Debatten im Landtag vom 11. und 12. Oktober 2017

„Europa hat wieder Wind in den Segeln“

Stuttgart. Eine turnusmäßige Unterrichtung des Landtags über aktuelle europapolitische Themen am Donnerstag nutzten die Vertreter von Grünen, CDU, SPD und FDP, um die aktuellen Initiativen von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron grundsätzlich zu loben. „Auch die neue Bundesregierung braucht eine neue Vision“, erklärte darüber hinaus Josha Frey (Grüne) und verlangte – […]

Stuttgart. Eine turnusmäßige Unterrichtung des Landtags über aktuelle europapolitische Themen am Donnerstag nutzten die Vertreter von Grünen, CDU, SPD und FDP, um die aktuellen Initiativen von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron grundsätzlich zu loben. „Auch die neue Bundesregierung braucht eine neue Vision“, erklärte darüber hinaus Josha Frey (Grüne) und verlangte – unter anderem – eine breitere Beteiligung der Bevölkerung nach baden-württembergischen Vorbild.
Alle Redner von Grüne, CDU, SPD und FDP gingen auf die Brexit-Verhandlungen ein. Joachim Kößler (CDU) beklagte die Länge des Prozesses und die damit verbundenen Unsicherheiten für die Bürgerschaft, für Studierende und Unternehmen im Südwesten. Dass die deutschen Länder daran überhaupt beteiligt sind, sei Baden-Württemberg zu verdanken, das zwei Beauftragte durchgesetzt habe. Für die SPD freute sich frühere Wirtschaftsstaatssekretär Peter Hofelich, wie die Nein-Sager zu Europa angesichts der aktuellen Initiativen wieder an den Rand gedrückt würden. An die Katalanen, die Baden-Württemberg in der Vereinigung der „Vier Motoren“ seit bald 30 Jahren verbunden sind, appellierte Hofelich, am Europa der Region festzuhalten, statt einem „Europa der Sezessionen“ Vorschub zu leisten.
„Wir Freien Demokraten begrüßen die Vorschläge des französischen Ministerpräsidenten“, bekannte auch Erik Schweickert (FDP). Sie sei ein gutes Signal für einen Neustart des deutsch-französischen Motors in der Europäischen Union, bei aller Skepsis in den Fragen eines eigenen Eurozonen-Budgets und eines EU-Finanzministers. Wie Frey kann sich Schweickert vorstellen, dass europäische Institutionen deeskalierend auf Katalonien und Spanien einwirken.
Die AfD-Fraktion nutze die Debatte dagegen zu einer Generalabrechnung mit „dem sinkenden Schiff“ Europa. Der „Moloch EU“ müsse rückgebaut werden, so Heiner Merz (AfD), der die Gemeinschaft auch mit dem „Warschauer Pakt“ verglich. Stattdessen werde in Richtung eines Großjugoslawien gesteuert, eine Entwicklung, die auch enden werde wie Jugoslawien. Und der Heidenheimer Abgeordnete forderte „eine Ausnüchterung“ des Kommissionspräsidenten angesichts seiner „Schnapsidee“, die Eurozone auszuweiten.
Europaminister Guido Wolf (CDU) wies diese Kritik mit scharfen Worten zurück und monierte, dass Merz kurz nach seinem Redebeitrag den Plenarsaal verließ. Es gehöre zur parlamentarischen Auseinandersetzung nicht nur auszuteilen, sondern sich auch mit der Kritik an der eigenen Haltung zu befassen. Wolf sprach ebenfalls die Entwicklung in Katalonien an. Die Spannungen würden gerade in Baden-Württemberg mit großer Sorge beobachtet. Und die Türkei entferne sich jenen Tag mehr Demokratie und Rechtstaatlichkeit. Ein Beitritt zur EU sei zurzeit nicht vorstellbar. Mehr noch: Der Europaminister plädierte für finanzielle Einschnitte. „Wer nicht hören will, muss fühlen“. Eine Kürzung der EU-Gelder an die türkische Regierung sei nötig, weil es nicht kein könne, dass die „europäische Werte auch dank europäischer Mitteln mit Füßen tritt“.

Quelle/Autor: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer

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11. und 12. Oktober 2017