Debatten im Landtag vom 19. und 20. Juni 2013

Parlamentarierer debattieren über Hochwasserschutz

Stuttgart. Als Folge des dritten so genannten Jahrhunderthochwassers innerhalb weniger Jahre und der gewaltigen Schäden hat Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) angekündigt, über die Möglichkeit einer Pflichtversicherung gegen Elementarschäden nachzudenken. Bei einer aktuellen Debatte zum Hochwasserschutz in Baden-Württemberg kündigte Untersteller zudem an, in der Novelle zum Wassergesetz, die sich derzeit in der Anhörungsphase befindet, wirksame Maßnahmen […]

Stuttgart. Als Folge des dritten so genannten Jahrhunderthochwassers innerhalb weniger Jahre und der gewaltigen Schäden hat Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) angekündigt, über die Möglichkeit einer Pflichtversicherung gegen Elementarschäden nachzudenken. Bei einer aktuellen Debatte zum Hochwasserschutz in Baden-Württemberg kündigte Untersteller zudem an, in der Novelle zum Wassergesetz, die sich derzeit in der Anhörungsphase befindet, wirksame Maßnahmen zum Hochwasserschutz zu verankern.
Zuvor hatte der Grünen-Abgeordnete Thomas Marwein festgestellt, dass Jahrhunderthochwasser zum Normalzustand würden. „Diese Koalition und diese Landesregierung nimmt die Herausforderung an, wir verwirklichen einen effektiven und dauerhaften Hochwasserschutz“, sagte Marwein. Dagegen hätten die Vorgängerregierungen zu wenig getan und die Ausgaben für den Hochwasserschutz viel zu gering angesetzt. „Erst bei einem erneuten Hochwasser gab es einen Schluck aus der Pulle“, so Marwein, „diese Versäumnisse müssen und werden wir ausbügeln.“ Als Maßnahmen nannte Marwein unter anderem die Ausweisung von potenziellen Überflutungsflächen, den Stopp der Flächenversiegelung, Renaturierung der Gewässer, Umsetzung von Gewässerentwicklungsplänen und den naturnahem Gewässerausbau. „Wir müssen Hochwasserrückhalteräume schaffen, denn Hochwasserschutz braucht Fläche und keine Bebauung in Flussnähe.“ Hochwasserschutz, so Marwein, müsse nachhaltig gedacht werden. Der Grünen-Abgeordnete lobte zudem die grün-rote Landesregierung, die Mittel dafür im Doppelhaushalt 2014/2014 gegenüber 2011 um 86 Prozent erhöht zu haben.

Jägel: Untersteller soll sich bei Bürgermeistern über Probleme informieren

Vom „Glück des Tüchtigen“, das Baden-Württemberg trotz aller Schäden und Opfer, die zu beklagen seien, gehabt habe, sprach der CDU-Abgeordnete Karl-Wolfgang Jägel. Er verwies darauf, dass die von den früheren CDU-geführten Landesregierungen ergriffenen Schutzmaßnahmen gegen Hochwasser gegriffen hätten. „Wir haben ein Hochwassermanagement, das bundesweit beispielhaft ist, wir haben eine Hochwasser-Vorhersagezentrale, die Gemeinden die Grundlage dafür bietet, mittel- und langfristige Maßnahmen ergreifen zu können.“ Es sei bereits viel getan worden, aber es müsse noch viel mehr getan werden. „Wir müssen Verständnis für diese Maßnahmen wecken, und wir brauchen auch Geld.“ Jägel sagte die Unterstützung der CDU für die Haushaltsmittel für den Hochwasserschutz zu. „Diese Mittel dürfen nicht gekürzt, sondern möglicherweise erhöht werden.“ Jägel nannte es kleinkariert, über 25 oder 48 Millionen Euro für Schutzmaßnahmen in Baden-Würtemberg zu reden. „Bayern hat 1,6 Milliarden Euro in den Hochwasserschutz gesteckt.“ Jägel forderte den Umweltminister dazu auf, sich vor Ort bei den Bürgermeistern über die Schwierigkeiten zu informieren, Ausgleichsflächen für Hochwasserschutz anzubieten. „Viele haben keine Flächen mehr für Hochwasserschutz. Wenn uns das alle angeht, müssen auch andere mit dabei sein,  Ausgleichsflächen zur Verfügung zu stellen.“
Gabi Rolland (SPD) forderte kommunale Entscheidungsträger dazu auf, weitere erforderliche Schutzmaßnahmen gegen Hochwasser schnell und beherzt auf den Weg zu bringen – trotz der vielen und langwierigen Diskussionen und Streitigkeiten vor Ort, die einzelne Maßnahmen oft auf lange Zeit verhinderten. „Wir sind noch mal glimpflich davon gekommen bei diesem Hochwasser“, sagte Rolland, „aber wir müssen nachlegen.“ So stünden etwa in Baden-Württemberg noch 500 Kilometer Dammsanierung an. „Von der Landesregierung erwarten wir, dass jetzt noch mehr Zug kommt in den Hochwasserschutz. Grimma und Deggendorf dürfen nicht in Baden-Württemberg stattfinden.“ Rolland forderte zudem alle Beteiligten auf, Lehren aus diesem Hochwasser 2013 zu ziehen; Deiche zu kontrollieren und vor allem auch die Gefahr durch kleinere Bäche und Flussläufe zu überprüfen. Die Voraussetzungen dafür seien durch die Mittelerhöhung im Haushalt auf rund 48 Millionen Euro für den Hochwasserschutz gegeben. „Hochwasserschutz und Naturschutz dürfen  nicht gegeneinander ausgespielt werden“, so Rolland.

Glück: Alle Fraktionen müssen beim Hochwasserschutz zusammenarbeiten

Als „ungeeignetes Mittel für politischen Streit“ bezeichnete der FDP-Abgeordnete Andreas Glück dagegen die Debatte zum Hochwasserschutz.  „Ich störe mich daran, dass der Eindruck entsteht, dass die jetzige Landesregierung den Hochwasserschutz erfunden hat“, so Glück. Ebenso wie die Redner aller Fraktionen und Umweltminister Untersteller dankte Glück allen Hilfsdiensten und Freiwilligen im Land, die dazu beigetragen hätten, die Schäden möglichst gering zu halten. Glück forderte alle Fraktionen dazu auf, beim Hochwasserschutz auch künftig zusammenzuarbeiten. „Gemeinsam heißt aber nicht, Sie bei allem zu unterstützen. Gemeinsam heißt gemeinsam.“
Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) verwies darauf, dass in Sachen Dämme ein erheblicher Sanierungsrückstau bestehe, den die alte Landesregierung hinterlassen habe. „Wir hatten nicht das Glück des Tüchtigen – wir hatten Glück“, sagte Untersteller. Laut einer KIT-Studie seien von den  1078 Kilometern an Deichen im Land über 500 Kilometer sanierungsbedürftig, was laut KIT rund 550 Millionen Euro kosten würde. „Man muss sich intensiver um den Hochwasserschutz kümmern, als Sie das getan haben“, sagte Untersteller in Richtung der Oppositionsbänke. Zudem verwies Untersteller auf die Bedeutung eines gut funktionierenden kommunalen Krisenmanagements. „Bürger und Kommunen sind zum Teil noch nicht richtig vorbereitet“. Weiter wies Untersteller auf den Zusammenhang mit dem Klimaschutz hin.  „Wir hatten das dritte Jahrhunderthochwasser innerhalb von wenigen Jahren. Der Klimawandel ist real. Hochwasserschutz und Klimaschutz sind zwei Seiten der gleichen Medaille“, so Untersteller.

Quelle/Autor: Ulrike Bäuerlein

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