeordnete in eigener Sache entscheiden, sind wir auf einem schmalen Grat unterwegs.“ Unabhängige Abgeordnete müssten jedoch auch einen Versorgungsanspruch für ihre Zeit im Landtag erwerben können, der ihre verfassungsrechtliche Stellung widerspiegle. Er sprach davon, dass viele Abgeordnete eine 70-Stunden -Woche hätten und alle fünf Jahre das Risiko hätten, abgewählt zu werden. Abgeordneter sei kein Durchschnittsjob. Auch das müsse Teil einer fairen öffentlichen Würdigung sein.
Auch Andreas Stoch (SPD) räumte ein, dass es ein Fehler gewesen sei, das Gesetz so schnell durch den Landtag zu bringen.  Man habe sich unter Druck gesetzt, um das Thema noch in den Haushalt zu bekommen. „Wir müssen mit der Öffentlichkeit über die Wertigkeit unserer Tätigkeit reden“, so Stoch. Er sprach sich dafür aus, dass die Landtagspräsidentin und die Landtagsverwaltung nun Vorschläge für das weitere Verfahren erarbeiten sollten. Schwarz hatte zuvor angekündigt, dass auch Verbände und Kritiker Vorschläge machen sollten, welche Experten der Kommission angehören sollten. Zugleich sollte die Kommission unabhängig besetzt sein und ohne Weisung arbeiten.

AfD: Auch Erhöhung von Zuschüssen und Kostenpauschalen zurücknehmen

Es sei vermutlich das am schnellsten durchs Parlament gejagte Gesetzvorhaben, sagte Rainer Podeswa (AfD). Man habe dafür nur 30 Stunden gebraucht. Die Sitzung des Ständigen Ausschusses, wohin das Gesetz zur Beratung überwiesen worden war, habe gerade mal neun Minuten gedauert. Doch es sei nicht nur das am schnellsten verabschiedete Gesetz, sondern vermutlich auch das Gesetz mit der niedrigsten Halbwertszeit in Baden-Württemberg. Immerhin debattiere man am zwölften Tag nach der Verabschiedung bereits über die Rücknahme.
Er hielt den Abgeordneten von Grünen, CDU und SPD vor, dass das Gesetz zur Änderung der Altersvorsorge damit begründet worden sei, dass mit der privaten Vorsorge nur die Versicherungen gefüttert würden und kein vernünftiger Ertrag zu erzielen sei. Was sollten denn die Bürger davon halten, denen man seit Jahren sagen würde, sie sollten privat fürs Alter vorsorgen? fragte er. Seiner Ansicht nach wäre es fair gewesen, nicht nur die Altersvorsorge zurückzunehmen, sondern das komplette Abgeordnetengesetz. Denn der Landtag hatte mit den Stimmen von Grünen, CDU, SPD und FDP Anfang Februar gleichzeitig die Erhöhung der Zuschüsse für eigene Mitarbeiter von 5406 Euro auf maximal 10 438 Euro monatlich beschlossen. Auch die steuerfreie Kostenpauschale erhöhten die Parlamentarier von 1548 auf 2160 Euro im Monat. Die Diäten in Höhe von 7616 Euro blieben jedoch unverändert.  

Quelle/Autor: schl

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22. Februar 2017