Debatten im Landtag vom 17. und 18. Februar 2016

Wolf: Nationalpark nicht zurückdrehen aber optimieren

Stuttgart. 40 Prozent der Tier- und Pflanzenarten in Baden-Württemberg sind bedroht. Dies entspricht rund 20 000 Arten, darunter auch der Feldhamster und die Feldlerche. Das geht aus dem Bericht zur Lage der Natur hervor, den die Landesregierung im Januar erstmals vorgelegt hat. „Der Verlust der Artenvielfalt schreitet weiter voran“, macht deshalb auch Edith Sitzmann (Grüne) […]

Stuttgart. 40 Prozent der Tier- und Pflanzenarten in Baden-Württemberg sind bedroht. Dies entspricht rund 20 000 Arten, darunter auch der Feldhamster und die Feldlerche. Das geht aus dem Bericht zur Lage der Natur hervor, den die Landesregierung im Januar erstmals vorgelegt hat. „Der Verlust der Artenvielfalt schreitet weiter voran“, macht deshalb auch Edith Sitzmann (Grüne) in der von ihrer Fraktion beantragten aktuellen Debatte am Mittwoch deutlich.
Zugleich weist sie, ebenso wie Thomas Reusch-Frey (SPD), auf die Leistungen der Landesregierung beim Naturschutz hin: So sei die Finanzausstattung auf rund 60 Millionen Euro jährlich verdoppelt worden. Die Naturschutzstrategie sei die modernste in Deutschland. Ein zweites Biosphärengebiet im Südschwarzwald sei im Aufbau, der Nationalpark Schwarzwald geschaffen. Weitere Punkte sind die Streuobstkonzeption für den Erhalt der Streuobstbestände, die mit neun Millionen Obstbäumen zu den größten in Europa gehören und die Moorschutzkonzeption. Auch die Biolandwirtschaft wurde ausgebaut und Baden-Württemberg gentechnikfrei gehalten.

Kretschmann: Naturschutz ins Zentrum der Politik gerückt

„Wir wollen erhalten, was uns erhält“, greift Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) den Titel der Debatte auf. Deshalb habe man den Naturschutz vom Rand ins Zentrum der Politik gerückt. Naturschutz werde zunächst über „Schutz durch Nutzung“ praktiziert. Dies sei der größte Teil. Dazu gehören beispielsweise Agrarumweltprogramme und die Leistungen der Landschaftspflegeverbände. Der zweite Bereich ist „Schutz mit Nutzung“ und der kleinste Bereich sei „Schutz vor Nutzung“. Hierzu zählen etwa die Kernzonen des Nationalparks und der Biosphärengebiete sowie Bannwälder.
Vor allem auf den Nationalpark sei er besonders stolz, so Kretschmann. Die Mühe habe sich gelohnt. Die Akzeptanz sei in den zwei Jahren nach der Eröffnung stetig gewachsen, auch bei anfänglichen Skeptikern. Er werde zunehmend zum Tourismusmagnet. „Kluger Naturschutz macht auch ökonomisch Sinn“, folgert er. Wirtschaft und eine schöne Natur seien wichtig für eine hohe Lebensqualität im Land. Dem schloss sich Claus Schmiedel (SPD) an. Der Nationalpark sei auch ein Prädikat für den Tourismus und helfe, die Infrastruktur und die Arbeitsplätze in der Region zu erhalten und neue zu schaffen.
„Wir werden das Rad Nationalpark nicht zurückdrehen“, sagt Guido Wolf (CDU) – und löst damit Erstaunen beim Grünen-Abgeordneten Markus Rösler aus. Wolf erläutert: Man werde sich mit der Region nochmal zusammensetzen und den Nationalpark optimieren. Auch Hans-Ulrich Rülke (FDP) sagte, dass es klar sei, dass man den Nationalpark nicht wieder völlig abwickeln werde. Doch man werde ihn bei einem Regierungswechsel möglicherweise verkleinern. Mit den Betroffenen vor Ort solle entschieden werden, was der richtige Zuschnitt sei. Sitzmann konterte: Für einen Nationalpark gebe es internationale Richtlinien und eine Mindestgröße von 10 000 Hektar: „Alles war darunter ist, ist kein Nationalpark.“ Und Naturschutzminister Alexander Bonde (Grüne) sagte, an die CDU gewandt: „Sie fallen ihren eigenen Landräten und Bürgermeistern in den Rücken.“ Und Schmiedel zog den Schluss mit Blick auf CDU und FDP: „Ein Wahlerfolg für Sie wäre eine Gefahr für alle, die den Nationalpark lieben.“

Naturschutzverbände bewerten Wahlprogramme der Parteien

Friedrich Bullinger (FDP) warf den Grünen vor, mit dieser Debatte ihren "Wahlhelfern von 2011" eine letzte Referenz zu erweisen. Die Umweltschutzverbände BUND und NABU hatten Anfang dieser Woche eine Auswertung der Wahlprogramme der Parteien mit Blick auf Nachhaltigkeit und Umwelt- und Naturschutz vorgestellt. Dabei schnitten die Grünen am besten ab, gefolgt von der SPD. Bei der CDU fanden die Verbände kaum positive Ansätze, die FDP habe sich komplett aus den Politikfeldern Nachhaltigkeit, Umwelt- und Naturschutz verabschiedet heißt es von Seiten der Verbände.
Bullinger warf Grün-Rot auch vor, das Eigentumsrecht zu missachten, etwa mit dem Grünlandumbruchverbot oder bei Änderungen beim Jagdrecht. Auch Guido Wolf erklärte: „Wir brauchen wieder mehr Respekt vor dem Eigentum.“  Insgesamt wolle man beim Naturschutz wieder mehr auf Anreizsysteme statt auf Gebote und Verbote setzen. Sein Fraktionskollege Patrick Rapp sprach von „Freiwilligkeit im Naturschutz“.

Quelle/Autor: schl

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17. und 18. Februar 2016