Debatten im Landtag vom 7. und 8. März 2018

Land will Verantwortung für Bundesstraßen behalten

Stuttgart. Bei der Neuordnung der Bundesstraßenverwaltung wird Baden-Württemberg die Verantwortung für die Bundesstraßen behalten. Das gelbe Netz, die Bundesstraßen, bleibe beim Land, was Planung, Bau und Betreuung angehe, sagte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) am Donnerstag in der von der SPD-Fraktion beantragten Debatte zur neuen Verkehrsinfrastrukturgesellschaft des Bundes. „Das hat für das Land eine größere Bedeutung, […]

Stuttgart. Bei der Neuordnung der Bundesstraßenverwaltung wird Baden-Württemberg die Verantwortung für die Bundesstraßen behalten. Das gelbe Netz, die Bundesstraßen, bleibe beim Land, was Planung, Bau und Betreuung angehe, sagte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) am Donnerstag in der von der SPD-Fraktion beantragten Debatte zur neuen Verkehrsinfrastrukturgesellschaft des Bundes.
„Das hat für das Land eine größere Bedeutung, weil das Land deutlich mehr Kilometer an Bundesstraßen hat als an Autobahnen“, so Hermann. Baden-Württemberg hat rund 1000 km Autobahnen, für die vom 1. Januar 2021 der Bund zuständig sein wird, etwa 4100 km Bundesstraßen und noch 9500 km Landesstraßen, die auch noch zur Landesstraßenverwaltung gehören.
Die Neuordnung der Bundesstraßenbauverwaltung sei das größte Umorganisationsprojekt in Deutschland seit der Wiedervereinigung, konstatierte Hermann. Bau, Planung, Betrieb, alles was die Autobahn betreffe, gehe von 2021 an den Bund. Mitarbeiter des Landesverkehrsministeriums seien in allen Arbeitsgruppen des Bundes bei der Umstrukturierung beteiligt und alle zwei Wochen zwei Tage in Bonn.

Hermann hat keine guten Erfahrungen mit dem Eisenbahn-Bundesamt

Der Bund plant, ein Fernstraßenbundesamt analog zum Eisenbahnbundesamt einzuführen. „Da muss man schon hellhörig werden. Wir haben keine guten Erfahrungen mit dem Eisenbahn-Bundesamt, deswegen haben wir Skepsis, ob der Bund das hinbekommt“, sagte Hermann. Deshalb dränge das Land darauf, das bei Planfeststellungen weiterhin die Regierungspräsidien zuständig bleiben. Zu denen vielen Veränderungen gehöre auch, dass etwa 780 Vollzeitstellen vom Land auf den Bund übertragen werden, vorausgesetzt, die Mitarbeiter sind damit einverstanden.
Die Struktur der neuen Autobahnverwaltung wird derzeit erarbeitet. Neben der Bundesgesellschaft wird es noch Landestochtergesellschaften geben; die Länder haben dies nach Aussage des Ministers erstritten, damit die regionale Verbundenheit durch die regionalen Gesellschaften sichergestellt wird. Bis zur Strukturreform werde die Landesstraßenbauverwaltung die wichtigen Projekte wie Albaufstieg und die A 8, weiter vorantreiben, kündigte Hermann an. Andere Projekte, die nicht so weit fortgeschritten sind, wird das Land an die Projektgesellschaft Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH (DEGES) übergeben.
Durch die Neuordnung wird nach Ansicht der SPD die Verkehrsinfrastruktur im Südwesten aufgespalten. Martin Rivoir sagte, seine Fraktion werde darauf achten, dass die Folgen für die Mitarbeiter minimiert werden und keine sozialen Härten auftreten. Den beteiligten Landesministerien warf er vor, das Thema „nicht so richtig ernst“ zu nehmen. Es gehe darum, ob eine eigene Regionalgesellschaft gegründet werde und wie ein konkretes Standortkonzept aussehe.
Einen geordneten Übergang forderte auch Hermann Katzenstein (Grüne). „Wir standen und stehen der Angelegenheit kritisch gegeben“, stellte er fest. Denn was solle der Bund besser steuern, planen und kontrollieren als die regionalen Akteure vor Ort. Hier sei beste der direkte Draht– und nicht der nach Berlin. Auch für die Bundes- und Landesstraßen sei diese Zentralisierung nicht gut. Leider seien auch ÖPP-Projekte weiterhin möglich. Katzenstein befürchtet dabei „Rosinenpickerei“, die verkehrliche Notwendigkeiten und Dringlichkeiten in den Hintergrund drängen. Es sei einfach „noch jemand im Boot“, der auch etwas verdienen möchte. Dagegen laufe der Umgang mit den Beschäftigten vorbildlich.

CDU: Landesregierung hat gut verhandelt

Der Übergang dürfe die Umsetzung des Bundesverkehrswegeplans 2013 „nicht negativ beeinträchtigen“, forderte Sabine Hartmann-Müller (CDU). Durch die neue Gesellschaft des Bundes würden die nötigen Anreize zur schnellen und wirtschaftlichen Umsetzung von Neu- und Ausbaumaßnahmen geschaffen. Es liege am Bund, den Ausbau effizienter zu machen, sagte die Abgeordnete vom Hochrhein in ihrer ersten Rede. Die CDU lehne die optionale zusätzliche Abgabe der Auftragsverwaltung des gelben Netzes an den Bund ab. „Die Bundesstraßen müssen weiterhin Aufgabe des Landes bleiben.“ Sie sieht in der Reform die Chance, die Straßenbauverwaltung erheblich zu stärken. Insofern habe die Landesregierung „sehr gut verhandelt“.
Hans Peter Stauch (AfD) monierte, dass die Bundesregierung im Koalitionsvertrag die Autobahnen vernachlässigt habe. „Dies wird sie irgendwann noch einiges kosten“, sagte er. Lebensmittel und sonstige Güter müssten über Autobahnen und Bundesstraßen zum Endverbraucher kommen. Die neue Infrastrukturgesellschaft sei „Zentralismus in Reinkultur“. In den Regierungspräsidien gebe es jetzt schon zu wenig Personal, nun soll der Personalstand noch einmal um ein Viertel verringert werden. Deshalb soll sich die Landesregierung im Bundesrat für Subsidiarität statt Zentralismus einsetzen.
Die FDP unterstützt die Absicht, nur die Autobahnen in die Verantwortung des Bundes abzugeben und sämtliche Bundesstraßen in der Verantwortung des Landes zu belassen. „Es gehen dann auch die Autobahnmeistereien an den Bund über“, warnte Jochen Haußmann. Es sei wichtig, jetzt Eckpunkte der Reform zu definieren. Laufende Projekte, wie der Albaufstieg oder die Enztalquerung, die voll in der Planung sind, müssten in der Zuständigkeit des Landes bleiben. Sonst würden ein zeitlicher Bruch und eine zeitliche Verzögerung entstehen, warnte der Liberale. Außerdem müssten die Planfeststellungsbehörden in den Regierungspräsidien bleiben.

Quelle/Autor: Wolf Günthner

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7. und 8. März 2018