Debatten im Landtag vom 26. Februar 2014

Landtag ebnet Weg zur Reform des Notariatswesens

Stuttgart. Gesetzgebung im Eiltempo. Innerhalb einer Woche hat der Stuttgarter Landtag eine weitere gesetzliche Regelung auf dem Weg zur Reform des Notariatswesens in Baden-Württemberg beschlossen. Einstimmig verabschiedete das Parlament am Mittwoch die Änderung des Landesgesetzes über die freiwillige Gerichtsbarkeit, nachdem in erster Lesung sowie im Ständigen Ausschuss auf Aussprachen verzichtet worden waren. Wesentlicher Inhalt des […]

Stuttgart. Gesetzgebung im Eiltempo. Innerhalb einer Woche hat der Stuttgarter Landtag eine weitere gesetzliche Regelung auf dem Weg zur Reform des Notariatswesens in Baden-Württemberg beschlossen. Einstimmig verabschiedete das Parlament am Mittwoch die Änderung des Landesgesetzes über die freiwillige Gerichtsbarkeit, nachdem in erster Lesung sowie im Ständigen Ausschuss auf Aussprachen verzichtet worden waren.
Wesentlicher Inhalt des Entwurfs ist die Festlegung, dass für Rechtsstreitigkeiten über die Besetzung der Dienstposten in den Abteilungen Beurkundung und vorsorgende Rechtspflege in den Notariaten einschließlich der Streitigkeiten über Beurteilungen landesweit das Verwaltungsgericht Karlsruhe zuständig ist.
In zweiter Lesung warnte Bernd Hitzler (CDU) vor Gerichtsverfahren – auch vor dem VGH und dem Staatsgerichtshof – im Zuge der grundlegenden Reform des baden-württembergischen Notariatswesens zum 1. Januar 2018. Notare im Landesdienst werden ab diesem Zeitpunkt zu selbstständigen Nur-Notaren, wenn sie am 31. Dezember 2017 in einer Abteilung Beurkundung und vorsorgende Rechtspflege eines staatlichen Notariats tätig sind und mit Ablauf dieses Datums auf eigenen Antrag aus dem Landesdienst entlassen werden. Das Land hat die Dienstposten in diesen noch zu bildenden Abteilungen der Notariate unter den 900 beamteten Notaren im Südwesten ausgeschrieben. Danach sollen die 246 Dienstposten besetzt werden.
Hitzler forderte die Landesregierung auf, eine Zulagen-Regelung für unterlegene Bewerber zu schaffen. Bei den im Beamtenstatus verbleibenden Notaren – in der Besoldungsgruppe A 13 – werden Verdiensteinbußen von bis zu 23 000 Euro im Jahr prognostiziert, da die Einnahmen aus den freien Gebühren-Honoraren entfallen. Auch Jürgen Filius (Grünen) rechnet mit Klagen bei der Umstellung des Notariatswesens. „Die wird es sich geben“, sagte der Jurist. Er kann sich statt einer Zulage die Mitarbeit bei freien Notaren vorstellen.
Sascha Binder (SPD) erinnerte daran, dass der Stichtag für Notariatsreform zum 1. Januar 2018 gesetzlich vorgegeben ist. Das Wagnis Selbstständigkeit sei dadurch bedingt, denn mehr als die geplanten 246 Notariat gingen künftig zu Lasten der Wirtschaftlichkeit.
Ulrich Goll (FDP) hat angesichts des näher rückenden Termins der Reform eine „Verschärfung des Tons“ bei den Betroffenen festgestellt. Er sieht ein Problem gerade bei älteren Notaren, die ihren Beamtenstatus nicht aufgeben wollten. Goll sprach sich für einen „wasserdichten Besetzungsprozess“ der Stellen aus, um eine Klageflut zu verhindern.

„Seit 2009 wussten alle Notare, was auf sie zukommt“

Auch Justizminister Rainer Stickelberger (SPD)  will Rechtssicherheit, „damit wir wissen, wer im Landesdienst bleiben will“. Der Rückgang der Einnahmen könne schon zu Härten führen, gab der Minister zu. Allerdings sei schon sei der Verabschiedung des Gesetzes im Jahr 2009 allen Beteiligten klar, dass die „Jahrhundert-Reform“ 2018 umgesetzt werde. Die Reform sei deshalb zumutbar, denn „seit 2009 wussten alle Notare, was auf sie zukommt.“  Zudem hätten die Notare jahrelang von Gebühren-Einnahmen profitiert. Allerdings gibt es in keinem anderen Bundesland eine solche Vielfalt von Notaren wie im Südwesten. Wie die Abgeordneten erwartet auch der Justizminister „Konkurrentenklagen“.
Die Rechtsstreitigkeiten, die sich durch die Besetzung der Dienstposten ergeben können, sollen bereits in der ersten Instanz beim Verwaltungsgericht Karlsruhe konzentriert werden. Hierdurch sollen die verfahrenstechnische Bewältigung der auf die Notariatsreform bezogenen Verwaltungsstreitverfahren deutlich vereinfacht, Aufwand für das Gericht und die Verfahrensbeteiligten wesentlich vermindert, eine Spezialisierung der zur Entscheidung berufenen Spruchkörper ermöglicht und damit die fristgerechte Umsetzung der Reform gefördert werden. Die Zuständigkeitskonzentration diene auch den Interessen der Verfahrensbeteiligung zu einem zügigen und effektiven Rechtsschutz. Diese wäre bei einer Verteilung auf alle vier Verwaltungsgerichte des Landes nicht gewährleistet.

Relativ wenige Bedenken bei den Verbänden

In der Anhörung haben der Hauptpersonalrat des Justizministeriums, die Notarkammer Baden-Württemberg und der badische Notarverein die vorgesehene Konzentration ausdrücklich begrüßt. Die Rechtsanwaltschaft hat keine Einwände erhoben. Von Seiten der Verwaltungsgerichtsbarkeit und des Vereins der Verwaltungsrichter wurden Bedenken geäußert, die aber nach Ansicht des Justizministeriums nicht greifen.

Quelle/Autor: Wolf Günthner

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26. Februar 2014