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Die Waldenser wurden wegen ihres Glaubens vertrieben

Der Hugenotten- und Waldenserpfad zeigt den Weg der Glaubensflüchtlinge.
imago/epd)Stuttgart/Karlsruhe. Sie wurden aus ihrer vertrauten Umgebung im französisch-italienischen Grenzgebiet vertrieben und mussten ihr Land, ihre Hütten und Häuser zurücklassen. In Baden und Württemberg fanden etliche Waldenserfamilien eine neue Heimat.
Allerdings geschah dies zunächst gegen den Einspruch der evangelischen Kirchenleitung, die vor über 300 Jahren die reformierten Waldenser in einem Gutachten „als schreckliche Ketzer und Irrlehrer“ bezeichnete. Erst der württembergische Herzog Eberhard Ludwig wies ihnen im Jahr 1701 in einem durch zwei Kriege entvölkerten Grenzgebiet Siedlungsflächen zu.
28 arme Flüchtlingsfamilien kamen aus dem damaligen La Balme, einem kleinen Weiler im Pragelatal rund 50 Kilometer westlich von Turin, das damals zum Königreich Frankreich gehörte, vor über 300 Jahren nach Grünwettersbach und gründeten dort den Ort Palmbach (Kreis Karlsruhe).
Es war eine kleine, schlichte Holzkirche, die die Waldenser-Bewegung 1725 dort errichtete. Mit einem Gottesdienst und Fest am 13. Juli erinnert die Gemeinde, die heute Teil der Evangelischen Landeskirche in Baden ist, an den Bau der Kirche vor 300 Jahren.
Aus der ursprünglichen Kirche sind noch große Holztafeln erhalten
Die ursprüngliche Kirche wurde längst abgerissen und 1906 durch eine Kirche aus Buntsandstein ersetzt. Aus dem alten Kirchlein erhalten sind große Holztafeln rechts und links des Altars. In französischer Sprache stehen auf der einen Tafel die Zehn Gebote, die andere erinnert an den Kirchenbau vor 300 Jahren. Erhalten ist auch eine Basler Altarbibel aus dem Jahr 1736, die in der Kirche ausliegt.
Die Bewegung und der Name „Waldenser“ stammen aus dem Mittelalter. Die katholische Kirche bezeichnete so die Anhänger eines wohlhabenden Bürgers aus Lyon namens Valdes, der um 1173 eine Bewegung von Wanderpredigern gegründet hatte. Da er die lateinische Bibel nicht lesen konnte, ließ er sie im Jahr 1173 in die Volkssprache übersetzen. Daraufhin gab er seinen Besitz den Armen und begann öffentlich zu predigen.
Schon lange vor der Reformation trennten sich die Anhänger der Bewegung von der katholischen Kirche ab. „Sie wollten sich nicht dem Papst unterordnen, sondern nur der Bibel und waren in diesem Sinn Protestanten“, erklärt Roland Jourdan, Vorsitzender des Waldenservereins Palmbach im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Im Jahr 1532 schlossen sich die letzten Wanderprediger und ihre Anhänger der Reformation an und gründeten eine reformierte Kirche. 1698 wurden die Waldenser wegen ihres reformierten Glaubens aus dem Piemont vertrieben. Pfarrer Henri Arnaud führte sie nach Hessen und Württemberg. Sie wurden zunächst in Hessen angesiedelt und gründeten dort den Ort Walldorf (heute Mörfelden-Walldorf). Im Jahre 1701 zogen sie in die damals württembergischen Enklaven Grünwettersbach und Untermutschelbach. Herzog Eberhard Ludwig von Württemberg erlaubte ihnen, sich auf seinem Land anzusiedeln. Er brauchte neue Einwohner, weil viele Gegenden nach dem Dreißigjährigen Krieg entvölkert waren.
Unterricht und Gottesdienst in französischer Sprache
Dank der Ansiedlungsprivilegien konnten sie ihre Gottesdienste und ihren Schulunterricht wie gewohnt auf Französisch abhalten und sich weitgehend selbstständig verwalten. Mit der Integration der Gemeinden Palmbach und Untermutschelbach in die Evangelisch-Protestantische Landeskirche Baden im Jahre 1821 und der Einführung der deutschen Sprache verloren sich nach und nach die religiösen und kulturellen Traditionen der Waldenser, erklärt Jourdan.
Auf dem Wappen der Waldenser heißt es „Lux lucet in tenebris“, das Licht leuchtet in der Finsternis. Dieser Satz aus dem Johannesevangelium war seit Martin Luther in evangelischen Kreisen sehr beliebt. Durch die Rückkehr zur Bibel sei Licht in die mittelalterliche Finsternis gebracht worden. Die Waldenser übernahmen diesen Gedanken.
Daran erinnert auch das tonnenschwere Buntsandstein-Denkmal mit dem Namen „Tor des Ankommens“ auf dem Waldenserplatz in Karlsruhe-Palmbach. Die drei fächerförmigen Strahlen aus Plexiglas einer sich öffnenden Tür reflektieren am Tag das Sonnenlicht. Diese Wirkung wird nachts durch eine innen liegende LED-Beleuchtung noch besonders verstärkt.
Die Waldenser waren eine vorreformatorische Bewegung
Der Name der Waldenser geht auf den südfranzösischen Armutsprediger Petrus Valdes (1217 gestorben) zurück. Die Waldenser waren eine vorreformatorische Bewegung im Gegensatz zu den Hugenotten, die von Beginn an von der jeweils herrschenden Amtskirche verfolgt wurden. Im Jahr 1184 wurden die Waldenser formell vom Konzil von Verona verurteilt. Die Waldenser zogen sich daraufhin in unzugängliche Hochtäler im heutigen italienisch-französischen Grenzgebiet ins Piemont zurück. Doch auch dort waren sie nicht mehr sicher, weshalb ihr Pfarrer Henri Arnaud sie 1699 nach Deutschland führte.
