Debatten im Landtag vom 20. und 21. Juli 2011

CDU-Fraktion lehnt mehr Bürgerbeteiligung ab

Stuttgart. In Baden-Württemberg wird es vorläufig nicht mehr Bürgerbeteiligungen an staatlichen Entscheidungsprozessen geben. Die CDU-Fraktion verwehrte – wie bereits im Vorfeld angekündigt – an diesem Mittwoch im Landtag in zweiter und dritter Lesung einem Gesetzentwurf von Grünen und SPD zur Änderung der Landesverfassung die Zustimmung. In der namentlichen Abstimmung stimmten 77 Parlamentarier von Grünen, SPD […]

Stuttgart. In Baden-Württemberg wird es vorläufig nicht mehr Bürgerbeteiligungen an staatlichen Entscheidungsprozessen geben. Die CDU-Fraktion verwehrte – wie bereits im Vorfeld angekündigt – an diesem Mittwoch im Landtag in zweiter und dritter Lesung einem Gesetzentwurf von Grünen und SPD zur Änderung der Landesverfassung die Zustimmung.
In der namentlichen Abstimmung stimmten 77 Parlamentarier von Grünen, SPD und FDP für die Senkung der Hürden bei Volksabstimmungen. 59 CDU-Abgeordnete waren dagegen, so dass die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit zur Änderung der Verfassung, mit der das Quorum für Volksabstimmungen von bisher einem Drittel der Stimmberechtigten auf ein Fünftel gesenkt werden sollte, nicht erreicht wurde. Während Hauk in dem Gesetzentwurf von Grün-Rot ein „durchsichtiges Manöver“ sah, an dem sich die CDU nicht beteiligen werde, warf der Grünen-Abgeordnete Hans-Ulrich Sckerl den Christdemokraten eine Blockadehaltung vor: „Sie tun der Bürgerschaft damit keinen Gefallen und sind eine Partei des Stillstands bei der Bürgerbeteiligung.“

CDU fordert Gesamtkonezpt für mehr Bürgerbeteiligung

Hauk hatte für die CDU zuvor ein Gesamtkonzept für mehr Bürgerbeteiligung verlangt und Grün-Rot aufgefordert, deswegen den Gesetzentwurf zurückzuziehen. Man werde sich am „Hauruck-Verfahren“ nicht beteiligen, nur um die Volksabstimmung über Stuttgart 21 zu ermöglichen. „Wir verschließen uns nicht einer Verfassungsänderung, aber den tagespolitischen Gründen“, erklärte Hauk die CDU-Haltung.
Andreas Stoch (SPD) warb für die Senkung der Hürden, die in Baden-Württemberg im Vergleich zu anderen Bundesländern relativ hoch sind. „Ein niedrigeres Quorum wäre ein Gewinn für unsere Demokratie“, meinte er. Für die FDP hielt Ulrich Goll das vorgeschlagene Quorum von 20 Prozent für angemessen. Der frühere Justizminister sagte aber auch, es sei schade, dass der penetrante Geruch im Raume hänge, dass es dabei um Stuttgart 21 geht. „Eine Volksabstimmung über Stuttgart 21 wäre jahrelang möglich gewesen. Nach dem späten Erwachen ist es nun einfach zu spät“, urteilte Goll. Er hält eine Volksabstimmung zu dem umstrittenen Bahnprojekt für unsinnig, schädlich für das Land und für rechtswidrig. Man könne Verträge nicht zurückziehen, müsse rechtskräftig beschlossene Vorgänge akzeptieren und dürfe Volksabstimmungen nicht missbrauchen.

Kommunalverbände für Quorum von 25 Prozent

Aus Sicht von Innenminister Reinhold Gall (SPD) gibt es gute Sachargumente für die Quorumssenkung auf 20 Prozent. Die Menschen in Baden-Württemberg dürften nicht weniger Mitbestimmungsrechte haben als in anderen Bundesländern. Außerdem teile die Landesregierung verfassungsrechtliche Bedenken nicht. Mit der 20-Prozent-Hürde würde der Südwesten immer noch im Mittelfeld der Länder rangieren.
Bei der Anhörung im Ständigen Ausschuss des Landtags hatten sich der Gemeindetag, der Städtetag und der Landkreistag gegen das Quorum von 20 Prozent ausgesprochen und eine Grenze von 25 Prozent vorgeschlagen, damit es keine Unterschied zwischen Landes- und kommunaler Ebene gibt.

Quelle/Autor: Wolf Günthner

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20. und 21. Juli 2011