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Das Elsass und der Südwesten

Was Württemberg, Elsass und Wimbledon eint

Über mehrere Jahrhunderte hinweg besaß Württemberg Territorien auf der anderen Seite des Rheins wie etwa die Grafschaft Mömpelgard. Die gemeinsamen kulturellen, politischen und gesellschaftlichen Beziehungen zwischen dem Elsass und Württemberg begannen vor 700 Jahren.

Eine Temperantia-Schale aus der Edelgießerei von François Briot wurde von Herzog Friedrich I. in Auftrag gegeben. Ein Nachguss davon wird heute beim Damen-Tennisturnier in Wimbledon der jeweiligen Siegerin überreicht.

Achim Zweygarth)

Stuttgart. Historische Dokumente, kostbare Handschriften und Drucke, eine Wachsbüste von Herzog Georg II. von Württemberg-Mömpelgard, Bilder, Schmuck und Kunstobjekte aus diversen französischen Archiven und Museen dokumentieren einen langen Austausch zwischen dem Elsass und Württemberg.

Begonnen haben diese engen Beziehungen im Jahr 1324, wie die Ausstellung im Hauptstaatsarchiv in Stuttgart unter dem Titel deutsch-französische Ausstellung „Württemberg und das Elsass – 700 Jahre gemeinsame Geschichte“ zeigt. Damals erwarb Graf Ulrich III. von Württemberg die Grafschaft Horburg (heute Horbourg) und die Herrschaft Reichenweier (heute Riquewihr).

Erstmals werden die Originalurkunden, die den Erwerb von Horburg und Reichenweier dokumentieren, öffentlich gezeigt. Laut Peter Rückert, Leiter des Hauptstaatsarchivs in Stuttgart, wurden sie erst bei den Vorbereitungen für die Ausstellung in den Archives Nationales in Paris wiederentdeckt.

Der zeichnerische Nachlass des Architekten Heinrich Schickhardt

Zu sehen sind auch Architekturzeichnungen des württembergischen Architekten Heinrich Schickhardt (1558–1635), der im Auftrag von Herzog Friedrich I. von Württemberg (1557–1608) bedeutende herrschaftliche, bürgerliche und kirchliche Bauten im Elsass und bei Mömpelgard (heute Monbéliard) schuf.

„Die Verbindung des zeichnerischen Nachlasses von Schickhardt mit den heute noch existierenden Bauwerken stellt einen besonderen Reiz und Höhepunkt der Ausstellung dar“, sagt Erwin Frauenknecht, der zusammen mit Rückert als Kurator der Ausstellung fungiert. Eine preziöse Temperantia-Schale aus der Edelgießerei von Francois Briot, die die freien Künste thematisiert und in der Zeit zwischen 1585 und 1590 hergestellt wurde, ist ebenfalls ein außergewöhnliches Ausstellungsobjekt. Diese hatte Herzog Friedrich I. in Auftrag gegeben und gleich zwölf Abgüsse davon anfertigen lassen.

Dass diese Schale wie die Siegestrophäe des Damen-Tennisturniers im englischen Wimbledon aussieht ist laut Rückert kein Zufall. „Eine wurde als Gastgeschenk an die englische Königin Elisabeth I. gegeben.“ Die Zinnschale sei dann nachgegossen worden und so als Siegestrophäe nach Wimbledon gelangt.

Die Französische Revolution beendete schließlich die Herrschaft Württembergs, 1796 wurden die linksrheinischen Gebiete an die Republik Frankreich abgetreten. Die 150 Jahre danach waren dann eher von heftigen politischen Auseinandersetzungen und verheerenden Kriegen gekennzeichnet.

Eine Annäherung entstand dann erst wieder durch Partnerschaften zwischen Kommunen aus Württemberg und dem Elsass seit den 1960er-Jahren, davon zeugen Abmachungen zwischen Stuttgart und Straßburg sowie Ludwigsburg und Montbéliard aus dem Jahr 1962.

„Das Hauptstaatsarchiv Stuttgart verfügt über zahlreiche Dokumente, die die historischen Beziehungen zwischen Württemberg und dem Elsass belegen“, betont Rückert. Weitere Ausstellungsobjekte stammen aus der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart, aus dem Landesmuseum Württemberg sowie Archiven, Bibliotheken und Museen in Paris, Colmar, Montbéliard, Riquewihr und Horbourg-Wihr.

Und natürlich spielte der Wein schon immer eine besondere Rolle in den Beziehungen über den Rhein hinweg. „Der qualitätvolle Weinbau in Riquewihr und Umgebung führte zu einer enormen Weinausfuhr nach Württemberg, Mömpelgard und darüber hinaus“, betont Rückert.

Virtueller Spaziergang durch die historische Stadt Reichenweier

Berühmte Persönlichkeiten wie der französische Philosoph Voltaire waren in den Weinhandel eingebunden, wovon Originalbriefe zeugen. In der Schau ist auch ein „Krautstrunk“ zu sehen, ein typischer Glasbecher des 15. und frühen 16. Jahrhunderts.

Und auf einem Medientisch kann man die historische Stadtansicht von Reichenweier nach einem Kupferstich von Merian detailliert erkunden. „Die Besucher werden gleichsam virtuell durch die historische Stadt geführt, deren Stadtbild auch heute noch großartig erhalten ist“, sagt Rückert.

Ralf Schick

Redakteur Landeskundliche Momente und Beruf und Karriere

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