Debatten im Landtag vom 30. und 31. Januar 2019

Opposition übt Kritik am Qualitätskonzept für öffentliche Schulen

Stuttgart. Nach eineinhalb Jahren Beratung hat Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) das "Gesetz zur Umsetzung des Qualitätskonzepts für die öffentlichen Schulen in Baden-Württemberg" in den Landtag eingebracht. Vorgesehen ist darin die Einrichtung von zwei neuen Instituten. Aus Sicht der Ministerin soll eine "Kultur des Hinschauens auf allen Ebenen" entstehen, um den Unterricht zu verbessern. Denn die Entwicklung der vergangenen Jahre und […]

Stuttgart. Nach eineinhalb Jahren Beratung hat Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) das "Gesetz zur Umsetzung des Qualitätskonzepts für die öffentlichen Schulen in Baden-Württemberg" in den Landtag eingebracht. Vorgesehen ist darin die Einrichtung von zwei neuen Instituten. Aus Sicht der Ministerin soll eine "Kultur des Hinschauens auf allen Ebenen" entstehen, um den Unterricht zu verbessern. Denn die Entwicklung der vergangenen Jahre und die schlechter gewordenen Ergebnisse in Vergleichsstudien hätten belegt, dass "unser Frühwarnsystem versagt hat". Ursprünglich sollten die beiden Institute bereits gegründet sein. Jetzt wird der Startschuss im März erfolgen. 
Im Grundsatz will die Landesregierung erreichen, "die Leistungsfähigkeit und die Qualität des baden-württembergischen Bildungssystems zu verbessern", wie es im Gesetz heißt, "indem die Voraussetzungen geschaffen werden für ein an der Wissenschaft orientiertes, übersichtliches und auf Unterrichtsqualität ausgerichtetes Ausbildungs-, Fortbildungs- und Unterstützungssystem sowie ein Gesamtsystem des Bildungsmonitorings, das einer datengestützten Qualitätsentwicklung auf allen Ebenen des Bildungssystems dient". FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke hat genau dies in Abrede gestellt. In keinem Fall ersetze ein Qualitätskonzept entschiedenes bildungspolitisches Handeln im Interesse der Qualität. Und die beiden vorgesehenen Bildungsinstitute könnten "höchstens längerfristig Erfolge zeitigen".
Vor allem kritisierte Rülke, dass vieles noch nicht zu Ende gedacht sei. Dabei gelte gerade im Bildungswesen, dass wie in einem Räderwerk die Bewegung eines Rädchens die Bewegung zahlreicher anderer Rädchen nach sich zieht. Erneut kritisierte der promovierte Studienrat die "Privilegierung der Gemeinschaftsschule, wie sie die ehemalige grün-rote Landesregierung vorgenommen hat". Statt sie zu beseitigen, setze Grün-Schwarz mit den Gemeinschaftsschul-Oberstufen noch eins drauf und bringe noch mehr Unruhe ins System. Dabei seien die Schüler in ihren Leistungen bereits von Spitzen- auf hintere Plätze abgerutscht.

SPD: Schulen nicht ins Zentrum der Qualitätsentwicklung gestellt

Für die AfD bestritt der Bildungsexperte Rainer Balzer sogar ganz und gar "die These der besseren Lernerfolge bei inhomogenen Klassen, was jeder Erfahrung im Sport oder an guten Eliteschulen widerspricht". Alt-68er seien die ersten gewesen, die Wissen und Leistung unattraktiv empfanden und mit allerlei Kunstgriffen andere Kriterien eingeführt worden, weil angeblich die Wirtschaft sie braucht: "Soft Skills in den Unternehmen, Kompetenzen in den Schulen". Man habe es mit der Angst der linken Parteien – "dazu gehören auch anscheinend Teile der CDU" – vor der Meritokratie, der Leistungselite, zu tun. Der heute auch hier gern von manchem geäußerte Spruch: "Jeder muss mitgenommen werden", klinge "irgendwie wärmer – einfach menschlicher, einfach grüner, dabei  ist er doch eigentlich nur dümmlich und ungerecht".
Inhaltlich kritisierte Daniel Born (SPD) als "am Ärgerlichsten", dass Eisenmann nicht die Schulen nicht ins Zentrum der eigenen Qualitätsentwicklung gestellt habe. "Sie wollen einen Reformprozess und setzen die Schulen als möglichen Impulsgeber und als wichtigen Impulsgeber vor die Tür", sprach Born die Ministerin direkt an. Das passe zu ihren "Launen, Schulen gerne auch mal Schulen via Pressemitteilung wissen zulassen, ob Projekte eingestellt werden". Aber das Bildungsland Baden-Württemberg müsse sich nicht den Launen von Kultusministerin Eisenmann beugen, sondern "ein Chancenermöglicher für die Schülerinnen und Schüler, ein Partner für die Eltern und ein guter Arbeitgeber für die Lehrer sein".  

Zustimmung von Grünen und CDU

Sandra Boser (Grüne) stellte sich naturgemäß an die Seite der Ministerin. Sie erwartet, dass mit dem neuen "Zentrum für Schulqualität und Lehrerfortbildung" ein stärkerer Fokus auf die Lehreraus- und Fortbildung gelegt wird, um Lehrerinnen und Lehrer auf neue Herausforderungen gut vorzubereiten. Mit der Einführung des "Instituts für Bildungsanalysen" werde an die positive Entwicklung in Schleswig-Holstein angeknüpft. "Dieses Institut soll durch die systematische Aufarbeitung von meistens bereits vorhandenen Daten den Schulen in ihrer Entwicklung wichtige Hinweise geben", so die Bildungsexpertin weiter. Dabei sei es wichtig, dass nicht nur Daten ausgewertet werden, die sich aus Vergleichsarbeiten ergeben, sondern dass das sozioökonomische Umfeld ebenso Berücksichtigung findet. Ziel müsse sein, die eigenverantwortliche Entwicklung von Schulen zu stärken. Und Karl-Friedrich Röhm (CDU) versprach die Bildungschancen der Schüler auf lange Sicht steigern. "Wir denken nicht ideologiegetrieben in Schulstrukturen oder kurzsichtig in Sichtstrukturen des Unterrichts, sondern für uns stehen die Tiefenstrukturen des Unterrichts im Fokus", so Röhm, der selber Schulleiter war.

Quelle/Autor: Henkel-Waidhofer, Brigitte Johanna

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