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Bürgermeister im Porträt

Reinhold Sczuka: Der Marathon-Mann aus Althütte

Reinhold Sczuka war mal der jüngste Schultes im Land. Jetzt wurde er zum fünften Mal gewählt und ist einer der dienstältesten Bürgermeister Baden-Württembergs. Sczuka ist ein wahrer Marathon-Mann. Nicht nur mit Blick auf die vielen Amtszeiten.
Mann bindet Schnürsenkel vor Schild "Rathaus Althütte" mit Wappen.

Althüttes Bürgermeister Reinhold Szcuka macht täglich Ausdauersport.

Martin Tschepe)

Althütte. Eigentlich wollte Reinhold Sczuka damals in Stuttgart-Freiberg Pfarrer werden. Katholischer Pfarrer. Er engagiert sich in der Kirche, ist Ministrant. Logisch, dass sich der Bub Mitte der 1970er-Jahre vorstellt, Gottesmann – das wäre womöglich später mal ein cooler Job für ihn. Als Teenager wird ihm dann indes ziemlich schnell klar: „Katholischer Pfarrer – das ist uninteressant, wegen der Mädchen.“ Mit diesen Worten und einem Grinsen im Gesicht erzählt der Bürgermeister der Gemeinde Althütte (Rems-Murr-Kreis) an einem strahlend schönen Sommertag von seinem allerersten Berufswunsch. Denn der Sohn eines Postbeamten und einer Hausfrau will später mal heiraten.

Reinhold Sczuka macht im Jahr 1986 in Stuttgart sein Abitur. Mit den Leistungskursen Mathe und Chemie. Er spielt aber nicht mit dem naheliegenden Gedanken, Ingenieur zu werden. Er will vielleicht Sozialpädagogik studieren. Zunächst muss Sczuka indes zur Bundeswehr, er wird Gebirgsjäger in Landsberg am Lech. Während seines Wehrdienstes habe er sich dann ernsthaft Gedanken gemacht über seine berufliche Zukunft, sagt der Christdemokrat.

Aus dem zwischenzeitlich favorisierten Jura-Studium wird auch nichts, weil die Eltern ihm und seinen drei älteren Geschwistern kaum einen jahrelangen Aufenthalt an einer Universität finanzieren konnten. Der junge Mann entscheidet sich für die Ausbildung im gehobenen nichttechnischen Dienst an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Ludwigsburg. Denn während dieses Studiums wird er bezahlt und, so seine Überlegung 1987, „ist ja ein bisschen wie Jura“.

1991 hat Reinhold Sczuka sein Diplom als Verwaltungswirt in der Tasche – und er wird stellvertretender Hauptamtsleiter der Remstal-Gemeinde Winterbach. Sein damaliger Chef, der Winterbacher Rathauschef Hans Heinz, ist zugleich CDU-Landtagsabgeordneter. Dieser Mann imponiert ihm. Bis dato ist Bürgermeister-Werden in Sczukas Gedankenwelt allenfalls eine vage Option gewesen für später mal. Schon nach ein paar Monaten im Rathaus Winterbach allerdings steht für ihn fest: „Ich will Bürgermeister werden!“

Früher hat er geboxt und gekickt, heute läuft er täglich

Walter Sipple, damaliger Schultes von Althütte, hört auf. Als Sczuka das mitbekommt, ist sein Interesse geweckt. Er besucht das Nest im Schwäbischen Wald, ist angetan – denn die Strukturdaten hätten gestimmt: genügend Kindergartenplätze, kein Investitionsstau. Also wirft der Mann aus dem Remstal seinen Hut in den Ring – er hat mehrere Gegenkandidaten, gewinnt in der zweiten Runde den Urnengang. Reinhold Sczuka, damals 26 Jahre, ist der jüngste Schultes im ganzen Land.

Ende Juni 2025. Sczuka, 58 Jahre, wird zum fünften Mal in Althütte ins Amt gewählt – nun ist der Verwaltungsprofi einer der dienstältesten Bürgermeister in Baden-Württemberg. Er hätte nach 32 Jahren im Amt in den Ruhestand gehen können – mit den vollen Pensionsbezügen. Warum macht dieser Mann das nicht? Weshalb arbeitet Reinhold Sczuka immer weiter, obwohl er nicht mehr müsste? Weil der Job nach wie vor großen Spaß macht, sagt der Bürgermeister und schaut dabei sehr zufrieden aus. Und weil er als Politiker mit gutem Beispiel vorangehen wolle.

Es sei nicht redlich Land auf, Land ab gebetsmühlenartig den Menschen zu erzählen, dass alle, die noch können, länger arbeiten müssten – und dann selbst nicht mitzuziehen. Neulich habe ein Bürger ihn gefragt, ob diese Amtsperiode, die fünfte, denn seine letzte sei. „Weiß ich noch nicht“, hat der erste Mann im Rathaus geantwortet und mit einem Augenzwinkern ergänzt: „Ich hab doch erst Halbzeit.“ Abwarten.

„Gibt‘s keine Alternative zum täglichen Pillenschlucken?

Reinhold Sczuka ist ein wahrer Marathon-Mann. Nicht nur mit Blick auf die vielen Amtszeiten. Der Vater von zwei längst erwachsenen Kindern ist auch sportlich mit großer Ausdauer unterwegs. Früher hat er geboxt und gekickt. Seit vielen Jahren geht er joggen, täglich. Er ist in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten bei ungezählten Rennen und Volksläufen gestartet. Und das kam so: Bei einem Arztbesuch wurde ihm mitgeteilt, dass er wegen zu hoher Blutzucker-Werte Medikamente nehmen müsse. Erblich bedingt, nur die Ernährung umstellen, das reiche nicht.

„Gibt‘s keine Alternative zum täglichen Pillenschlucken?“ Das wollte er vom Mediziner wissen. „Doch: täglich Ausdauersport“, war die Antwort. Seither rennt der Bürgermeister. Tagtäglich, auch sonntags. Fast immer über Mittag. Ein großer Vorteil seines Jobs und des Wohnorts: er sei sein „eigener Chef“, könne sich die Arbeitszeit weitgehend selbst einteilen – und Althütte liegt idyllisch mitten im Wald. Ideale Bedingungen.

32 Jahre Bürgermeister von Althütte – und weitere (mindestens) acht Jahre auf diesem Posten. Wird das nie langweilig? Nein, sagt Sczuka. Wollte er sich nie einer neuen Herausforderung stellen? Doch, sagt Sczuka. Der Bürgermeister mit CDU-Parteibuch wäre gerne Landrat des Rems-Murr-Kreises geworden. Damals war er noch Vorsitzender der Christdemokraten im Kreistag. Ihm sei aber schnell klar geworden, dass selbst die eigenen Leute nicht alle mitziehen wollten.

Bei vier Wahlen hatte er keinen Gegenkandidaten

Heute sagt Sczuka sinngemäß: Alles gut so, der damals gewählte Landrat Richard Sigel, der nach wie vor im Amt ist, sei ein Glücksfall für den Landkreis. Auch aus seinem Vorhaben, für die CDU im Landtags-Wahlkreis Backnang anzutreten, wurde nichts. Andere Posten seien für ihn nie in Frage gekommen – denn ein Umzug weg von Althütte sei tabu. Und ein kompletter Abschied aus der Politik sei auch keine Option.

Bei den vergangenen vier Wahlen hatte er keinen Gegenkandidaten. Er wurde immer mit 95 plus x Prozent wiedergewählt. Anfragen aus anderen Gemeinden und Städten als Bürgermeister zu kandidieren habe er stets abgelehnt.

Also nochmal acht Jahre Althütte. Ideen für neue Projekte gehen dem Mann, der seit 1992 mit Bettina Sczuka verheiratet ist, ganz offenkundig nicht aus. Kein Wunder, bei den vielen zusätzlichen Ämtern und Posten, die er bekleidet. Nur ein paar, wenige Beispiele: Mitglied des Kreistags, Aufsichtsrat bei der Volksbank, Vorsitzender des Bürgermeister-Sprengels des Altkreises Backnang, Mitglied des Landesvorstands des Gemeindetags, Präsident des Sportkreises Rems-Murr, stellvertretender Vorsitzender der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald Baden-Württemberg, Dozent an der Volkshochschule Backnang, Vorsitzender des Verwaltungsrats des Vereins Kinder- und Jugendhilfe. Mit Blick in Richtung Zukunft, sagt er aber auch: Für kleinere Gemeinden wie Althütte, die weniger als 5000 Einwohner haben, könnte es schwierig werden, Führungspersonal zu finden.

Es ist Mittag geworden an diesem Sommertag. Der Bürgermeister schnürt die Laufschuhe. Statt eines Hemds trägt er sein Sportshirt mit der Aufschrift „Team Rathaus – umdrehen wäre jetzt auch blöd“.

Die Gemeinde ist gut aufgestellt

Die Gemeinde Althütte (Rems-Murr-Kreis) ist von 1993 bis heute stetig gewachsen, die Einwohnerzahl ist von rund 3800 auf 4300 gestiegen. Der Ort, sagt der Bürgermeister, sei gut aufgestellt. Zu den wichtigsten Zielen für die Zukunft zählt er die für 2027 geplante Eröffnung eines großen Lebensmittel-Vollsortimenters. So ein Geschäft, sagt er, habe es im Ort noch nie gegeben.

Ferner sei geplant, die noch bestehenden, kleinen Kläranlagen zu schließen und alle Teilorte an größere Anlagen in den Nachbarkommunen anzuschließen. Kommunale Kooperation sei „der Zug der Zeit“, so Sczuka. (Martin Tschepe)

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