Debatten im Landtag vom 28. September 2016

AfD: Etablierte Parteien schützen ihre Schlägertrupps

Stuttgart. Die stellvertretende AfD-Landesvorsitzende Christina Baum hat Grünen, CDU, SPD und FDP vorgeworfen, mit ihrem Nein zu einem Untersuchungsausschuss über den Linksextremismus ihre „außerparlamentarischen Schlägertrupps“ schützen zu wollen. Der von beiden AfD-Gruppierungen gemeinsam gestellte Antrag wurde in den Ständigen Ausschuss verwiesen, der ein Gutachten zur Zulässigkeit in Auftrag geben will. Zugleich hat der Landtag am […]

Stuttgart. Die stellvertretende AfD-Landesvorsitzende Christina Baum hat Grünen, CDU, SPD und FDP vorgeworfen, mit ihrem Nein zu einem Untersuchungsausschuss über den Linksextremismus ihre „außerparlamentarischen Schlägertrupps“ schützen zu wollen. Der von beiden AfD-Gruppierungen gemeinsam gestellte Antrag wurde in den Ständigen Ausschuss verwiesen, der ein Gutachten zur Zulässigkeit in Auftrag geben will. Zugleich hat der Landtag am Mittwoch mit den Stimmen von Grünen, CDU, SPD und FDP die gesetzlichen Regelungen präzisiert und verlangt, dass Untersuchungsausschüsse nur von zwei Fraktionen durchgesetzt werden können, die unterschiedlichen Parteien angehören.
Seit Tagen polemisiert die AfD im Netz vor allem gegen die CDU, weil die ihrem Antrag auf Einsetzung des Linksextremismus-Ausschusses nicht zustimmt Die parlamentarische Geschäftsführerin der CDU, Nicole Razavi, verwies auf einen Post auf der offiziellen Seite des Landesverbands, in dem die CDU als „eine Bande von Heuchlern“ bezeichnet wird. Auch Baum erhobt in der Debatte schwerste Vorwürfe. Die CDU agiere in ihrer „Verzwergung unter die Grünen“ gegen den Rechtsstaat. Für ein „bisschen Regierungsbeteiligung ist eine ehemals stolze konservative Partei bereit, ihre Prinzipien zu verraten“. Die CDU stelle sich schützend vor Extremisten. „In welches Wespennest haben wir denn gestochen“, so der Heidenheimer Abgeordnete Heiner Merz an die Adresse der CDU, „dass sogar Sie mitmachen?“ Merz kündigte an, den Linksextremismus in der nächsten Legislaturperiode untersuchen zu lassen, „wenn wir mehr als ein Viertel der Abgeordneten stellen“.
Nach der bisherigen gesetzlichen Regelung ist für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses die Unterstützung von einem „Viertel der Mitglieder des Landtags oder zwei Fraktionen“ erforderlich. Der frühere Justizminister Ulrich Goll (FDP) sprach davon, dass sich die beiden AfD-Fraktionen ihr Antragsrecht „erschlichen“ hätten, indem sie ihre schon beschlossene Wiedervereinigung hinauszögerten. Es gebe neben gesetzlichen Regelungen auch ungeschriebenes Verfassungsrecht. Danach sei nicht vorgesehen, dass zwei Fraktionen, die derselben Partei angehören, dieses Minderheitenrecht nutzen könnten. Für nicht richtig halten Goll und die FDP die von der Landtagsverwaltung eingeholten Gutachten, die das Vorgehen der beiden AfD-Gruppierungen als rechtmäßig ansehen.
Nachdem Grüne, CDU, SPD und FDP im Anschluss sowohl das Untersuchungsausschussgesetz als auch die Geschäftsordnung präzisierten und ab sofort verlangt wird, dass die beiden beantragenden Fraktionen unterschiedlichen Parteien angehören, ist dem weiteren Vorgehen von AfD und ABW vorerst die Basis entzogen. Wenn der Landtag abschließend über den Untersuchungsausschuss gegen den Linksradikalismus und die am Dienstag von den Rechtsaußen-Fraktionen ins Gespräch gebrachte Enquete-Kommission entscheiden wird, müssen zwei Fraktionen unterschiedlicher Parteien dafür sein.
Allerdings wird erwartet, dass die AfD dann vor Gericht geht. „Wir haben Ihre Possen, Ihre Vorführaktionen und Ihr Theater schlicht und einfach satt“, begründete Ulrich Sckerl für die Grünen das Vorgehen. Der Landtag sei „wehrhaft“ und weise die AfD in die Schranken. Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Sascha Binder, beklagte, der Antrag der beiden AfD-Fraktionen enthalte bloße Behauptungen und sei insgesamt eine "fahrlässige Arbeit".
Für Aufregung bei AfD und ABW sorgte der parlamentarische Geschäftsführer der FDP, Timm Kern, der von dem Abgeordneten Heinrich Fiechtner aufgefordert war, zu sagen, wen er mit Rechtsextremisten bei der AfD meine. Daraufhin zitierte er Fiechtner selber, der die "heilige Inquisition für ein Muster an klarem Denken und Beweisführung" halte. Und führte als einen "Beleg" für seine These, die AfD seine eine rechtsradikale Partei, unter anderem Björn Höcke an, der gesagt habe: "Ich gehe nicht davon aus, dass man jedes einzelne NPD-Mitglied als extremistisch einstufen kann." Fiechtner reagierte mit einer persönlichen Erklärung und nannte „diesen Vorwurf ausdrücklich unterirdisch“.

Quelle/Autor: Henkel-Waidhofer, Brigitte Johanna

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28. September 2016