Mindestpunktzahl bei Vergaben

Für öffentliche Auftraggeber kann es in offenen Vergabeverfahren zur Sicherung eines bestimmten Qualitätsniveaus durchaus sinnvoll sein, Angebote auszuschließen, die bei der technischen Bewertung eine vorab festgelegte Mindestpunktzahl nicht erreichen. Der EuGH hat dieses Vorgehen mit Urteil vom 20.09.2018 (Rs. C-546/16) nun bestätigt. Danach dürfen öffentliche Auftraggeber in den Vergabebedingungen eines offenen Ausschreibungsverfahrens Mindestanforderungen hinsichtlich der […]

Für öffentliche Auftraggeber kann es in offenen Vergabeverfahren zur Sicherung eines bestimmten Qualitätsniveaus durchaus sinnvoll sein, Angebote auszuschließen, die bei der technischen Bewertung eine vorab festgelegte Mindestpunktzahl nicht erreichen.

Der EuGH hat dieses Vorgehen mit Urteil vom 20.09.2018 (Rs. C-546/16) nun bestätigt. Danach dürfen öffentliche Auftraggeber in den Vergabebedingungen eines offenen Ausschreibungsverfahrens Mindestanforderungen hinsichtlich der technischen Bewertung festlegen, die die abgegebenen Angebote erfüllen müssen.

Erreichen Angebote die technische Mindestpunktzahl nicht, darf der öffentliche Auftraggeber diese Angebote von der weiteren Wertung, die sowohl auf technischen als auch auf preislichen Kriterien beruht, ausschließen. Dies gilt unabhängig davon, wie viele Bieter noch im Verfahren verbleiben.

Begründet hat der EuGH dies damit, dass es die Vergabestelle nach der Richtlinie 2014/24/EU grundsätzlich freistehe, gemäß ihren Bedürfnissen die technische Qualität zu bestimmen und eine Untergrenze festzulegen, die die Angebote in technischer Hinsicht einhalten müssen. Art. 27 der Richtlinie enthalte, mit Ausnahme der Regelung über die Mindestfrist für den Eingang der Angebote, keine Vorgaben über den Ablauf des offenen Verfahrens. Der 90. Erwägungsgrund der Richtlinie weise zudem darauf hin, dass öffentliche Auftraggeber angemessene Qualitätsstandards in Form von technischen Spezifikationen oder von Bedingungen für die Auftragsdurchführung festlegen können.

Ein Angebot, das eine festgelegte Mindestpunktzahl nicht erreicht, entspreche grundsätzlich nicht den Bedürfnissen des öffentlichen Auftraggebers und brauche daher bei der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots nicht berücksichtigt zu werden. Der öffentliche Auftraggeber müsse in diesem Fall auch nicht bestimmen, ob der Preis eines solchen Angebots unter den Preisen der nicht ausgeschlossenen Angebote liegt. Das in Art. 66 der Richtlinie verortete Erfordernis, wonach bis zur Schlussphase des Verfahrens ein echter Wettbewerb zu gewährleisten ist, betreffe das offene Verfahren nicht, so dass unerheblich ist, wie viele Bieter im Verfahren verbleiben.

Für öffentliche Auftraggeber schafft diese Entscheidung des EuGH mehr Rechtssicherheit. Dennoch sollte auch die Verwendung einer Mindestpunktzahl vor dem Hintergrund der allgemeinen Vergabegrundsätze erfolgen. Die Mindestpunktzahl darf nicht von Vornherein so ausgestaltet werden, dass faktisch nur ein Unternehmen diese erreichen kann. Zudem sollte der öffentliche Auftraggeber seine Erwägungen hinreichend dokumentieren.

Über den Autor:

Regina Dembach, Europajuristin (Univ. Würzburg) ist Rechtsanwältin bei der EY Law GmbH an den Standorten Eschborn sowie Mannheim. Frau Dembach berät öffentliche Auftraggeber und Unternehmen im Bereich des öffentlichen Wirtschaftsrechts. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Vergaberecht und Beihilfenrecht sowie im ÖPNV-Sektor.

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Quelle/Autor: Regina Dembach