Debatten im Landtag vom 17. und 18. Februar 2016

Grün-Rot tut sich mit eigenem Kompromiss schwer

Stuttgart. Der Landtag hat mit grün-roter Mehrheit die Einrichtung eines Bürgerbeauftragten beschlossen, der auch für die Polizei zuständig ist. Dabei räumten Redner von Grünen und SPD ein, dass es im Vorfeld im Regierungslager erhebliche Widerstände gab. Ulrich Goll (FDP) spricht von Kuhhandel: „Die Kennzeichnungspflicht kommt nicht, deswegen kommt der Polizeibeauftragte. So einfach ist das politische […]

Stuttgart. Der Landtag hat mit grün-roter Mehrheit die Einrichtung eines Bürgerbeauftragten beschlossen, der auch für die Polizei zuständig ist. Dabei räumten Redner von Grünen und SPD ein, dass es im Vorfeld im Regierungslager erhebliche Widerstände gab.
Ulrich Goll (FDP) spricht von Kuhhandel: „Die Kennzeichnungspflicht kommt nicht, deswegen kommt der Polizeibeauftragte. So einfach ist das politische Einmaleins.“ Der ehemalige Justizminister brachte am Mittwoch im Landtag auf den Punkt, was auch bei den Reden von Walter Heiler (SPD) und Gisela Erler (Grüne) durchklang: Dem Gesetz ging ein jahrelanges Ringen um die Kennzeichnungspflicht voraus, die insbesondere Innenminister Reinhold Gall (SPD) ablehnte, obwohl Grüne und SPD sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt hatten.

Erler bedauert Nichteinführung der Kennzeichnungspflicht

Staatsrätin Erler räumte ein, dass das Gesetz „natürlich einige Schwachstellen hat“. Gleichwohl hätten der Bürgerbeauftragte und die Kennzeichnungspflicht – deren Nichteinführung sie bedauert – „nicht zwingend“ etwas miteinander zu tun. Für Erler ist Transparenz eine Voraussetzung für gutes Regieren: „Das gilt auch für die Polizei.“ Außerdem verspricht sie sich von der Einrichtung des Bürgerbeauftragten auch eine Entlastung des Petitionsausschusses. Er sei mit 6000 Fällen pro Jahr oder 200 pro Ausschussmitglied überlastet.
Der innenpolitische Sprecher der Grünen, Uli Sckerl, wies darauf hin, dass es in 25 von 28 EU-Staaten bereits Bürgerbeauftragte gibt. Sie seien „Ausdruck einer bürgernahen Politik“. Für Sckerl soll der Bürgerbeauftragte „im besten Sinne so etwas wie ein kleiner Wehrbeauftragter sein. Geben Sie dem Bürgerbeauftragten eine Chance“, sagte er in Richtung Opposition.
Der kommunalpolitische Sprecher der SPD, Heiler, räumte ein, dass das Ja innerhalb der SPD-Fraktion „keine Hundert-zu-null-Entscheidung“ war. Für das Gesetz spreche, dass die Mehrzahl der Experten sich in einer Landtagsanhörung positiv geäußert hätten.

Laut Goll wird „ein Stück Staat geschaffen, das keiner braucht“

Diese Argumente konnten die Opposition nicht überzeugen. Der rechtspolitische Sprecher der CDU, Bernd Hitzler, sprach von einem falschen Signal gegenüber der Polizei: „Die Behauptungen, dass die bisherigen Möglichkeiten nicht ausreichen, entbehrt jeder Grundlage.“ Außerdem wies er auf die Kosten von 323 000 Euro pro Jahr hin. Die CDU sitze „fest an der Seite der Verwaltung, die dieses Misstrauen nicht verdient hat“.
Goll hält die Einrichtung „für überflüssig und unnötig“. Es werde „ein Stück Staat geschaffen, das Geld kostet und das keiner braucht“. Er kritisierte auch Sckerls Vergleich mit dem Wehrbeauftragten. „Glauben Sie“, sagte er, „dass sich ein Polizeibeamter an einen Polizeibeauftragten wendet?“ Zumal sich an diesen auch Bürger wenden könnten, die sich von der Polizei ungerecht behandelt fühlen.

Quelle/Autor: Michael Schwarz

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17. und 18. Februar 2016