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IBA 27

Die Baukrise macht der Architekturschau zu schaffen

Die Internationale Bauausstellung IBA 27 biegt so langsam in die Zielgerade ein. Viele Bauherren im Raum Stuttgart suchten den Rat des Teams rund um den Intendanten Andreas Hofer. Damit ist er auch zufrieden, doch an anderer Stelle hakt es.

Bei der IBA-Rundfahrt zeigt 
Geschäftsführerin
Gabriele König ein Bild
des Projekts Weimarstraße,
Intendant Andreas Hofer erklärt es.

Achim Zweygarth)

Stuttgart. Viele Projekte, aber zu wenige werden rechtzeitig fertig. Das ist das Zwischenfazit, das Andreas Hofer, Intendant der Internationalen Bauausstellung IBA 27 Stadtregion Stuttgart, zieht. Aktuell betreut Hofers Team 32 Projekte, die mustergültiges Bauen und realitätsbezogene Architektur präsentieren sollen. „Ich hatte nicht mit so vielen Projekten gerechnet“, sagt er dem Staatsanzeiger.

Andererseits werden weniger Vorhaben zur Ausstellung fertig als gewünscht. Die Leistungsschau des Bauens misst sich an der Ausstellung von 1927 auf dem Stuttgarter Weissenhof mit den Konzepten der Werkbund- und Bauhausbewegung. Die zwei Le Corbusier-Häuser dort gehören zum Weltkulturerbe.

Komplexe Quartiersprojekte fordern die IBA 27 heraus

Damals wie heute war es mit der Fertigstellung knapp, obgleich heute die Bauausstellung bereits seit 2018 vorbereitet wird. Hofer begründet die Fertigstellungsquote mit den Eigenheiten der Vorhaben. Gerade im Umland Stuttgarts tragen viele komplexe Quartiers- und Stadtentwicklungsprojekte das IBA-Label. „Und hier haben Sie alles, was man haben kann im deutschen Baurecht“, sagt der Architekt aus der Schweiz.

Schade findet Hofer, dass nur wenig Betriebe an der IBA teilnehmen und es kein Projekt geben wird, das Wohnen und Arbeiten miteinander verbindet. Das liege an der wirtschaftlichen Lage. Die Projekte seien nicht tot, aber werden nicht rechtzeitig realisiert, sagt er dem Staatsanzeiger.

Bei einer Rundfahrt durch Stuttgart in einem Doppeldeckerbus ging es jüngst zu wichtigen Projekten. Start war die Baustelle des IBA-Besucher- und Informationszentrums beim Weissenhof. Der Auftrag auf dem Killesberg wurde per Generalübernahme vergeben, angesichts der knappen Zeit die richtige Methode, so Hofer. Das Haus werde bis 2027 fertig sein, versichert auch Stuttgarts grüner Baubürgermeister Peter Pätzold, er sprach bei der Rundfahrt von einer „sportlichen Aufgabe“. Momentan stehen um einen alten Kiosk Baugitter. Nach der IBA soll in dem Gebäude Museumsinfrastruktur wie Café und ein Shop für die Bauhausperlen am Killesberg unterkommen.

Bauhauskirche im Look des Dritten Reiches unter Denkmalschutz

Eine Bauhausperle war die Brenz-Kirche, die 1933 Architekt Alfred Daiber in strahlendem Weiß errichtet hatte. Obwohl Daiber NSDAP-Mitglied war, verpassten die Nazis dem Flachdachbau ein Satteldach und trieben der Kirche die Bauhaus-Leichtigkeit aus. So steht sie unter Denkmalschutz, was die Planung für den Umbau erschwerte. Jetzt geht es wieder in Richtung Bauhaus, ohne die Überformungen zu leugnen – „Palimpsest“ lautet das Motto, Altes für eine Überschreibung abkratzen.

Viele IBA-Projekte leiden unter explodierenden Baukosten. Die Schau geht mitten in der Baukrise in den Endspurt. Umso bedeutender wird das preiswerte Bauen, oft mit dem modularen Bauen genannt. Dass daraus sich ein Preisvorteil ziehen lässt, bezweifelt Hofer. Modulares Bauen verbillige sich in Serie, meist bleibe es beim Prototypen.

Gruben stehen am Anfang des Baufortschritts – so auch in Zuffenhausen-Rot bei einem genossenschaftlichen IBA-Projekt. Foto: Achim Zweygarth

Modulare Holzbauweise ist beim Wohnhaus an der Weimarstraße in Stuttgart-West geplant. Der Landesbetrieb Vermögen und Bau errichtet auf einem Restgrundstück ein siebenstöckiges Gebäude mit einem niedrigeren Technik-Standard. Auch das kann Preise verbilligen. Durch die Multifunktionsräume für Tagungen oder Ausstellungen in den beiden Sockelgeschossen soll das Gebäude nach außen strahlen. In die 35 barrierefreien Wohnungen sollen Landesbedienstete ziehen.

Ein ganzes Quartier ohne Autoverkehr

Auch Skaleneffekte können zu preiswerterem Bauen führen, etwa in Zuffenhausen-Rot. Die Stuttgarter Wohnungsbaugesellschaft (SWSG) sowie die Baugenossenschaften Neues Heim und Zuffenhausen planen zwei Großprojekte. In Nachbarschaft zum Wohnheim der Evangelischen Gesellschaft für alleinstehende Männer baut die SWSG rund 400 Einheiten, drei Viertel davon gefördert: keine Autos, dafür Gewerbeeinheiten, Kita, Begegnungsstätte und Raum für besondere Wohnformen.

Nur einen Steinwurf entfernt errichten die Baugenossenschaften Neues Heim und Zuffenhausen auf einem freigeräumten Grundstück 230 Wohnungen, die sozialen und ökologischen Ansprüchen gerecht werden sollen. Laubengänge sorgen für Kommunikation, Rankpflanzen schaffen ein angenehmes Klima, beiden Belangen dient die zentrale Wiese. Auch hier klaffen Baugruben, an deren Stelle bis 2027 die fertigen Gebäude vom modernen Bauen künden sollen – pünktlich zur IBA.

Ein Interview mit der IBA-Geschäftsführung lesen Sie hier

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