Debatten im Landtag vom 15. und 16. Mai 2019

Datenschutz im Bereich der Justiz wird an EU-Regeln angepasst

Stuttgart. Mit den Stimmen von Grünen und CDU hat der Landtag gesetzliche Anpassungen des bereichsspezifischen Datenschutzrechts für Justiz- und Bußgeldbehörden an EU-Regelungen beschlossen. Außerdem wurde „der Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung“ neu geregelt.  Die Landesregierung nimmt zudem […]

Stuttgart. Mit den Stimmen von Grünen und CDU hat der Landtag gesetzliche Anpassungen des bereichsspezifischen Datenschutzrechts für Justiz- und Bußgeldbehörden an EU-Regelungen beschlossen. Außerdem wurde „der Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung“ neu geregelt.  Die Landesregierung nimmt zudem für sich in Anspruch, eine grundrechts- und datenschutzkonforme Rechtsgrundlage für die Mithörfunktion bei mobilen Alarmgeräten geschaffen zu haben. Und schließlich enthält der Gesetzentwurf eine Neufassung der Vorschriften über Fixierungen und Zwangsmaßnahmen in der Gesundheitsfürsorge.
Die Grundrichtung verschiedener Einzelheiten sei zwar richtig, räumte der rechtspolitische Sprecher der FDP-Fraktion Nico Weinmann ein. Zustimmen mochten die Liberalen dennoch nicht, weil „die Strafvorschriften bei Verstößen gegen die Datenschutzpflichten deutlich zu weit gehen“. Als Beispiel nannte er die Strafandrohungen gegenüber Justizbediensteten im Vergleich zu Privatpersonen und Unternehmen nach dem Bundesdatenschutzgesetz. Das sei „das falsche Signal an die Justizbediensteten in unserem Land“. Zudem sei ein entsprechender Änderungsantrag von Grünen, CDU und AfD abgelehnt worden, obwohl gerade damit die Angleichung an das Bundesdatenschutzgesetz geplant gewesen sei. Ebenso seien die Bedenken der FDP gegen die Einführung einer Mithörfunktion bei Alarmgeräten für Justizmitarbeiter im Außendienst nicht berücksichtigt worden. Es stehe außer Frage, dass sie bestmöglichen Schutz erhalten müssten, „auch wenn es im vergangenen Jahr nur drei Notrufe gab“. Allerdings gebe es bereits Alarmmöglichkeiten, „in Notfallsituationen“ habe die Mithörfunktion aber ohnehin keinen Mehrwert. Viel wichtiger sei „dass die Polizei schnell am Einsatzort ist. Dafür braucht es mehr Personal, nicht schärfere Gesetze“.

Grüne: Mit Neuregelung klare Spielregeln geschaffen

Für die Grünen verteidigte Hans-Ulrich Sckerl das Maßnahmenpaket dagegen, auch weil gerade den Beschäftigten geholfen werde, „die unseren Rechtsstaat in schwierigen Sphären vertreten“. Mit Neuregelungen würden Rechtssicherheit und klare Spielregeln für alle geschaffen, gerade auch für Gerichtsvollzieher in gefährlichen Lagen. „Das ist keine einfache Maßnahme, aber wir halten sie aufgrund von tatsächlichem Vorkommen für begründet“, so der Fraktionsvize, der auch auf die umstrittene Speicherung der Daten bei der EnBW einging: „Das ist keine private Einrichtung, die mit Daten unsorgsam umgehen würde, sondern das ist eine sehr erfahrene Einrichtung in dem Betrieb der Kraftwerke.“ Die zwischen Gerichtsvollziehern und Polizeidienststelle geschaltete Leitstelle sei die Leitstelle der EnBW-Tochterfirma Netze BW „nicht irgendein ein privater Dienstleister“, ergänzte Arnulf von Eyb (CDU). Sie sei ständig verfügbar, „24 Stunden rund um die Uhr, und bereits jetzt verlässlich im Bereich der Kraftwerksüberwachung für die EnBW tätig“. 
Rüdiger Klos (AfD) wollte „zuerst auf das Positive eingehen“, etwa die Regeln für die Fußfessel bei Freigängern. Ein Angriff auf eine Begleitperson werde eher „unterbleiben, wenn der Täter befürchten muss, dass er permanent geortet werden kann“. Ihre Zustimmung verweigern müsse die AfD dagegen an zentralen anderen Punkte, etwa „aus einer Wohnung verdeckte Aufzeichnungen tonbandmäßiger Natur zu senden“.

SPD dringt auf Verzicht von heimlichem Abhören in Wohnräumen

Auch der SPD erschließt sich nach den Worten von Boris Weirauch nicht, wieso im Rahmen einer Zwangsvollstreckung gespeicherte Tonaufzeichnungen bis zu einem Jahr aufbewahrt werden müssten. Schon jetzt gebe es die Möglichkeit, „Daten so lange zu speichern, bis ein Strafverfahren rechtskräftig abgeschlossen ist“. Die Neuerungen widersprächen einem bürgerfreundlichen Datenschutz. Die Zustimmung der SPD könne es nur geben bei kürzeren Speicherfristen, dem Verzicht auf heimliches Abhören in Wohnräumen und der Alarmierung direkt an die Polizei statt an einen privaten Dienstleister.
Justizminister Guido Wolf verteidigte die Vorlage. Gerade die Einschaltung der EnBW sei auch breit mit der Polizei diskutiert worden, man sei „unter Abwägung der Vor- und Nachteile zu dieser Lösung gekommen“. Die Seriosität des bei der EnBW angesiedelten privaten Anbieters solle nach seiner Ansicht nicht in Zweifel gezogen werden. Vielmehr könne dieser seinem Auftrag nach Einschätzung aller Beteiligten am besten gerecht werden. Insgesamt schaffe das neue Gesetz „einen schonenden und sachgerechten Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Polen Datenschutz sowie Sicherheit und Effektivität in der Justiz“.

Quelle/Autor: Henkel-Waidhofer, Brigitte Johanna

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15. und 16. Mai 2019