Debatten im Landtag vom 12. Juni 2013

Grün-Rot will gegen Lohndumping vorgehen

Stuttgart. In der Bewertung der Bedingungen bei Leiharbeit und Werkverträgen in Unternehmen gehen die Meinungen der Regierungsfraktionen und der Opposition im Landtag weit auseinander. Während CDU und FDP die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen für ausreichend halten, rechtfertigten Grüne und SPD heute in der aktuellen Debatte "Schluss mit Lohndumping und Tarifflucht durch den Missbrauch von Werkverträgen" ihre […]

Stuttgart. In der Bewertung der Bedingungen bei Leiharbeit und Werkverträgen in Unternehmen gehen die Meinungen der Regierungsfraktionen und der Opposition im Landtag weit auseinander. Während CDU und FDP die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen für ausreichend halten, rechtfertigten Grüne und SPD heute in der aktuellen Debatte "Schluss mit Lohndumping und Tarifflucht durch den Missbrauch von Werkverträgen" ihre Bundesratsinitiative, mit der aus ihrer Sicht bestehende Gesetzeslücken geschlossen werden sollen.
„Missbrauch von Werkverträgen ist auch wirtschaftspolitisch verwerflich. Es ist inakzeptabel, dass Arbeitnehmer von ihrem Lohn nicht mehr leben können”, sagte SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel. Für Alexander Schoch (Grüne) ist die Bundesratsinitiative der Landesregierung notwendig, um Tarifflucht und Lohndumping zu verhindern.
Aktueller Anlass sind Vorwürfe wegen Lohndumpings beim Autobauer Daimler. Das Unternehmen hatte erklärt, es sich im internationalen Wettbewerb nicht leisten zu können, in der gesamten Wertschöpfungskette Metalltarife zu zahlen. Für die CDU bezeichnete Felix Schreiner die Debatte als Thema im Vorfeld der Bundestagswahl und kritisierte, die Debatte werde auf dem Rücken der baden-württembergischen Unternehmen ausgetragen. Gleichwohl räumte Schreiner ein: „Auch für die CDU gilt: Jedem Verdacht muss nachgegangen und Missbrauch bestraft werden.” Man dürfe aber die Unternehmen nicht unter Generalverdacht stellen. Jochen Haußmann (FDP) erinnerte daran, dass schon heute der Missbrauch von Werkverträgen verboten sei. Andererseits seien Werkverträge wie Dienstverträge für eine arbeitsteilige Wirtschaft unabdingbar. Er erinnerte daran, dass Daimler seit 2004 mehr als 3000 Zeitarbeiter in feste Beschäftigungen übernommen habe.

Altpeter spricht sich für Mindestlohn von 8,50 Euro aus

Auch Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD) ist „nicht grundsätzlich” gegen Werkverträge. „Als Instrument zum gezielten Lohndumping und der Reduzierung von Arbeitnehmerrechten sind sie nicht hinnehmbar”, sagte sie. Missbrauch von Leiharbeit sei erkannt und werde eingedämmt, aber bei Werkverträgen sei dies noch nicht der Fall: „Arbeitgeber weichen zunehmend darauf aus.” Altpeter nannte Schätzungen von Gewerkschaften, wonach im Handel mehr als 100 000 Werkverträge bestehen. Auch in der Automobilbranche seien diese verbreitet. „Stammarbeitsplätze werden ersetzt durch schlechter bezahlte Werkverträge. Dann muss der Staat über Sozialleistungen subventionen. Das kann nicht sein”, erklärte Altpeter. Deshalb müssen ihrer Ansicht nach Mindestlöhne von 8,50 Euro in Deutschland eingeführt werden. Denn durch die ungeschützten Jobs würden die Lohnuntergrenzen unterlaufen: „Die Menschen bekommen nur wenig mehr als 6 Euro Stundenlohn.”

Schmiedel: „Besser statt billig” muss das Motto beim Wettbewerb lauten

Für die Sozialministerin geht es nicht darum, „den Mittelstand schlecht zu reden, sondern Missstände anzusprechen”. Sie werde weiter für bessere Bedingungen der Arbeitnehmer kämpfen. „Ich will nicht nur stolz auf unsere Produkte sein, sondern auch stolz darauf, wie sie produziert werden”, sagte Altpeter. Aus Sicht von Fraktionschef Schmiedel zerstört die zunehmende Zahl von Werkverträgen durch Lohndumping den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft. Mit der Entkopplung von guter wirtschaftlicher Entwicklung und persönlichem Wohlstand für die Arbeitnehmer gehe ein Kennzeichen der sozialen Marktwirtschaft verloren. „Besser statt billiger” müsse das Motto beim Wettbewerb lauten. Schmiedel forderte die Opposition auf, ihren Widerstand gegen gesetzliche Mindestlöhne aufzugeben. Er verwies auf den Beschluss der grün-roten Landesregierung, öffentliche Aufträge nur an Unternehmen zu vergeben, die ohne Leiharbeiter und Lohndumping handeln. „Wir belohnen diejenigen, die Tariflohn bezahlen und ausbilden”, sagte er.
Für den CDU-Abgeordneten Schreiner bieten die meisten Arbeitgeber im Südwesten „gute Bedingungen”. Er hielt es für falsch, die Debatte auf dem Rücken von Daimler zu führen, der mehr als 100 000 Menschen beschäftige. Dennoch bat der Grünen-Politiker Schoch den Konzern, mit dem Betriebsrat Vereinbarungen über Werkverträge zu regeln. Denn der Betriebsrat habe selbst das  Lohndumping thematisiert.

Quelle/Autor: Wolf Günthner

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12. Juni 2013