Debatten im Landtag vom 10. Juli 2019

Kur- und Erholungsorte werden künftig regelmäßig überprüft

Stuttgart.  Staatliche anerkannte Kur- und Erholungsorten werden künftig spätestens alle zehn Jahre daraufhin überprüft, ob die Anerkennungsvoraussetzungen noch bestehen. Dies sieht der Entwurf des neuen Gesetzes über die Anerkennung von Kurorten und Erholungsorten und zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes vor, den der für Tourismus zuständige Justizminister Guido Wolf (CDU) am Mittwoch in den Landtag einbrachte. In […]

Stuttgart.  Staatliche anerkannte Kur- und Erholungsorten werden künftig spätestens alle zehn Jahre daraufhin überprüft, ob die Anerkennungsvoraussetzungen noch bestehen. Dies sieht der Entwurf des neuen Gesetzes über die Anerkennung von Kurorten und Erholungsorten und zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes vor, den der für Tourismus zuständige Justizminister Guido Wolf (CDU) am Mittwoch in den Landtag einbrachte. In erster Lesung sprachen sich alle Sprecher der fünf Fraktionen für die Novellierung des aus dem Jahre 1972 stammenden und seitdem unveränderten Gesetzes aus.
Fast jede vierte Übernachtung werde in Kur- und Erholungsorten verbracht, berichtete Wolf. Baden-Württemberg sei das Bäderland Nummer 1 in Deutschland. Für ein neues Gesetz sei es „höchste Zeit“, denn es bringe eine Stärkung der Qualität und regele die Prädikatisierung. Bisher sei nur anlassbezogen geprüft worden, wenn sich die Qualität vor Ort verändert habe. Künftig muss die Gemeinde dem zuständigen Regierungspräsidium die „Ergebnisse der periodischen Überprüfung der Eigenschaften des Heilmittels, des Klimas und der Luftqualität mitteilen“. Für Wolf ist Baden-Württemberg als Urlaubsland eine „Erfolgsgeschichte“, der Tourismus wachse seit Jahren im Rekordtempo. Mit der Modernisierung des Gesetzes sichere man den weiteren Erfolg in dieser Branche.
Künftig gibt es zwölf Arten von Kurorten
Künftig werden im Südwesten folgende zwölf Arten von Kurorten unterschieden: Mineralheilbad, Thermalheilbad, Soleheilbad, Moorheilbad, heilklimatischer Kurort, Kneipp-Heilbad, Kneipp-Kurort, Ort mit Heilquellen-Kurbetrieb, Ort mit Moor (Peloid)-Kurbetrieb, Ort mit Sole-Kurbetrieb, Ort mit Heilstollen-Kurbetrieb und Luftkurort. Erholungsorte verfügen über „eine landschaftlich bevorzugte und klimatisch begünstigte Lage, einen Orts-Charakter sowie eine touristische Infrastruktur, die den spezifischen Belangen von Erholung und Freizeit Rechnung tragen, heißt es im Gesetz.
Reinhold Pix (Grüne) wies auf die mehr als 2000 Jahre lange Tradition von Bädern im Südwesten hin, die einst von den Römern begonnen wurde, u.a. in Baden-Baden oder Badenweiler. Sie gehörten längst zum Kulturgut im Land; Kur-, Bade- und Erholungsorte seien ein „zentrales Standbein“ des Tourismus, denn zwei Drittel der Urlaubsreisen hätten einen Naturbezug.
Kur- und Erholungsorte sind Leuchttürme des Tourismus
Für Patrick Rapp (CDU) sind diese Orte die „Leuchttürme“ im Tourismus. Das neue Gesetz, dessen Grundlage das Gutachten zur Fortentwicklung des Kurortewesens im Rahmen der neuen Tourismuskonzeption sein, lege den Schwerpunkt auf die Qualitätssicherung und sei zukunftsweisend ausgerichtet. „Attraktivität für Kur- und Heilbäder heißt auch Attraktivität für die Einwohner“, nannte Rapp einen weiteren Vorteil.
Die Strukturen würden optimiert, konstatierte Anton Baron (AfD), der auch die Spezifisierung der Kurorte positiv bewertete. Der durch das Gesetz entstehende jährliche Mehraufwand von 12 500 Euro für das Land sei angemessen. Kritisch fügte er an, dass nicht prädikatisierte Gemeinden, wie z.B. Niedernhall, keine Förderung für Sanierungsmaßnahmen von Bädern erhalten.

Auszeichnung ohne Genehmigungsverfahren auf Ortsschild kenntlich  machen

Die Novellierung sei überfällig, denn das Reiseverhalten und die Qualitätsansprüche der Gäste hätten sich seit 1972 stark verändert, sagte Sabine Wölfle (SPD). Sie begrüßte es, dass mehr Wert auf Qualität und Qualitätssicherung gelegt wird. Der erforderliche Mehraufwand werde auch bei den Kommunen zu Kosten führen, was der Gemeindetag kritisch sehe. Kur- und Erholungsorte müsste allerdings ein „ureigenes Interesse“ daran haben, wurde doch nach einer Studie des Instituts für Fremdenverkehr in den baden-württembergischen Heilbädern und Kurorten 2017 ein Brutto-Umsatz von 3,5 Milliarden Euro erwirtschaftet.
Zustimmung signalisierte auch Erik Schweickert für die FDP. Er schlug vor, in den Beratungen im Europaausschuss noch ein weitere Gesetzesänderung vorzunehmen: Kommunen, die als Kur- und Erholungsorte ausgezeichnet sind, sollten das Recht haben, dies auch auf den Ortsschilder kenntlich zu machen, ohne zusätzliches Genehmigungsverfahren bei anderen Stellen.
In Baden-Württemberg gibt es derzeit 56 Heilbäder und Kurorte, die 6000 Menschen beschäftigen. Im gesamten Tourismusbereich des Landes arbeiten 390 000 Menschen, deutlich mehr als in der Automobilbranche (220 000).

Quelle/Autor: Wolf Günthner

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10. Juli 2019