Debatten im Landtag vom 17. und 18. Februar 2016

Chancengleichheitsgesetz mit Stimmen von Grün-Rot verabschiedet

Stuttgart. Mit den Stimmen von Grünen und SPD hat der Landtag das neue Chancengleichheitsgesetz für den öffentlichen Dienst beschlossen. Für die Opposition aus CDU und FDP geht das Gesetz in die falsche Richtung, etwa mit der Verankerung kommunaler Frauenbeauftragten. Die Gewerkschaften hingegen loben die Neuregelung als längst überfällig.  Friedlinde Gurr-Hirsch (CDU), die frühere Staatssekretärin und […]

Stuttgart. Mit den Stimmen von Grünen und SPD hat der Landtag das neue Chancengleichheitsgesetz für den öffentlichen Dienst beschlossen. Für die Opposition aus CDU und FDP geht das Gesetz in die falsche Richtung, etwa mit der Verankerung kommunaler Frauenbeauftragten. Die Gewerkschaften hingegen loben die Neuregelung als längst überfällig. 
Friedlinde Gurr-Hirsch (CDU), die frühere Staatssekretärin und langjährige Frauenpolitikerin, kritisierte das Gesetz einerseits als Eingriff in die kommunale Personalhoheit und andererseits als "Bettvorleger, der als Tiger gestartet" sei. „Besser ein Bettvorleger als kalte Füße“, konterte die zuständige Sozialminister Katrin Altpeter (SPD) trocken.

Altpeter: Freiwilligkeit hat nichts gebracht

2005 hatte die damalige CDU/FDP-Regierung ein erstes Chancengleichheitsgesetz für Baden-Württemberg auf den Weg gebracht. An der roten Laterne, so die SPD-Abgeordnete Sabine Wölfle, in Sachen Frauen in Führungspositionen, im Landtag selbst oder bei den Rechten von Gleichstellungsbeauftragten habe das aber nicht geändert. Nach den Zahlen des Städtetags sind zum Beispiel die Leitungsstellen unterhalb der Oberbürgermeister und Bürgermeister in Städten mit mehr als 50.000 Einwohnern noch immer mit 300 Männern und 67 Frauen besetzt. „Das hohe Lied der Freiwilligkeit“, urteilte Altpeter, „hat überhaupt nichts gebracht.“
Herzstück des Gesetzes ist in den Augen der Ministerin und der frauenpolitischen Sprecherinnen von Grünen und SPD die Einsetzung von hauptamtlichen Frauengleichstellungsbeauftragten in allen Stadt- und Landkreisen sowie Städten ab 50.000 Einwohnern in Baden-Württemberg. Für Gremien, für die dem Land ein Berufungs-, Entsende- oder Vorschlagsrecht zustehe, gilt – soweit die Entsendung nicht an ein bestimmtes Amt gekoppelt ist – künftig eine verbindliche Frauenquote von mindestens 40 Prozent. Zugleich erweitert das Gesetz die Rechte und Einflussmöglichkeiten der Beauftragten für Chancengleichheit.

Bessere Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf

Darüber hinaus müssen Dienstherren, wie Altpeter ausführte, geeignete Rahmenbedingungen zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf schaffen. Dazu gehöre vor allem eine familien- oder pflegegerechte Arbeitszeit. Nach dem neuen Chancengleichheitsgesetz gilt dies ausdrücklich auch für Stellen mit Vorgesetzten- und Leitungsaufgaben. Die Dienststellen seien  verpflichtet, ein ausreichendes Angebot an Teilzeitbeschäftigung und Telearbeit zu schaffen und Beurlaubungen zur Wahrnehmung von Familien- oder Pflegeaufgaben zu ermöglichen. Weder Frauen noch Männer dürfen nach dem neuen Gesetz durch die Inanspruchnahme von Teilzeit, Beurlaubungen oder Telearbeit einen beruflichen Nachteil erleiden.
Trotz der Einwände aus den Kommunalen Spitzenverbänden, allen voran dem Gemeindetag, will die Landesregierung, sollte sie die Wahl gewinnen, weitere Regelungen auf den Weg bringen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) haben bereits ihre Forderungen vorgestellt, darunter verbesserte Freistellungsmöglichkeiten für Gleichstellungsbeauftragte und ihre Stellvertretungen. Außerdem sollen Sanktionen gegenüber Verwaltungen möglich werden, die Chancengleichheit nicht wirklich ernst nehmen.
Die stellvertretende DGB-Landesvorsitzende Gabriele Frenzer-Wolf lobte, dass „Baden-Württemberg endlich und als letztes Bundesland eine gesetzliche Verankerung der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten“ bekommen habe. In einem nächsten Schritt müsse die 50.000er Schwelle aber gesenkt werden. Die GEW sieht ebenfalls die Chance, die Situation von Frauen zu verbessern. Kritisch bewertet sie aber das Fehlen eines Klagerechts für die Beauftragten.

Quelle/Autor: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer

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