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Aus dem Landtag

SPD scheitert mit Gesetz zu ausländischen Pflegekräften

Auch wenn die Landtagsabgeordneten die schwierige Situation in der Pflege sehen, stimmte die Mehrheit von ihnen gegen den Gesetzentwurf der SPD. Die Pläne, mit denen die Sozialdemokraten die Einwanderung ausländischer Pflegekräfte erleichtern wollten, würden zu mehr Bürokratie und steigenden Kosten führen, so ein Kritikpunkt. 

Pflegekräfte aus dem Ausland werden vielerorts benötigt.

picture alliance/dpa/Christophe Gateau)

Stuttgart. Der Landtag hat sich an diesem Mittwoch mehrheitlich gegen das „Willkommensgesetz für Personen mit im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen in den Pflege und Gesundheitsberufen“ der SPD-Fraktion ausgesprochen. Er folgte der Empfehlung des Sozialausschusses.

Die Sozialdemokraten hatten mit dem Gesetzentwurf das Ziel verfolgt, die Einwanderung von dringend benötigten Pflegekräften aus dem Ausland zu beschleunigen und Bürokratie bei der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse zu reduzieren. Dazu sollten unter anderem das für die Anerkennung zuständige Regierungspräsidium Stuttgart personell gestärkt und Anerkennungsverfahren innerhalb einer bestimmten Frist abgeschlossen werden. Auch Sprachkurse sollten im Vorfeld finanziert werden und zunächst ein niedrigeres Sprachniveau akzeptiert werden.

Lange Wartezeiten bei der Anerkennung

Die Probleme in diesem Bereich seien offensichtlich, begründete Florian Wahl (SPD) den Gesetzentwurf. Er spricht von einer Wartezeit von acht Monaten, bis ein Antrag oftmals überhaupt erst bearbeitet würde und zitiert dazu aus einer Antwortmail aus dem Regierungspräsidium an einen Antragsteller. Zugleich kritisierte er, dass eine von Sozialminister Manne Lucha (Grüne) angekündigte One-Stop-Agentur nach wie vor nicht vom Kabinett beschlossen sei.

Der Sozialausschuss hatte sich vorige Woche zuletzt mit dem Thema befasst. In einer Expertenanhörung hatten die meisten Experten zwar auf Probleme bei der Zuwanderung von Pflegekräften und der Anerkennung der ausländischen Berufsabschlüsse hingewiesen, zugleich aber auch verschiedene Punkte im Gesetzentwurf der SPD kritisiert. Ein Angebot der SPD, diesen Entwurf nochmals zurückzuziehen und ihn gemeinsam mit den anderen Fraktionen zu überarbeiten und dann gemeinsam einzubringen, hatte der Ausschuss mehrheitlich abgelehnt.

Grüne: Mit neuem Gesetz wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen

Mit dem neuen Gesetz werde mit Kanonen aus Spatzen geschossen, sagte Norbert Knopf (Grüne). Der Gesetzentwurf verursache mehr Bürokratie und zusätzliche Kosten. Eine Kritik, der sich auch Tim Bückner (CDU) anschloss. Er sprach von Doppelstrukturen, die dadurch geschaffen würden und lehnte auch eine Absenkung des Sprachniveaus ab. Gerade in der Pflege sei das heikel. Hier sei es zwingend notwendig, dass die Pflegekräfte Anweisungen verstehen und auch mit den Pflegebedürftigen kommunizieren können.

Dass es im Bereich der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse Probleme gibt, ist für Jochen Haußmann (FDP) offensichtlich. Er verwies beispielhaft auf eine georgische Pflegekraft, die eine Zusage für einen Arbeitsplatz hat, doch seit über einem Jahr im Genehmigungsverfahren feststeckt. „Wir müssen Gas geben“, so Haußmann. Er kritisierte, dass im Land eine Strategie fehle. Er empfahl zu prüfen, was das Land etwa von Hessen übernehmen könne, das in dem Bereich deutlich weiter sei.

Vorschläge aus dem Sozialausschuss

Auch die Experten in der Anhörung im Sozialausschuss hatten zusätzliche wichtige Rahmenbedingungen eingebracht. So gehe es nicht allein um die Anerkennung des Abschlusses und die Sprachkenntnisse. Es müsse auch, wenn die Fachkräfte in Deutschland seien, eine gute Integration erfolgen. Ansonsten wanderten viele frustriert wieder ab. Dazu gehöre etwa ein schneller Familiennachzug und Unterstützung bei der Arbeitssuche für den Partner.

Bernhard Eisenhut (AfD) sagte bei der Debatte im Landtag, dass der Fachkräftemangel mit der Einwanderung nicht behoben werden könne. Er verwies darauf, dass 2030 rund 500000 Pflegekräfte in Deutschland fehlen werden. Statt auf Einwanderung zu setzen, forderte er deshalb, zunächst Bürgergeldempfänger entsprechend weiterzuqualifizieren.

One-Stop-Agentur soll im ersten Quartal 2024 ins Kabinett

Sozialminister Lucha räumte zwar ein, dass die Intension des Gesetzentwurfs zwar richtig sei. „Aber tatsächlich bauen Sie Bürokratie nicht ab sondern auf“, warf er der SPD vor. Zugleich wies er darauf hin, dass das Land bereits einiges an Mitteln für eine qualifizierte Beratung ausländischer Pflegekräfte bereitstelle. Damit seien 12000 Beratungen möglich. Auch beteilige man sich am Triple-Win-Programm der Bundesagentur für Arbeit, um mehr qualifizierte Pflegekräfte aus dem Ausland zu gewinnen.  Im Rahmen des Projekts fördert das Land bereits Kosten für den Spracherwerb von ausländischen Pflegefachkräften aus bestimmten Ländern. Die angekündigte One-Stop-Agentur, mit der Pflegekräfte aus dem Ausland einen Anlaufpunkt und einen Ansprechpartners erhalten sollen, soll laut Lucha im ersten Quartal des kommenden Jahres vom Kabinett beschlossen werden.

Mehr zum Thema:

Erste Debatte im Landtag zum Gesetzentwurf vom September 2023: Anerkennung ausländischer Pflegekräfte: Fraktionen sind sich uneins | Staatsanzeiger BW

Stefanie Schlüter

stellvertretende Redaktionsleitung und Redakteurin Politik und Verwaltung

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