Debatten im Landtag vom 16. und 17. Oktober 2019

Viel Lob für den Petitionsausschuss

STUTTGART. Die scheidende Vorsitzende des Petitionsausschusses im Landtag, Beate Böhlen (Grüne), hat ihren letzten parlamentarischen Auftritt mit einem „persönlichen Anliegen“ verbunden. „Mir geht es darum, ausreisepflichtige Ausländer zur freiwilligen Ausreise mit Rückkehroption zu beraten“, so die bisherige Baden-Badener Abgeordnete. Es gehe darum, „dass das Innenministerium dies auch noch einmal an die unteren Ausländerbehörden weitergibt, damit Polizistinnen […]

STUTTGART. Die scheidende Vorsitzende des Petitionsausschusses im Landtag, Beate Böhlen (Grüne), hat ihren letzten parlamentarischen Auftritt mit einem „persönlichen Anliegen“ verbunden. „Mir geht es darum, ausreisepflichtige Ausländer zur freiwilligen Ausreise mit Rückkehroption zu beraten“, so die bisherige Baden-Badener Abgeordnete.
Es gehe darum, „dass das Innenministerium dies auch noch einmal an die unteren Ausländerbehörden weitergibt, damit Polizistinnen und Polizisten Familien nicht am frühen Morgen aus dem Bett holen müssen, damit Schülerinnen und Schüler nicht aus den Schulen geholt werden müssen“, sagte Beate Böhlen. Weil nicht sein könne, „dass wir mit einer nicht vollständigen Beratung dazu kommen, dass Beamtinnen und Beamte unzumutbaren Situationen ausgesetzt sind und Familien mit Kindern Traumata beschert werden“. Genau hier gebe es „Handlungsbedarf, genau hier sollten wir ansetzen“.
Böhlen erinnerte daran, dass der Petitionsausschuss Verfassungsrang habe, „gebildet für jedermann, ohne hohe Zugangs-, Form- und Verfahrenshindernisse, und wir können stolz sein, dass wir dieses in der Verfassung verbriefte Recht haben“. Aus den Erfahrungen des nationalsozialistischen Verbrechensstaates seien Lehren gezogen worden, die weiterhin hochgehalten werden müssten. Gerichte prüften „nicht den Ermessensspielraum einer Behörde, Gerichte prüfen, ob Recht richtig angewandt wurde“. Deshalb sei es umso wichtiger, dass die Petitionsausschüsse und das Ombudswesen auf diese Ermessensspielräume aufmerksam machten und „auch abweichend von einem Gerichtsurteil eine andere Entscheidung getroffen werden kann“. Die Grüne, die das Gremium seit 2011 leitete, sagte ein „herzliches Aufwiedersehen“. Als Bürgerbeauftragte des Landes Baden-Württemberg werde sie aber „ab und an ja auch noch da sein“.

Dank an Böhlen für überparteiliche Zusammenarbeit

Die Redner aller Fraktionen bedankten sich bei Böhlen. Für die CDU lobte Karl Zimmermann die überparteiliche Zusammenarbeit. Zugleich machte er aber auch deutlich, dass er „über die Jahre hinweg, global betrachtet“, zu der Überzeugung gekommen sei, „viele Petitionen konnten verhindert werden, indem allein der Abgeordnete im Landratsamt angerufen hat, mit der Staatsanwaltschaft oder mit dem Ausländeramt gesprochen hat“.
Von Petitionen als „dem kurzen Draht zum Parlament“ sprach Georg Nelius (SPD). Gerade das Maß der Sorgfalt, mit dem Verwaltung und Parlament das Petitionswesen behandeln, zeichne den Rechtsstaat als besonders solide und seinem eigenen Anspruch gemäß aus. Dies sei „geeignet, das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Rechtsstaat zu festigen", wenn das gelinge, habe der Ausschuss seine Existenz bereits gerechtfertigt.

1121 Petitionen im vergangenen Jahr bearbeitet

Für die FDP-Fraktion nannte ihr Obmann Jürgen Keck Zahlen: Im Jahr 2016 wurden 1040 Petitionen bearbeitet, 2017 waren es schon 1113 und im Vorjahr 1121 Eingaben. Für viele Menschen scheine der Ausschuss folglich eine wichtige Anlaufstelle und die Möglichkeit der Beteiligung zu sein, so Keck weiter. Im Durchschnitt habe sich jedes Ausschussmitglied jährlich mit rund 40 Petitionen persönlich befasst. Daniel Rottmann (AfD) lobte den Petitionsausschuss als wichtiges Instrument für Bürgernähe.
Für die Landesregierung dankte auch der Staatssekretär im Innenministerium, Wilfried Klenk (CDU), der langjährigen Vorsitzenden. „Das Petitionsrecht macht unsere Parlamente ein großes Stück greifbar und zugleich auch volksnah“, erläuterte Klenk, „und ist die Möglichkeit eines jeden Bürgers, sich an das Parlament zu wenden in einer Sache, in der er Unrecht empfindet oder seine persönliche Situation nicht ausreichend gewürdigt sieht.“ Gerade mit der Online-Petition sei der Zugang deutlich vereinfacht worden, und oftmals gehe es für Petenten um die letzte Hoffnung in einer vielleicht verzweifelten Lage. Auch deshalb sei das Instrument so wichtig, den „es zeigt, dass sich die Exekutive bei allen Entscheidungen immer auch hinterfragen lassen muss, und es zeigt, dass keine Behörde für sich in Anspruch nehmen darf, unanfechtbar zu sein“.

Quelle/Autor: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer

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16. und 17. Oktober 2019