Debatten im Landtag vom 6. und 7. November 2013

Realschulen: Grün-Rot sagt nein zu Bestandsgarantie

Stuttgart. Erneut forderte die CDU-Fraktion im Landtag die grün-rote Landesregierung dazu auf, den Realschulen im Land eine Bestandsgarantie zu geben. Ein entsprechender Beschlussantrag wurde von der Mehrheit der grün-roten Regierungsfraktionen abgelehnt. Die CDU-Fraktion im Landtag trommelt weiter für die Realschulen. Nachdem sie bereits im März eine Anfrage mit einer Forderung nach einer Bestandsgarantie für die […]

Stuttgart. Erneut forderte die CDU-Fraktion im Landtag die grün-rote Landesregierung dazu auf, den Realschulen im Land eine Bestandsgarantie zu geben. Ein entsprechender Beschlussantrag wurde von der Mehrheit der grün-roten Regierungsfraktionen abgelehnt.
Die CDU-Fraktion im Landtag trommelt weiter für die Realschulen. Nachdem sie bereits im März eine Anfrage mit einer Forderung nach einer Bestandsgarantie für die Realschulen in Baden-Württemberg an die Landesregierung gestellt hatte, verband sie die Aussprache im Parlament über die Antwort aus dem Kultusministerium jetzt mit einem Beschlussantrag: Die  Abgeordneten sollten die Landesregierung dazu auffordern, eine Bestandsgarantie abzugeben. Mit der Mehrheit der Regierungsfraktionen von Grünen und SPD wurde dieser Antrag zurückgewiesen.
Karl Traub hatte zuvor für die CDU die hervorragende Bildungsarbeit der Realschulen gewürdigt. „Wir fragen uns schlicht: Warum will der Kultusminister diese leistungsstarken Schulen künftig nicht mehr haben? Weshalb gibt es trotz großen Lobes für die Realschulen keine Bestandsgarantie? Wo bleibt die Realschule in dem angestrebten 2-Säulen-Modell der Landesregierung?“ fragte Traub.   Zudem werde diese Schulart bei der Ressourcenverteilung benachteiligt und den Gemeinschaftsschulen geopfert. „Sieben Monate nach Beantwortung unseres Antrages erwarten wir vom Kultusministerium mehr als nur den Hinweis auf den Dialog mit Schulträgern und Verbänden“, sagte Traub. „Wir fordern endlich eine Bestandsgarantie und ein klares Bekenntnis für diese Schulart.“  Die Realschulen stünden in der Mitte der Gesellschaft und böten das Ticket in ein erfolgreiches Berufsleben. Auch Timm Kern lobte für die FDP-Fraktion die Arbeit an den Realschulen. „Sie ist die Schule des sozialen Aufstieges schlechthin und die ideale Vorbereitung für das Berufsleben“, sagte Kern. Die Realschulen hätten mit der gewachsenen Heterogenität ihrer Schüler zudem mit am meisten die Folgen der „unüberlegt abgeschafften Grundschulempfehlung“ zu tragen, kritisierte Kern. Die FDP fordert, die Entscheidung über die Zukunft der einzelnen Schulen den Verantwortlichen vor Ort zu überlassen und nicht im Kultusministerium zu fällen. Die CDU-Fraktion forderte Kern dagegen auf, ihre Ablehnung des Zwei-Säulen-Modells der Landesregierung auch in die CDU-Landespartei hineinzutragen.

"Wo sind Ihre Antworten auf die Entwicklung der Schullandschaft?"

Auch Sandra Boser (Grüne) und Klaus Käppeler (SPD) lobten die Arbeit an den Realschulen. „Sie machen ein sehr gutes Angebot – in der jetzigen Struktur“, sagte Boser. Diese Struktur könne aufgrund der sinkenden Schülerzahlen aber nicht mehr aufrechterhalten werden. Mit der erstmaligen Einführung von Poolstunden und Kompetenzanalysen habe die grün-rote Landesregierung die Realschulen gestärkt, sagte Boser. „Aber wir brauchen für die Zukunft ehrliche Antworten statt einer Bestandsgarantie. Wir können keine Bestandsgarantie für alle Realschulen anbieten“, sagte Boser. Stattdessen müsse erreicht werden, dass in der Fläche alle Schulabschlüsse angeboten und erhalten bleiben. Klaus Käppeler warf der CDU-/FDP-Opposition vor, sich als Retter einer Schulart aufzuspielen, die niemand abschaffen wolle und die von niemandem in Frage gestellt werde. „Wo sind Ihre Forderungen nach einer Bestandsgarantie für die anderen Schularten? Wo sind Ihre Antworten auf die Entwicklung der Schullandschaft?“ fragte Käppeler. 
Kultus-Staatssekretärin Marion von Wartenberg (SPD) verteidigte dagegen die angestrebten Veränderungen im Schulsystem. „Wir müssen prüfen, ob unser Bildungssystem den Anforderungen der Zeit noch gerecht wird“, sagte sie Es werde an den Realschulen sehr gute Arbeit geleistet. „Aber die Realschulen können sich auch nicht auf ihren Erfolgen ausruhen, sondern müssen sich wie alle anderen Schulformen den veränderten Bedingungen stellen.“ Das Denken in verschiedenen Schularten, das noch in den Köpfen der Menschen verankert sei, so von Wartenberg, sei nicht mehr zeitgemäß. „Niemand kann davon reden, dass wir die Realschulen ausbluten wollen“, wehrte sie die Vorwürfe der Opposition ab und verwies auf die neuen Poolstunden zur individuellen Förderung der Schüler an den Realschulen. „Wir haben erstmals dafür gesorgt, dass die Realschulen besser ausgestattet werden und den gestiegenen Anforderungen Schritt für Schritt gerecht werden können.“

„Wer nichts verändern will, wird auch das verlieren, was er bewahren möchte“

Dennoch werde die Schülerzahl insgesamt weiter zurückgehen. „Das hat Folgen. Es ist nach außen hin nicht mehr darstellbar, jede Schule aufrechtzuerhalten.“ Daher verfolge die Landesregierung ein integratives Konzept. „So viele verschiedene Schulen sind gar nicht vorstellbar, um jedem Kind gerecht zu werden“, sagte von Wartenberg. „Daher muss die Differenzierung im Klassenzimmer erfolgen.“ Auch international, so die Staatssekretärin, setzten sich integrative Schulsysteme durch und seien in den Bildungsvergleichen der Länder Spitzenreiter. „Wer nichts verändern will, wird auch das verlieren, was er bewahren möchte“, zitierte von Wartenberg abschließend den früheren Bundespräsidenten Gustav Heinemann.

Quelle/Autor: Ulrike Bäuerlein

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6. und 7. November 2013