Debatten im Landtag vom 30. September und 1. Oktober 2015

Regierungsbefragung: Hoffnungen auf Chancengleichheitsgesetz

STUTTGART. Um das neue Chancengleichheitsgesetz der Landesregierung, den Umgang mit Migranten ohne Aufenthaltsgenehmigung, das geplante neue Großgefängnis des Landes in Rottweil sowie die Pläne zur Sanierung des Stuttgarter Opernhauses ging es im Landtag während der Regierungsbefragung am Mittwoch. Einen großen Schub für die Gleichstellung von Frauen im Beruf erhofft sich Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD), die […]

STUTTGART. Um das neue Chancengleichheitsgesetz der Landesregierung, den Umgang mit Migranten ohne Aufenthaltsgenehmigung, das geplante neue Großgefängnis des Landes in Rottweil sowie die Pläne zur Sanierung des Stuttgarter Opernhauses ging es im Landtag während der Regierungsbefragung am Mittwoch.
Einen großen Schub für die Gleichstellung von Frauen im Beruf erhofft sich Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD), die vom Parlament zum neuen Chancengleichstellungsgesetz des Landes befragt wurde. Der Entwurf wurde bereits vom Kabinett gebilligt. „Damit ist uns ein wichtiger Schritt gelungen“, sagt Altpeter, die zugleich vor allzu großen Erwartungen warnte: „Aber es ist noch keine Revolution ausgebrochen.“ Der Gesetzentwurf verpflichtet Kommunen mit mehr als 50 000 Einwohnern zur Beschäftigung eines hauptamtlichen Chancengleichheitsbeauftragten. Bislang stand es den Kommunen frei, Gleichstellungsbeauftrage zu bestellen. Mit den im Haushalt dafür bereitgestellten 4,1 Millionen Euro beteilige sich das Land an den Kosten für die Aufgaben der Chancengleichheitsbeauftragten, die über die innere Organisation der Kommune hinausgehen. „Ich gehe bei einer Beschäftigtenzahl von 300 von einer Teilung 50:50 aus“, sagte Altpeter auf entsprechende Fragen der Abgeordneten Charlotte Schneidewind-Hartnagel (Grüne) und Jutta Schiller (CDU). Zu der tariflichen Einstufung der Beauftragten sagte Altpeter:  „Ich gehe davon aus, dass sich das im Rahmen des alten BAT 4a/b bewegen wird.“
Auch bessere Bedingungen für die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf gehörten zu diesem Gesetz. Künftig, so Altpeter, müssten die Dienststellen geeignete Rahmenbedingungen dafür schaffen. „Dazu gehören entsprechende Arbeitszeitregelungen, ausdrücklich auch für Frauen in Führungspositionen“, sagte die SPD-Ministerin.  Die Zeiten, als dies nur ein Frauenthema gewesen sei, seien vorbei. „Wir stellen die Weichen dafür, dass Frauen und Männer diese Herausforderung bewältigen können.“ Dass sich die Mindestgröße der zu einem hauptamtlichen Chancengleichheitsbeauftragten verpflichteten Kommunen von den anfangs vom Sozialministerium geforderten 8000 Einwohnern auf die jetzt verankerten 50 000 erhöht hat, begründet Altpeter mit den Kosten. „Wir haben nur einen bestimmten Betrag zur Verfügung gehabt – mit dem mussten wir arbeiten“, sagte die Ministerin. Stehe mehr Geld zur Verfügung, kämen auch kleinere Kommunen infrage.

Zahl der Migranten ohne Aufenthaltsbewilligung

Wie es um die Abschiebepraxis bezüglich der in Baden-Württemberg ohne Aufenthaltsbewilligung lebenden Migranten bestellt sei, wollte der FDP-Abgeordnete Andreas Glück anschließend von Innenminister Reinhold Gall (SPD) wissen; Thomas Blenke, innenpolitischer Sprecher der CDU, fragte nach der genauen Zahl der geduldeten Fälle. Anlass war Kritik der EU an Deutschland, zu zögerlich bei der Abschiebung vorzugehen. Gall bat um Verständnis dafür, keine aktuellen Zahlen nennen zu können. „Diese Zahl verändert sich ständig“, sagte Gall. Neben humanitären Gründen und Einzelfallentscheidungen könnten unter anderem auch ständige Änderungen im Bleiberecht dazu führen, dass eine Abschiebung nicht vollzogen werde. Im Jahr 2012 etwa seien um Land rund 12000 Menschen ausreisepflichtig gewesen – die Zahl dürfte nach Galls Schätzungen mittlerweile deutlich höher liegen. Einen weiteren Hinderungsgrund stelle zudem die Personalsituation dar: Im zuständigen Regierungspräsidium Karlsruhe seien zwar 30 neue Stellen für diesen Bereich geschaffen worden. „Aber wir haben erhebliche Probleme, sie  auch zu besetzen“, so Gall. „Aber ich gebe Ihnen die Botschaft: Wir setzen das um, was wir mit den Mitteln, die wir haben, auch machen können.“
Zum Stand der Planungen beim Bau des neuen Großgefängnisses des Landes in Rottweil gab Justizminister Rainer Stickelberger  (SPD) dem Parlament Auskunft. Die eigentliche Projektarbeit beginne erst jetzt, so der Justizminister, nachdem die Bürger von Rottweil dem geplanten Bau und dem Standort der neuen Justizvollzugsanstalt (JVA) vergangene Woche bei einem Bürgerentscheid mit großer Mehrheit zugestimmt hatten und damit das erste Ziel des Landes erreicht worden sei. Zuvor hatte sich bereits der Gemeinderat von Rottweil für den Bau an diesem Standort ausgesprochen. Stickelberger rechnet mit einem Bezug des Neubaus in vier bis fünf Jahren. Zunächst werde ein Architektenwettbewerb ausgeschrieben, von dem sich das Land Erkenntnisse darüber erhofft, wie sich die JVA verträglich in die Landschaft einbetten lasse. „Die Bürger von Rottweil werden weiter eingebunden“, versprach der Justizminister. Das Land sei auch bisher schon vor Ort sehr präsent gewesen, dadurch sei es gelungen, viele Missverständnisse auszuräumen und Werbung zu machen für einen modernen Strafvollzug.

Staatstheater-Sanierung beschäftigt Verwaltungsrat

Zum Schluss der Regierungsbefragung erkundigte sich der CDU-Abgeordnete Reinhard Löffler nach dem aktuellen Stand in Sachen Sanierungspläne für die Stuttgarter Oper und bemängelte den spärlichen Informationsfluss in dieser Sache. Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) konnte ihm allerdings keine befriedigende Auskunft erteilen. „Das ist eine hochkomplexe Angelegenheit“, sagte Bauer, „zu der es bereits einige Gesprächsrunden des Verwaltungsrats gegeben hat.“ Allerdings sei bis auf die Festlegung, dass eine grundlegende Sanierung und Modernisierung des schwer in die Jahre gekommenen Staatstheaters nötig sei, noch keinerlei Entscheidung getroffen worden. Die Frage der Interimsspielstätte gehöre zu den komplizierten Fragen, so Bauer. „Die Linien sind gelegt, es müssen verschiedene Lösungen geprüft werden.“ Zu den Kosten sagte Bauer: „Wir können derzeit nicht ernsthaft über irgendwelche Euro-Beträge reden.“

Quelle/Autor: Ulrike Bäuerlein

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