Debatten im Landtag vom 30. September und 1. Oktober 2015

Landtag beschließt neues Realschulgesetz und Ganztagsgrundschule

STUTTGART. Mit den Stimmen der grün-roten Regierungsfraktionen hat der Landtag am Mittwoch die Weiterentwicklung der Realschulen beschlossen. Danach müssen Realschulen künftig verpflichtend zu Beginn eine zweijährige Orientierungsstufe anbieten. Im weiteren Verlauf kann nach dem fünften Schuljahr der Hauptschul-,  nach dem sechsten der Realschulabschluss erworben werden. Das Schulgesetz wird entsprechend geändert. Zeitgleich wurden die Bildungspläne 2016 […]

STUTTGART. Mit den Stimmen der grün-roten Regierungsfraktionen hat der Landtag am Mittwoch die Weiterentwicklung der Realschulen beschlossen. Danach müssen Realschulen künftig verpflichtend zu Beginn eine zweijährige Orientierungsstufe anbieten. Im weiteren Verlauf kann nach dem fünften Schuljahr der Hauptschul-,  nach dem sechsten der Realschulabschluss erworben werden. Das Schulgesetz wird entsprechend geändert. Zeitgleich wurden die Bildungspläne 2016 beschlossen. Einstimmig votierten die Abgeordneten im Rahmen der Schulgesetzänderung dagegen für die Einführung der Ganztagsgrundschule.
Als „unausweichlich“ bezeichnete Kultusminister Andreas Stoch (SPD) bei der zweiten Lesung des Gesetzentwurfs die Weiterentwicklung des Schulsystems in Baden-Württemberg zu einem „Zwei-Säulen-Modell“. Das vorliegende Gesetz zur Weiterentwicklung der Realschulen, für das Stoch erneut bei den Abgeordneten um Zustimmung warb, berücksichtige das unterschiedliche Leistungsvermögen der Schüler in einzelnen Fächern. „Die Realschulen werden davon erheblich profitieren“, sagte Stoch. „Sie haben künftig die Möglichkeit, Schüler auf allen Niveaus zu fördern.“

Opposition kritisiert fehlende pädagogische Freiheit

Dagegen kritisierten CDU und FDP erneut fehlende pädagogische Freiheit für die Realschulen und lehnten die Gesetzesänderung ab. „Es ist ein Zwangsmodell“, sagte Georg Wacker, Bildungsexperte der CDU. „Wir fordern Sie auf: Geben Sie den Realschulen pädagogische Freiheit, denn sie wissen, wie sie ihren Unterricht organisieren können.“  Das CDU-Konzept für die Realschulen sehe im Gegensatz zum Gesetzentwurf vor, auch nach der Orientierungsstufe leistungsdifferenzierten Unterricht zumindest in den Kernfächern Deutsch, Mathematik, Fremdsprache und Naturwissenschaft zu ermöglichen. „Unser Konzept ist weitgehender und gibt den Schulen Entscheidungsfreiheit.  Ihr Konzept ist ein konkreter Schritt in Richtung Umsetzung der Gemeinschaftsschule an den Realschulen“, kritisierte Wacker den grün-roten Entwurf.
Auch der liberale Bildungsexperte Timm Kern konnte dem Gesetz kaum etwas Positives abgewinnen. „Dabei  handelt es sich  keinesfalls um ein Realschul-Upgrade, sondern um einen grün-roten Gemeinschaftsschul-Trojaner“, sagte Kern. Zwar stimme auch die FDP zu, dass an Realschulen ein Hauptschulabschluss möglich sein solle. Die Liberalen forderten allerdings für die Realschulen Wahlfreiheit, ob sie eine Orientierungsstufe einrichten und Kurse auf unterschiedlichem Niveau anbieten wollten. Zudem forderte Kern eigene Bildungspläne für die Realschulen.

Regierungsfraktionen loben Weiterentwicklung

Für Grüne und SPD ist mit dem Gesetz dagegen der richtige Grundstein zur Weiterentwicklung der Realschulen gelegt. „Mit den neuen Poolstunden bekommen die Realschulen die Möglichkeit zur individuellen Förderung der Schüler“, sagte Sandra Boser (Grüne). „Uns war es wichtig, die Orientierungsstufe einzuführen. Wir sind mit dem Realschulgesetz, so wie wir es auf den Weg gebracht haben, zufrieden.“  
Auch  Klaus Käppeler (SPD) sieht in dem Gesetz das  Zeichen für die Realschulen, einen festen Platz im neuen Zwei-Säulen-Modell zu haben.  „Sie sind Teil der integrativen Säule und bieten künftig Haupt- und Realschulabschluss an“, so Käppeler.  Die Schulart wurde zudem kontinuierlich durch Erhöhung der Poolstunden auf bis zu zehn Stunden für individuelle Förderung gestärkt. „Es ist paradox, uns vorzuwerfen, diese Schulart abzuschaffen, indem wir die Mittel für sie aufstocken“, sagte Käppeler in Richtung CDU und FDP. „Wir haben eine klare Position: Längeres gemeinsames Lernen nützt dem leistungschwächeren und dem stärkeren Schüler. Wir stehen für mehr Bildungsgerechtigkeit und nicht für weniger.“

Quelle/Autor: Ulrike Bäuerlein

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