Debatten im Landtag vom 9. Mai 2018

Große Mehrheit im Landtag sieht Vorteile durch Europa

Stuttgart. Eine klare Mehrheit im Landtag sieht durch die Europäische Union große Vorteile für Baden-Württemberg und Deutschland. „Wenn es Europa gut geht, geht es auch Baden-Württemberg gut“, sagte Europaminister Guido Wolf (CDU) am Mittwoch in der von der CDU-Fraktion beantragten aktuellen Debatte „Für eine starke und einige EU: Klare Prioritäten für Europas Zukunft“. Europa gebe […]

Stuttgart. Eine klare Mehrheit im Landtag sieht durch die Europäische Union große Vorteile für Baden-Württemberg und Deutschland. „Wenn es Europa gut geht, geht es auch Baden-Württemberg gut“, sagte Europaminister Guido Wolf (CDU) am Mittwoch in der von der CDU-Fraktion beantragten aktuellen Debatte „Für eine starke und einige EU: Klare Prioritäten für Europas Zukunft“.
Europa gebe es jedoch nicht zum Nulltarif, sagte Wolf. Deshalb könne der von EU-Finanzkommissar Günther Oettinger vorgestellte Finanzplan für die kommenden Jahre „zum Europa-Fahrplan für die Zukunft“ werden. Allerdings müsse es dabei einen Mix aus klugen Einsparungen und höheren Mitteln geben. Gleichzeitig schloss sich der Minister den Äußerungen Oettingers an, wonach Rechtsstaatlichkeit und Pressefreiheit „zwingende Voraussetzung“ für die Teilhabe sind: „Wer sich nicht an diese Regeln hält, soll auch kein Geld bekommen.“ Oberste Priorität sei jedoch der dauerhafte Frieden in Europa.
Auch die Abgeordneten von Grünen, CDU, SPD und FDP wiesen am Europatag auf die friedensstiftende Wirkung der EU hin. Der Plan des früheren französischen Außenministers Robert Schumann, der am 9. Mai 1950 die Schaffung einer Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl als Vorläufer der EU vorgeschlagen hatte, sei aufgegangen, konstatierte Wolfgang Reinhart. Für den CDU-Fraktionschef ist Europa „eine Erfolgsgeschichte und ein epochales Friedenswerk“, das niemals preisgegeben werden dürfe. Niemand sage, Europa sei ohne Fehler. „Der größte Fehler wäre aber, Europa in Frage zu stellen“, urteilte Reinhart. Europa sei für den Frieden und den Freihandel notwendig. Nationale Egoismen seien keine Lösung. Er sprach sich für eine stabile Eurozone und gegen eine Vergemeinschaftung von Schulden aus. Es brauche ein Europa der Verantwortlichkeit und ein Europa der Regionen.

„Europa gehört in Baden-Württemberg zur Staatsräson“

Europa liege den Grünen am Herzen, denn es sei „unsere Zukunft“, erklärte Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz. Frieden sichern, Freiheit und Sicherheit schaffen, Klima und Natur schützen seien wichtige gemeinsame Anliegen. Deutschland habe, wie kaum ein anderes Land, viel von Europa profitiert und habe seinen Wohlstand Europa zu verdanken, stellte Schwarz fest. „Europa gehört in Baden-Württemberg zur Staatsräson“, sagte der Grünen-Abgeordnete. Er wies darauf hin, dass der Südwesten fünf Milliarden Euro aus den EU-Förderprogrammen erhalte. Der europäische Mehrwert sei auch sonst sichtbar. Angesichts der finanziellen Forderungen der EU an die Mitgliedsländer sagte Schwarz: „Die Zukunft der EU muss uns viel wert sein.“ Er forderte die Bundesregierung auf, nach der Initiative von Frankreichs Präsident Macron „eigene Vorschläge“ in die Debatte einzubringen.
Andreas Stoch (SPD) plädierte dafür, den Mehrwert von Europa den Menschen tagtäglich vor Augen zu führen und erfahrbar zu machen. Ein starkes Europa sei der politische, finanzielle, ökonomische und soziale Stabilitätsanker angesichts der globalen Herausforderungen. Europa sei auch die einzige Möglichkeit, um im Konzert der Weltmächte China und USA künftig noch mithalten zu können. Zudem sei ein geeintes Europa der beste Garant für eine gute Zukunft in Frieden, Freiheit und Wohlstand; kein Einzelstaat könne dafür eine Lösung bieten. Dafür müssten die Errungenschaften Europas verteidigt werden, plädierte der SPD-Fraktionschef. Aufziehender Nationalismus, Rechtspopulismus und Protektionismus in vielen Staaten Europas würden nicht nur die Demokratie gefährden, sondern auch die Funktionsfähigkeit der EU. „Dagegen müssen wir uns entschieden zur Wehr setzen.“ Um die europäische Idee zu stärken, müssten die Vorteile der EU herausgearbeitet, aber auch die Ängste der Bevölkerung ernst genommen werden.
Die Friedenssicherung sei wichtig für die Menschen, sagte Erik Schweickert (FDP). Europa lebe die längste Zeit in Frieden. Ein weiterer Vorteil der EU sei es, den Zugang zum größten Markt der Welt zu gewähren. Es sei aber legitim, zu fragen, was schlecht laufe und was besser gemacht werden könne. Für Schweickert geht die größte Gefahr für die EU von Populismus und Nationalismus aus. Der Liberale forderte auch von der Landesregierung, klare Prioritäten im Hinblick auf Europa zu setzen, denn Vieles schüre den Unmut bei den Bürgern. „Wir brauchen Subsidiarität“, stellte Schweickert fest; dies sei das Europa, „das wir wollen“.

AfD erneuert europakritische Haltung

Einzig die AfD äußerte erneut ihre europakritische Haltung. Europa sei illegitim und antidemokratisch, sagte Heiner Merz. Er zielte damit auf die fehlende Bürgerbeteiligung bei der Zugehörigkeit zur EU hin. Es habe in Deutschland keine Abstimmung darüber gegeben. „Die Bürger wenden sich von diesem Wahnsinn ab“, stellte er fest. So hätten die Briten mit dem Brexit ein feines Gespür dafür gezeigt, wovon man Abschied nehmen soll. Auch die Franzosen würden für einen Austritt stimmen, wenn es eine Abstimmung geben. Für Merz ist das EU-Konzept „gescheitert“; wirtschaftlich sei Europa „ein Trümmerfeld“. Er prophezeite, die „offenen Rechnung aus Deutschland“ würden von den wirtschaftlich schwachen Staaten „niemals ausgeglichen“ werden. Auch die von der EZB aufgekauften Staatsanleihen seien ein Risiko von 2000 Milliarden Euro. Merz sagte, die AfD wolle ein „friedliches Europa“, lehne aber die weitere Auspressung der deutschen Steuerzahler ab. Die Entscheidungsgewalt müsse beim Bürger bleiben, die AfD wolle keinen EU-Bundesstaat und kein „Einheitselend“.
Baden-Württemberg stehe zu Europa und sei gegen jene, die populistische Stimmung gegen Europa machen, sagte Minister Wolf. Man brauche ein starkes und einiges Europa, um die meisten, globalen Herausforderungen zu schaffen. Er gab zu, dass sich Europa „in schwierigem Fahrwasser“ befinde, „Auf und Ab’s sind da“. Neben Frankreichs Präsident Macron und Österreichs Kanzler Sebastian Kurz, der im Sommer den EU-Ratsvorsitz übernehmen wird und ein „Mittler zwischen dem alten und neuen Europa“ sei, müsse auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) als Brückenbauerin in  Europa wirken.

Für die CDU-Fraktion schlug Joachim Kößler eine „Normenkontrolle“ vor, was „vielleicht zu streichen wäre, was aus Europa kommt“. Zur Aufforderung von Oettinger, Deutschland müsse sich finanziell mehr engagieren, sagte Josef Frey (Grüne), diesen Vorschlag "unterstützen wir Grüne", weil er einen Mehrwert bringe. Er rechnete vor, dass sich dadurch der EU-Beitrag je deutschem Steuerzahler von derzeit 48 Cent täglich auf lediglich 53 Cent erhöhen werde.

Quelle/Autor: Wolf Günthner

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9. Mai 2018