Debatten im Landtag vom 11. und 12. Oktober 2017

Auch die CDU wäre lieber in Berufung gegangen

Stuttgart. Die Entscheidung von Grün-Schwarz, gegen das Fahrverbotsurteil Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht einzulegen, stößt bei der Opposition auf Kritik. Auch die CDU machte am Donnerstag klar, dass sie nur aus Koalitionsraison diesem Weg zugestimmt hat. Alle im Landtag vertretenen Parteien sind gegen Fahrverbote. Allerdings ging nur AfD-Verkehrsexperte Bernd Gögel am Donnerstag so weit, die EU-Grenzwerte […]

Stuttgart. Die Entscheidung von Grün-Schwarz, gegen das Fahrverbotsurteil Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht einzulegen, stößt bei der Opposition auf Kritik. Auch die CDU machte am Donnerstag klar, dass sie nur aus Koalitionsraison diesem Weg zugestimmt hat.
Alle im Landtag vertretenen Parteien sind gegen Fahrverbote. Allerdings ging nur AfD-Verkehrsexperte Bernd Gögel am Donnerstag so weit, die EU-Grenzwerte für Stickoxide, die in Stuttgart und 24 anderen Kommunen im Land überschritten werden, generell infrage zu stellen. Die anderen Fraktionen stritten bei einer von der FDP beantragten Debatte im Wesentlichen um die Frage, welcher Rechtsweg der beste ist.
Dabei wurde deutlich, dass sich alle mit Ausnahme der Grünen für eine Berufung gegen das Fahrverbotsurteil des Stuttgarter Verwaltungsgerichts vom Sommer ausgesprochen hätten. Grün-Schwarz hatte am vergangenen Montag beschlossen, stattdessen eine Sprungrevision beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zu beantragen, über die voraussichtlich am 22. Februar verhandelt wird. Hätte das Land überhaupt keine Rechtsmittel eingelegt, hätte es ab 1. Januar 2018 in der Landeshauptstadt Fahrverbote verhängen müssen, wenn dies die Wetterlage erfordert hätte.

FDP kritisiert Grenzwerte: „Trump lacht sich doch kaputt“

Teilweise argumentierte die FDP ähnlich wie die AfD. So kommentierte FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke den Umstand, dass der EU-Grenzwert mit 40 Mikrogramm je Kubikmeter Luft deutlich unter dem US-Grenzwert von 103 Mikrogramm liegt, mit den Worten: „Trump lacht sich doch kaputt.“
Für FDP-Verkehrsexperte Jochen Haußmann geht es jedoch nicht darum, Grenzwerte infrage zu stellen, sondern Fahrverbote zu verhindern. Er verwies darauf, dass die Schadstoffbelastung in Stuttgart in den vergangenen Jahren deutlich gesunken sei. Rülke erinnerte daran, dass sich auch Städtetag und Gemeindetag für eine Berufung ausgesprochen hatten.
SPD-Fraktionschef Andreas Stoch griff Rülkes Argumentation auf. Er habe erhebliche Zweifel an der Rechtsauslegung des Gerichts. „Das Urteil wendet Recht nicht an, sondern erfindet Recht neu.“ Die Entscheidung, nicht in Berufung zu gehen, erhöhe die Wahrscheinlichkeit von Fahrtverboten.
Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Urteils haben auch Grüne und die CDU. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) bezeichnete die Entscheidung, nach Leipzig zu gehen, als „sinnvollen Kompromiss“. Das Bundesverwaltungsgericht werde klären, ob ein Land eigenständig Fahrverbote erlassen kann, wenn der Bund von sich aus nicht aktiv wird. Eben dies hatte der Stuttgarter Richter von der Landesregierung gefordert.

Hermann verweist auf Versäumnisse in der Vergangenheit

Gleichzeitig machte der Verkehrsminister aber auch klar, dass das Problem nur entstanden sei, „weil wir es nicht geschaffen haben, den Verkehr so zu machen, dass er sauber ist“. Die Grenzwerte würden von der Weltgesundheitsorganisation empfohlen und seien von der Europäischen Union weiterentwickelt worden. „Unsere Aufgabe heißt saubere Luft.“ Für Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz sind die Sprungrevision und ein Maßnahmenpaket zur Luftreinhaltung „der richtige Weg“. Er setzt darauf, dass eine neue Bundesregierung die blaue Plakette einführt.
„Die blaue Plakette löst Probleme“, sagte auch der CDU-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Reinhart. Er betonte, dass er gute Chancen für eine Berufung gesehen hätte und „dass man grundsätzlich keine Rechtsmittel verschenken sollte“. Er kenne jedoch auch „die Stimmungslage des Koalitionspartners“. Das Ziel der CDU, „dass es in Stuttgart keine überstürzten Fahrverbote ab 1. Januar 2018 geben darf“, werde auch so erreicht.

Quelle/Autor: Michael Schwarz

Nutzen Sie die Vorteile unseres

Premium-Abos. Lesen Sie alle Artikel aus Print und Online für

0 € 4 Wochen / danach 167,00 € jährlich Nachrichten aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung in Baden-Württemberg Jetzt abonnieren

Lesermeinungen

Bitte loggen Sie sich ein, um zu kommentieren.

11. und 12. Oktober 2017