Debatten im Landtag vom 20. und 21. Juli 2016

Opposition rügt Sandkastenspiele um Staatssekretärs-Posten

Stuttgart. Die von den Regierungsfraktionen der Grünen und CDU über Nacht in den Landtag eingebrachte Gesetzesänderung des Landesbeamtengesetzes und des Landesbesoldungsgesetzes ist von der Opposition am Donnerstag scharf kritisiert worden. „Wir stimmen solchen Sandkastenspielen nicht zu“, sagte Andreas Glück (FDP). Die geplante Einrichtung eines beamteten Staatssekretärs in der Besoldungsgruppe B 10 im Innenministerium sei aus […]

Stuttgart. Die von den Regierungsfraktionen der Grünen und CDU über Nacht in den Landtag eingebrachte Gesetzesänderung des Landesbeamtengesetzes und des Landesbesoldungsgesetzes ist von der Opposition am Donnerstag scharf kritisiert worden.
„Wir stimmen solchen Sandkastenspielen nicht zu“, sagte Andreas Glück (FDP). Die geplante Einrichtung eines beamteten Staatssekretärs in der Besoldungsgruppe B 10 im Innenministerium sei aus finanzieller Sicht ein Unding. „Jeder will einen Murawski. Strobl rüstet gegen Kretschmann auf“, wetterte der Liberale unter Anspielung auf mögliches Machtpochen der CDU, für den stellvertretenden Ministerpräsidenten Thomas Strobl (CDU) einen adäquaten Posten zu schaffen wie ihn Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) in Person von Staatsminister Klaus-Peter Murawski (Grüne) hat.
Grüne und CDU hätten mit dieser B10-Stelle (12 635 Euro pro Monat) ein „Kuckucksei“ in der Vorlage versteckt zwischen den elf Konsens-Stellen der Landtagsverwaltung, die von allen Fraktionen begrüßt wurden, kritisierte Glück. „Diese Stelle gab es noch nie, sie ist auch nicht nötig und teuer“, erklärte der Liberale. Man könne nicht bei den Indianern sparen bei den Häuptlingen das Geld zum Fenster hinaus werfen; dies sei schlechter Stil. Noch dazu, nachdem die Regierung jüngst offenbarte, dass 800 Millionen Euro gespart werden müssten und dazu auch die Beamten ihren Beitrag leisten müssten. Das Land habe schon genug Spitzenbeamte, die nach dem Regierungswechsel zu hoch bezahlten Fußgängern geworden seien, konstatiere Glück mit Blick auf das Revirement von Grün-Schwarz.

Vorwurf, Regierungsfraktionen hätten neue Spitzenstelle nachgeschoben

Auch Rainer Stickelberger (SPD) warf den Regierungsfraktionen vor, die neue Spitzenstelle auf den Tisch des Hauses „nachgeschoben“ zu haben. Gegen die elf Landtagsstellen für parlamentarische Berater der Fraktionen sei „nichts einzuwenden“, die sie die Arbeit „bereichern“. Der frühere Justizminister äußerte den Verdacht, dass die CDU ihre „Verzwergung“ umtreibe und ein „Staatsministerium II oder ein StaMi-le“ schaffen wolle, um die „Macht-Balance“ zu wahren. Regieren sei ein Stilfrage, Grün-Schwarz gehe jedoch mit dem Ansinnen nicht offen und transparent vor.
Auch der AfD-Abgeordnete Emil Sänze witterte in der Vorlage „die Versorgung verdienter Parteimitglieder“ und bezeichnete die B10-Stelle als „unangemessen“. Heinrich Fiechtner von der Gruppe der fraktionslosen AfD-Mitgliedern sprach von „Vetterleswirtschaft und Ämterpatronage“. Der Entwurf sei seiner Partei erst am Mittwoch um 22 Uhr zugestellt worden. Damit sei ein Druckszenario entstanden. Er wundere sich, weshalb „Strobl eine B10-Potenz Verstärkung“ brauche.

Regierungsfraktionen verteidigen Stellenschaffung

Zuvor hatten Grüne und CDU die Stellenschaffung verteidigt. Fast schon entschuldigend stellte Hans-Ulrich Sckerl (Grüne) fest, dass die Grünen „überhaupt nicht“ von diesem Gesetzentwurf profitieren. Der Großteil der Landtagsstellen (2 x B4, 1 x B2, 3 x A16, 1 x A15, 4 x A14) kommt der AfD zugute, bei SPD und FDP erhalten die Fraktionsgeschäftsführer in neuer Funktion eine höhere Besoldung. Geschaffen werden ein leitender Parlamentsrat (B4) und ein Parlamentsrat (B2). Den neuen Staatssekretär im Innenministerium im Bereich des stellvertretenden Ministerpräsidenten erwähnte Sckerl eher beiläufig.
Für die CDU verwies Tobias Wald darauf, dass die Landtagsstellen keine zusätzlichen Kosten verursachen, da sie bereits im dritten Nachtragshaushalt etatisiert seien. Die B10-Stelle im Innenminister sei vergleichbar mit der des Chefs der Staatskanzlei.
Innenminister Thomas Strobl apostrophierte die Kritik der Opposition als „ziemlich dünne Geschichte“. In seinem Ministerium würde keine neue Abteilung geschaffen, der politische Beamte werde Aufgaben im Sicherheitsbereich (Polizei, Verfassungsschutz, Katastrophenschutz) und in der Migration übernehmen und ihn entlasten, wenn er Regierungschef Kretschmann in Berlin vertreten müsse. Auch die B10-Stelle sei schon etatisiert.

Quelle/Autor: Wolf Günthner

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