Mengenabweichungen

Schwierige Nachtragskalkulation

Im Bauwesen sind Mengenabweichungen auch bei sorgfältiger Mengenermittlung an der Tagesordnung. Die neueste Rechtsprechung zwingt Bauunternehmen und Planer bei der Nachtragsabrechnung aber zum Umdenken.

Komplexe Bauprojekte: Tatsächliche Kosten statt Pauschalzuschläge entscheiden über Nachträge. Foto: adobe/ARGE Baurecht

Komplexe Bauprojekte: Tatsächliche Kosten statt Pauschalzuschläge entscheiden über Nachträge.

Berlin . Im Bauvertrag nach VOB/B sehen die Regelungen zur Nachtragsabrechnung eigentlich vor, dass bei Mengenmehrungen über zehn Prozent ein neuer Preis für diese Zusatzmengen zu vereinbaren ist (Paragraf 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B). Die VOB/B enthält aber keine klare Berechnungsmethode, wenn sich die Parteien über diesen neuen Preis nicht einigen. Hier liege eine „vertragliche Regelungslücke“ vor, mahnte der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Urteil vom November 2024.

Guter Preis bleibt guter Preis, schlechter bleibt schlechter Preis

„Bauunternehmen, Architekten und Ingenieure müssen ihre Kalkulationsmethoden seither grundlegend überdenken“, sagt Rechtsanwalt Marco Röder von der Arbeitsgemeinschaft Bau- und Immobilienrecht im Deutschen Anwaltverein. Röder verweist auf den bisherigen Grundsatz: „Guter Preis bleibt guter Preis, schlechter bleibt schlechter Preis.“

Nachträge wurden auf Basis der ursprünglichen Vertragskalkulation berechnet: Gab es bei diesen Kosten keinen Unterschied, so ließ man auch den Preis unverändert. Jetzt gilt: Nachträge werden nach den tatsächlich erforderlichen Kosten berechnet, plus angemessene Zuschläge für Gemeinkosten, Wagnis und Gewinn. Diese Regelung gilt sowohl für VOB/B-Verträge als auch für BGB-Bauverträge (§ 650c BGB). Viele Praktiker fragen sich: Welcher Zuschlagssatz ist angemessen? Eine pauschale Anwendung von 15 bis 20 Prozent Zuschlag kann zu unauskömmlichen Vergütungen führen.“ so der Jurist.

Kostenarten erfordern unterschiedliche Zuschläge

Bauunternehmen rät Röder, ihre tatsächlichen Kosten präzise zu dokumentieren und Zuschläge kostenartspezifisch zu kalkulieren. Während bei Lohnkosten oft 100 Prozent und mehr erforderlich seien, könnten bei Materialkosten niedrigere Zuschläge ausreichen. Gerätekosten seien individuell zu bewerten, und bei Fremdleistungen hänge der Zuschlag von der eigenen Wertschöpfung ab.

„Die Fachliteratur gibt erste Orientierungswerte vor“, so Röder. „Für allgemeine Geschäftskosten werden sechs bis zwölf Prozent diskutiert, für Wagnis und Gewinn 1,5 bis fünf Prozent. Der Gesamtzuschlag bleibt jedoch stark abhängig von der konkreten Leistung“, erklärt der Rechtsanwalt.

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