Debatten im Landtag vom 26. und 27. März 2014

Minister verspricht Verbesserungen bei Zügen

Stuttgart. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hat deutliche Verbesserungen im Schienenverkehr in Baden-Württemberg versprochen. „Wir werden mit unseren Ausschreibungen einen landesweiten Stundentakt ermöglichen“, sagte Hermann am Mittwoch im Stuttgarter Landtag. In der von der CDU-Fraktion beantragten aktuellen Debatte zum Thema „Letzter Zug nach Nirgendwo. Der Verkehrsminister und die Ausschreibungen im SPNV“  kündigte der Minister an, „auch […]

Stuttgart. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hat deutliche Verbesserungen im Schienenverkehr in Baden-Württemberg versprochen. „Wir werden mit unseren Ausschreibungen einen landesweiten Stundentakt ermöglichen“, sagte Hermann am Mittwoch im Stuttgarter Landtag.
In der von der CDU-Fraktion beantragten aktuellen Debatte zum Thema „Letzter Zug nach Nirgendwo. Der Verkehrsminister und die Ausschreibungen im SPNV“  kündigte der Minister an, „auch den ländlichen Raum mit ÖPNV und Schienenpersonennahverkehr zu versorgen“. Die neuen Fahrzeuge sollen Fahrgastechtzeit-Informationen haben, „damit der Fahrgast weiß, wo man steht“; außerdem werde es WLAN geben, die Gepäckablage werde verbessert und es werde für Rollstuhlfahrer günstiger sein. Zudem seien die Fahrzeuge barrierefrei und die Leitsysteme für Sehbehinderte deutlich besser, kündigte Hermann an.
Zuvor hatte die CDU-Verkehrsexpertin Nicole Razavi kritisiert, der Minister schreibe die Strecken nicht aus. „Die Ausschreibungen sind längst überfällig, weil der große Verkehrsvertrag mit der Deutschen Bahn Ag, aber auch andere Verträge im Jahr 2016 auslaufen und weil 54 Millionen Zugkilometer nicht als Paket ausgeschrieben werden können, sondern gestaffelt in einzelnen Netzen“, sagte Razavi. Ausschreibungen und Vergaben, aber auch Anschaffungen von neuen Fahrzeugen würden drei bis fünf Jahre dauern. Angesichts gestiegener Energie- und Trassenpreisen müsste der Status quo über den Haushalt abgesichert werden, forderte die CDU-Abgeordnete.

„Egal was der Minister jetzt tut, es ist zu spät“

Sie prophezeite, dadurch werde das Land  hohe Preise für schlechte Verbindungen  alte Fahrzeuge bezahlten und die neuen Verkehre erst 2018 oder später auf die Schiene bringen oder teure Übergangsverträge bezahlen müssen. „Egal was der Minister jetzt tut, es ist zu spät“, kritisierte sie. Nichts von dem, was Hermann in drei Jahren angekündigt habe, sei bisher umgesetzt worden.
Andreas Schwarz (Grüne) wies die Vorhaltungen zurück. Er hielt der CDU vor, einen „schlechten Verkehrsvertrag“ mit der DB geschlossen zu haben. Dieser laufe bis 2016 ohne Kündigungsmöglichkeit und umfasse zwei Drittel des Schienenverkehrs. Er enthalte keine Qualitätsvorgaben und seit mit 11 Euro pro Kilometer „schlichtweg zu teuer“.  Dieser Vertrag habe den Wettbewerb im Südwesten massiv behindert und die Bestellung von Zügen in Baden-Württemberg „immer teurer“ gemacht. Außerdem profitiere das Land nicht von Mehrerlösen, der Landeszuschuss sinke auch bei mehr Fahrgästen nicht.
Schwarz kritisierte den Bund wegen des Finanzierung: So seien die Stations- und Trassenpreise überdurchschnittlich stark um 5 bis 14 Prozent gestiegen, die Regionalisierungsmittel des Bundes aber nur um 1,5 Prozent. Deshalb habe Grün-Rot zusätzliche Mittel von 60 Millionen Euro im vorigen und 84 Millionen Euro in diesem Jahr bereitgestellt, um das Leistungsangebot im Schienenverkehr zu halten. 
Für die SPD räumte Hans-Martin Haller zwar „zeitliche Verschiebungen nach hinten“ ein und verlangte „Verlässlichkeit in der Verkehrspolitik“ – schließlich sei die Ausschreibung von 40 Millionen Zugkilometern mit einem Volumen von 10 Milliarden Euro das größte Verwaltungsprojekt der Legislaturperiode. Gleichwohl äußerte Haller die Hoffnung, dass „der Minister es schaffen wird, einen gewissen Verzug auf der Strecke noch aufzuholen“. Jetzt gehe es ran an die Arbeit, an den Pragmatismus. Außerdem sprach er sich nicht nur für den möglichst schnellen Einstieg in Gespräche, sondern auch in formal korrekte Verfahren zu Übergangsverträgen aus. Er hoffe, zur Ankunftszeit ohne große Verspätung ans Ziel zu gelangen, sagte Haller.
Jochen Haußmann (FDP) erinnerte an einen gemeinsamen Landtagsbeschluss vom 19. April 2012, nachdem das Vergabeverfahren „zügig beginnen und durch zeitliche Entzerrung“ so gestaltet werden sollte, dass die Fahrgäste im Regionalverkehr von verbessertem, möglichst neuen Wagenmaterial profitieren. „Fakt ist: Wir brauchen einen Übergangsvertrag, denn bis September 2016 werden wir mit einem neuen Vertrag nicht so weit in die Puschen kommen, das dies funktioniert“, sagte der Liberale. Der Verkehrsminister trage die Verantwortung für die verspätete Ausschreibung und die möglichen wirtschaftlichen Folgen sowie Einbußen auch im Bereich der Fahrzeugqualität bei den Übergangsverträgen.
Hermann  konterte, kein anderes Bundesland habe eine so große Ausschreibungs- und Vergabewelle vor sich wie Baden-Württemberg aufgrund des großen Verkehrsvertrages mit der Deutschen Bahn AG. Und er zählte Erfolge auf: 2013 sei die Münstertalbahn – elektrifiziert – eingereiht worden. Die Zollernbahn fahre bereits nach dem neuen System. In Karlsruhe bestehe auf Wunsch der Stadt ein Übergangsvertrag. Zudem liefen Ausschreibungen, berichtete er und zählt auf: den neuen AWG-Vertrag, das Teilnetz Main-Neckar-Ried, die Ortenau-S-Bahn, das erste Rhein-Neckar-Los. In diesem Jahr werden die Stuttgarter Netze ins Verfahren gehen, kündigte er an; außerdem die Breisgau-S-Bahn und das zweite Rhein-Neckar-Los sowie die Westfrankenbahn.

„Wir sind zeitlich etwas in Verzug"

Der Minister wies auf „komplizierte Vergabebestimmungen“ hin. Dank einer kompetenten Beratungsfirma seien in einigen Bereichen „zweistellige Millionenbeträge herausgeholt“ worden. Und Hermann gab zu: „Wir sind zeitlich etwas in Verzug. Das ist jedoch der schwierigen Materie geschuldet.“ Und er äußerte die Hoffnung, dass er mit einem „wohlüberlegten, gezielten und gestaffelten Ausschreibungsprozess“ am Ende einen „besseren Schienenpersonenverkehr“ in Baden-Württemberg erreichen wird.  

Quelle/Autor: Wolf Günthner

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26. und 27. März 2014