Debatten im Landtag vom 24. und 25. Juni 2020

Turbulente Debatte zu Krawallen in Stuttgart

STUTTGART. Am Mittwoch haben die Landtagsabgeordneten über die Krawalle in Stuttgart diskutiert. Beantragt wurde die Debatte „Gewaltexzesse in Stuttgart – Solidarität mit unserer Polizei“ von der SPD-Fraktion. Man stehe zur Polizei, sagte deren Vorsitzender Andreas Stoch (SPD). „Es ist richtig, dass wir uns sofort mit den schlimmen Ereignissen vom Wochenende beschäftigen“, sagte der stellvertretende Vorsitzende […]

STUTTGART. Am Mittwoch haben die Landtagsabgeordneten über die Krawalle in Stuttgart diskutiert. Beantragt wurde die Debatte „Gewaltexzesse in Stuttgart – Solidarität mit unserer Polizei“ von der SPD-Fraktion. Man stehe zur Polizei, sagte deren Vorsitzender Andreas Stoch (SPD).
„Es ist richtig, dass wir uns sofort mit den schlimmen Ereignissen vom Wochenende beschäftigen“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der CDU-Fraktion, Thomas Blenke. Allerdings sei der Appell im Titel der Debatte bei der CDU nicht erforderlich. Er richtet sich wohl eher an das Willy-Brandt-Haus in Berlin. Dennoch, sagt Blenke an Stoch gerichtet, sei man sich im Großen und Ganzen in der Sache einig. Schnelle Strafen nach den Taten, das sei die einzige Sprache, die diese Leute verstehen. „Es muss nun gründlich ermittelt werden, was am vergangenen Wochenende in Stuttgart passiert ist; ich vertraue den Ermittlern der Stuttgarter Polizei“, so Blenke.

Strobl zu Fiechnters Verhalten "Schande für das Parlament"

Darüber waren sich die Abgeordneten weitgehend einig. Auch darüber, dass man hinter den Polizisten im Land stehe. Darüber, welchem Spektrum die Täter überwiegend zuzuordnen sind, herrschte allerdings Uneinigkeit. Immer wieder kam es zu heftigen Schlagabtäuschen, vor allem mit Abgeordneten der AfD-Fraktion und ehemaligen AfDlern, die im Sitzungsausschluss von Heinrich Fiechtner (fraktionslos) gipfelte. Innenminister Thomas Strobl (CDU) bezeichnete Fiechtners Verhalten als „Schande für das Parlament“. Und vor allem sei es eine Missachtung gegenüber der Polizei, wenn man sich „als gesunder Mensch aus dem Parlament heraustragen“ lasse. 
Als Stoch den Polizisten in Stuttgart – die er am Tag zuvor besucht hat, dankte und sie dafür lobte, mit ihrem besonnenen Einsatz in dieser gefährlichen Situation Schlimmeres verhindert zu haben, rief Stefan Räpple (AfD) mehrmals dazwischen. „Halten Sie doch endlich Ihren Schnabel“, rief Stoch, der kurz mit der Fassung zu ringen hatte. Schließlich sei es die AfD, die jeden Tag den Staat und auch die Polizei verächtlich mache.

Rülke: "Schwerverbrecher, keine Partyszene"

„Wir stehen zu unserer Polizei“, sagte Stoch weiter. Damit meine er nicht nur Landtagsabgeordnete, sondern die überwältigende Mehrheit der Menschen in Baden-Württemberg. Nicht nur die Polizei müsse die Bürger schützen, sondern „unsere Gesellschaft muss auch die Polizei schützen“. Er sprach von einem Angriff „auf uns alle“.
Der Vorsitzende der Grünen-Fraktion, Andreas Schwarz, zeigte sich entsetzt darüber, was sich am Wochenende ereignet hat. Es seien schwere Straftaten verübt worden. Es brauche nun ein klares Signal an die Täter: „Das, was ihr gemacht habt, dulden wir nicht.“ Idiotische und blinde Zerstörungswut – das sei „nicht unser Stuttgart“. Und doch, so Schwarz: „Diese Ausschreitungen gehen uns alle an.“ Es gehe um die Sicherheit im öffentlichen Raum. Dieser dürfe nicht zum Angstraum werden. Garant dafür sei die Polizei, die ein klares Gewaltmonopol habe. Dafür habe sie die „volle Unterstützung“.
Bernd Gögel, Fraktionsvorsitzender der AfD, sprach von Bürgerkriegszuständen. Die Landesregierung sei dringend aufgefordert, den Respekt der Bürger in Uniform wiederherzustellen und schnellstmöglich weitere Festnahmen durchzuführen und nicht Integrationswillige abzuschieben.
„Das was da in Stuttgart passiert ist, verurteilen wir aufs Schärfste“, sagte Hans-Ulrich Rülke, Fraktionsvorsitzender der FDP. „Der Rechtsstaat muss seine ganze Stärke zeigen.“ Für ihn scheinen die Krawalle nicht aus dem Nichts gekommen zu sein. Er verweist auf die Übergriffe auf Polizisten am Rande einer „Black lives matters“-Demo vor zwei Wochen in Stuttgart. Laut Rülke handle es sich dabei um kriminelle Schwerverbrecher, keine Party-Gänger. Die Angriffe auf die Polizei seien gezielt gewesen, nicht nur blinde Aggression. Monokausale Erklärungen funktionieren nicht. An Gögel gerichtet sagte er: Das Problem kann nicht auf ein Flüchtlingsproblem reduziert werden

Laut Strobl ind Bodycams bei Ermittlungen wichtig

Innenminister Strobl will den Worten Taten folgen lassen. Die Krawalle werde man „mit der vollen Härte des Rechtsstaats beantworten“. An die Täter gerichtet sagte er: „Wir arbeiten unter Hochdruck, wir werden euch finden, wir werden euch aufspüren und ihr werdet einer gerechten Strafe zugeführt.“ Einige Tatverdächtige sind bereits festgenommen. „Sonntag Radau, Montag Bau“, begrüße er als Innenminister. „Ich hoffe, dass die Strafe für diese schrecklichen Taten auch auf dem Fuße folgt und die Straftätet zur Rechenschaft gezogen werden.“

Mehr aus dem Landtag vom 24. und 25. Juni 2020

Wichtig ist Strobl, dass die Polizei ausreichend Personal hat. Er verwies auf die Einstellungsoffensive und dankte dem Landtag, dass diese ermöglicht wurde. Wichtig sei ihm auch, dass die Landespolizei die am besten ausgerüstete der Bundesrepublik, am liebsten der ganzen Welt, werde. Wer immer noch an einer guten Schutzausrüstung zweifle, mit dem schaue er sich gerne die Videos vom der Nacht noch einmal an. Auch Bodycams sollen flächendecken im Streifendienst verfügbar sein.
Die Aufnahmen der Bodycams seien für die Ermittlungen wichtig. Eine 75-köpfige Ermittlungsgruppe werte sie derzeit gemeinsam mit dem Landeskriminalamt aus. Für die Bodycam brauche es eine verlässliche Rechtslage, da sieht Strobl noch verbesserungsbedarf. Darüber habe man bereits im Ministerrat gesprochen, Strobl geht davon aus, dass ein entsprechendes Gesetz noch vor der Sommerpause beraten wird.

Quelle/Autor: Jennifer Reich

Nutzen Sie die Vorteile unseres

Premium-Abos. Lesen Sie alle Artikel aus Print und Online für

0 € 4 Wochen / danach 167,00 € jährlich Nachrichten aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung in Baden-Württemberg Jetzt abonnieren

Lesermeinungen

Bitte loggen Sie sich ein, um zu kommentieren.

24. und 25. Juni 2020