EuGH – Direktvergabe von Verkehrsleistungen

Das OLG Düsseldorf hat verschiedene Fragen zur Zulässigkeit der Direktvergabe von Verkehrsleistungen dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt. Über die Schlussanträge des Generalanwaltes hatten wir mit Beitrag vom 2. Oktober 2018 bereits berichtet. Der EuGH hat nun mit Urteil vom 21. März 2019 (C-266/17 und C-267/17) die lang umstrittene Frage der Anwendbarkeit der VO 1370/2007 einer […]

Das OLG Düsseldorf hat verschiedene Fragen zur Zulässigkeit der Direktvergabe von Verkehrsleistungen dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt. Über die Schlussanträge des Generalanwaltes hatten wir mit Beitrag vom 2. Oktober 2018 bereits berichtet.

Der EuGH hat nun mit Urteil vom 21. März 2019 (C-266/17 und C-267/17) die lang umstrittene Frage der Anwendbarkeit der VO 1370/2007 einer Klärung zugeführt.

Nach dem EuGH-Urteil ist „Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1370/2007 auf die Direktvergabe von Verträgen über öffentliche Personenverkehrsdiensten mit Bussen, die nicht die Form von Dienstleistungskonzessionen (…) annehmen, nicht anwendbar“.

In der Praxis bedeutet dies, dass bei einer beabsichtigten Vergabe von Bus- und insofern gleichzustellenden Straßenbahnverkehren an ein kommunales Verkehrsunternehmen zunächst zu differenzieren ist, ob eine Dienstleistungskonzession oder ein Dienstleistungsauftrag vergeben werden soll. Für die Abgrenzung ist entscheidend, ob ein wesentlicher Teil des Risikos, den Unwägbarkeiten des Marktes ausgesetzt zu sein, getragen wird.

Wird der Verkehrsvertrag als Nettovertrag (Fahrgeldeinnahmen stehen dem Verkehrsunternehmen zu) ausgestaltet und trägt das Verkehrsunternehmen das überwiegende Einnahmenrisiko, ist die VO 1370/2007 anwendbar. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass bei einer mittelbaren oder unmittelbaren Verlustübernahme durch den kommunalen Anteilseigner, beispielsweise durch einen steuerlichen Querverbund, die Annahme einer Dienstleistungskonzession teilweise als kritisch betrachtet wird.

Bei Vorliegen eines Bruttovertrages (Fahrgeldeinnahmen stehen dem Aufgabenträger zu) sind die Vorgaben des allgemeinen Vergaberechts und damit auch der Inhouse-Vergabe maßgeblich.

In weiterer Folge ergeben sich durch die Anwendung des einen oder anderen Vergaberechtsregimes durchaus große Unterschiede.

Bei einer Direktvergabe auf Basis der VO 1370/2007 darf das kommunale Verkehrsunternehmen Verkehrsleistungen nur innerhalb des Gebiets der zuständigen Behörde erbringen (Gebietskriterium) und muss den „überwiegenden Teil“ der Verkehrsleistungen selbst erbringen. Das Tätigkeitsgebiet des Verkehrsunternehmens kann durch Bildung einer Behördengruppe erweitert werden – wobei es bei einer Behördengruppe grundsätzlich ausreichend ist, wenn wenigstens ein Gruppenmitglied das Verkehrsunternehmen kontrolliert. Die Beteiligung Privater am kommunalen Verkehrsunternehmen ist nach der VO 1370/2007 möglich.

Im Rahmen der Inhouse-Vergabe nach allgemeinem Vergaberecht müssen mehr als 80% der Tätigkeiten des kommunalen Verkehrsunternehmens der Ausführung von Aufgaben dienen, mit denen es betraut wurde. Das Gebietskriterium ist nicht zu beachten. Auch muss das Verkehrsunternehmen lediglich einen „bedeutenden Teil“ der Verkehrsleistungen selbst erbringen.

Letztlich ist daher zu empfehlen, bei einer beabsichtigten ÖPNV-Vergabe zukünftig noch genauer zu prüfen, welches Vergaberechtsregime tatsächlich anwendbar ist und welche Vor- und Nachteile dieses im jeweiligen Einzelfall mit sich bringt.

 

Über den Autor:

Regina Dembach, Europajuristin (Univ. Würzburg) ist Rechtsanwältin bei der EY Law GmbH an den Standorten Eschborn sowie Mannheim. Frau Dembach berät öffentliche Auftraggeber und Unternehmen im Bereich des öffentlichen Wirtschaftsrechts. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Vergaberecht und Beihilfenrecht sowie im ÖPNV-Sektor.

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Quelle/Autor: Regina Dembach