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Büroeinrichtung

Ergonomie und Co.: Das sollte ein guter Bürostuhl haben

Wer acht Stunden am Tag sitzend verbringt, sollte auf das Möbel, das er benutzt, ein gewisses Augenmerk lenken. Eine Studie der Stiftung Warentest legt nahe, dass gute Schreibtischstühle fürs Homeoffice rar seien. In der öffentlichen Verwaltung wird Wert auf gute Stühle gelegt.

Höhenverstellbar mit Rückenlehne: Ein guter Bürostuhl muss verschiedene Kriterien erfüllen.

imago images/Shotshop)

Stuttgart. Der Geheime Rat Johann Wolfgang von Goethe bevorzugte den Sattelsitz, um seine politischen und administrativen Arbeiten für Herzog Carl August in Weimar zu erfüllen. Das „Esel“ oder „Reiter“ genannte Möbelstück wurde einst für Menschen empfohlen, die viel zu schreiben hatten – und durch das einem Sattel nachempfundene Sitzmöbel ihren Rücken entlasten wollten. Auch der Kaiser Wilhelm II. war von dieser Art der Schreibtischbestuhlung überzeugt.

Für Martin Braun, Ergonome und Arbeitsforscher am Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) in Stuttgart, sind solche Lösungen – ähnlich wie Sitzbälle, Stehhilfen, ergonomische Knie- oder Pendelhocker oder gar ein Desk-Bike – keine Option, allenfalls ein Add-on. „Sitzen ist eigentlich unphysiologisch, der Mensch ist dafür nicht gemacht. Der Körper erschlafft beim Sitzen. Deshalb soll das Möbel entlasten“, sagt Braun.

Optimal umgesetzt wird das wohl noch nicht von allen Herstellern von Büromöbeln. Die Stiftung Warentest stellte in einer aktuellen Studie zu Bürostühlen fürs Homeoffice fest, dass rundum überzeugende Stühle – zumindest unter den getesteten Modellen – rar seien.

Das überrascht, denn laut Braun hat „sich am Büromöbelmarkt in den letzten 20 Jahren wenig verändert. Die ergonomischen Standards werden im Wesentlichen eingehalten“. Doch die Qualität der Ausführung ergibt wohl einiges an Spielraum.

Ein guter Bürostuhl sollte auch Armlehnen haben

Ein guter Bürostuhl erfüllt verschiedene Kriterien, so Braun. Er sei höhenverstellbar, anpassbar, habe eine angemessene Sitzfläche, er müsse eine Rückenlehne und sollte eine Lordosenstütze und eventuell auch eine Kopfstütze haben. Außerdem sollten Armlehnen nicht fehlen und ein guter Stand gegeben sein. „Dass die einzelnen Komponenten, auch synchronisiert, einstellbar sind, ist wichtig – und dass dies einfach geht“, meint Braun. „Viele Mitarbeitende stellen ihren Stuhl nicht auf sich ein, weil sie nicht wissen, wie.“

Beim Landkreis Esslingen stellt man bei der Beschaffung von Bürostühlen die genannten Kriterien in den Vordergrund. Dazu gehören auch Qualitätsanforderung an den Stoffbezug von 100 000 Scheuertouren und dass die Beschaffung von Ersatzteilen noch mindestens fünf bis sieben Jahre nach der Beschaffung des Stuhls gewährleistet wird, so Pressesprecherin Andrea Wangner.

Der Landkreis habe zwei Modelle an Schreibtischstühlen zur Auswahl. „Damit können die Bedarfe von etwa 95 Prozent der Mitarbeitenden abgedeckt werden“, sagt Wangner. „Die restlichen fünf Prozent der Mitarbeitenden haben Bedarfe, die nur über ein Stuhl-Fachgeschäft abgedeckt werden können. Diese Mitarbeitenden werden gebeten, sich an ein solches zu wenden und den für sie passenden Schreibtischstuhl mit fachlicher Betreuung dort auszusuchen.“

In Crailsheim haben Mitarbeiter der Stadtverwaltung, so Pressesprecher Mathias Grimm, „für uns ein Standardmodell ermittelt“. Kriterien waren eine sehr gute Ergonomie, sehr gute individuelle Einstellbarkeiten und „eine hochwertige Qualität, die aber auch in unser Preissegment als Kommune passte, wir arbeiten schließlich mit Steuergeldern“.

Dazu gab es ein internes Testverfahren, um den idealen Standardstuhl zu finden. „Eine größere Gruppe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat über Wochen die Stühle getestet, jede Testperson jedes Modell der durchweg sehr hochwertigen Bürostühle“, erzählt Grimm. „Jetzt schreiben wir im erforderlichen Turnus genau diesen ermittelten Stuhl produktbezogen aus. Nur so könnten wir den hohen Standard für alle Mitarbeitenden gewährleisten. Wir haben das Modell seit 2022 und haben bereits einen großen Teil der bisherigen Bürostühle ersetzt.“

Dass das Standardmodell trotzdem sehr individuell angepasst werden kann, gewährleisten die Einstellmöglichkeiten – vom Gewicht des Nutzers von 45 bis 150 Kilogramm bis zur Größenanpassung.

Die Psychologie spielt auch eine Rolle

Dass der Bürostuhl zum Mitarbeiter passt, ist nicht nur aus ergonomischen Gründen wichtig. Ebenso spielt die Psychologie eine Rolle. „Viele Menschen wollen ihren persönlich zugeordneten Stuhl“, sagt Arbeitsforscher Braun. Während Desksharing akzeptiert wird, gebe es „Vorbehalte, dass man Stühle beliebig austauscht“.

Aber auch die persönliche Anpassung des Bürostuhls hat Grenzen: „Individuelle Wünsche zu Farbe oder Bezug erfüllen wir nicht“, meint Grimm. „Wir haben schwarze Stühle mit einem schlichten, aber sehr robusten schwarzen Bezug.“ Und damit sind wohl die meisten zufrieden.

Beate Mehlin

Korrektorat und freie Mitarbeiterin beim Staatsanzeiger

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