Debatten im Landtag vom 10. und 11. Mai 2017

Landtag diskutiert über Wahl in Frankreich

Stuttgart. In Abwesenheit der gesamten Landesregierung mit Ausnahme von Europaminister Guido Wolf (CDU) und Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hat der Landtag die Auswirkungen der Präsidentschaftswahl beim Nachbarn Frankreich diskutiert. Der FDP-Abgeordnete Erik Schweickert kritisierte das Regierungsdesinteresse scharf. Der SPD-Abgeordnete Peter Hofelich sieht verantwortlich dafür auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann, von dem seit dem Wahlsieg von Emmanuel […]

Stuttgart. In Abwesenheit der gesamten Landesregierung mit Ausnahme von Europaminister Guido Wolf (CDU) und Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hat der Landtag die Auswirkungen der Präsidentschaftswahl beim Nachbarn Frankreich diskutiert.
Der FDP-Abgeordnete Erik Schweickert kritisierte das Regierungsdesinteresse scharf. Der SPD-Abgeordnete Peter Hofelich sieht verantwortlich dafür auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann, von dem seit dem Wahlsieg von Emmanuel Macron „wenig bis nichts zu hören war“.
Bis auf die der AfD zeigten sich alle Fraktionen erfreut über den Wahlausgang. „Frankreich, wir danken dir, du hast dir selbst und uns Le Pen erspart“, sagte Willi Stächele, der frühere CDU-Finanzminister und seit 2013 Präsident des Oberrheinrats. Für Hofelich hat das EU-Gründungsmitglied Frankreich „mit Verstand und mit Herz eine deutliche Zwei Drittel-Mehrheit für die Zugehörigkeit zur Europäischen Union hinbekommen“. Josha Frey (Grüne) bezeichnet die Debatte selber als „starkes Signal“ der Stärkung an Frankreich und mahnte „ein bisschen deutsche Demut an“. Macron müsse jetzt der Rücken gestärkt werden, statt „ihn durch voreilige Vorschläge zu schwächen“.

Minister Wolf hebt positive Aspekte hervor

Stächele sprach sich allerdings gegen ein Entgegenkommen im Sinne einer weiteren finanzpolitischen Integration Europas aus. Macron müsse die von ihm entfachte Aufbruchstimmung für Reformen nutzen. Als Beispiele nannte er die Bürokratie in Frankreich oder die Arbeitslosigkeit, die sich „wie ein Bazillus eingeschlichen hat“. Schweickert sprach von Licht und Schatten: „Denn so sehr man dem innenpolitischen Programm des Aufbrechens von Verkrustungen die Daumen drückt, so fragwürdig sind die europapolitischen Vorschläge. Gemeinsames Finanzministerium der Eurozone, gemeinsames Budget – das alles riecht nach Eurobonds und Vergemeinschaftung von Schulden, die wir klar ablehnen.“
Europaminister Wolf vermied solche Kritik und strich in seiner Rede stattdessen die positiven Aspekte des Wahlausgangs heraus. Die Franzosen und auch der neue Präsident selbst hätten, unter anderem mit der Europahymne vor seinem großen Auftritt, ein Zeichen gesetzt: „Die Rechtspopulisten, die die Axt an Europa legen wollten, sind gescheitert.“ Die Wahl in Frankreich setze die besonnenen Entscheidungen der Wähler in Österreich und den Niederlanden fort. Er zeichnete ein Europa, "in dem die großen Staaten ihre Verantwortung wahrnehmen und Orientierung geben, in dem Frankreich und Deutschland Ideengeber sind und gleichzeitig sensibel genug bleiben, um die Belange der kleineren Mitgliedstaaten nicht aus den Augen zu verlieren".

AfD prognostiziert „noch mehr Umverteilung"

Neuerliche Aufregung gab es über AfD-Fraktionschef Jörg Meuthen. Der prognostizierte „noch mehr Umverteilung“. Macron wolle Leistung bestrafen und Müßiggang belohnen, „und das dürfte dem hart arbeitenden deutschen Steuerzahler nicht gefallen“. Von Schweikert musste er sich ein ungeklärtes Verhältnis zur Front-National-Vorsitzenden Marine Le Pen vorhalten lassen, worauf Meuthen den FDP-Abgeordneten der Lüge bezichtigte, weil er Le Pen noch nie gesehen habe. Zugleicht räumte er auf einen Vorhalt Wolfs allerdings ein, er hätte sie gewählt, „mit Bauchgrimmen und als kleineres von zwei Üblen“.
Grundsätzlich zeigte die Debatte, dass die CDU bei dieser Thematik eher an der Seite der FDP und die Grünen an der der SPD stehen. Hofelich zitierte unter anderem die Kanzlerin mit ihrer Reaktion „Wir müssen uns nicht ändern“. Was nicht stimme, so der Sozialdemokrat, Deutschland müsse sich ändern, „weil wir uns sonst mittelfristig selber schaden, mit einem Frankreich, das nach fünf Jahren neu Bilanz zieht“. Er könne die „Zeigefinger-Fraktionen deshalb nur warnen: Hören Sie auf, jetzt schon wieder die konservativen Stöckchen hochzuhalten, lassen Sie sich auf eine europäische Diskussion ein. und geben Sie dem Rechtspopulismus keine neue Nahrung.“

Quelle/Autor: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer

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10. und 11. Mai 2017