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Volkshochschulen

Fritz Kuhn: „Hier werden Argumente ausgetauscht und nicht gebrüllt“

Die Volkshochschulen (VHS) fürchten, dass sie dem Spardiktat der Kommunen zum Opfer zu fallen. Bei der Jahrestagung in Heidelberg betonte der Verbandsvorsitzende und Stuttgarts Ex-OB, Fritz Kuhn, ihre Bedeutung für eine funktionierende Demokratie.

Kürzlich wurde Fritz Kuhn als Vorsitzender des Volkshochschulverbands wiedergewählt. Ende Juni feierte er seinen 70. Geburtstag.

VHS-Verband/Lena Lux)

Heidelberg. Fritz Kuhn hatte mehrere Botschaften im Gepäck: Die Volkshochschulen erledigen ihren Bildungsauftrag erfolgreich, sie sind eine wichtige Stütze einer freien und aufgeklärten Gesellschaft – jedoch fehlt ihnen Geld, betonte der ehemalige Stuttgarter OB und kürzlich wiedergewählte Vorsitzende des VHS-Landesverbands bei dessen Jahrestagung in Heidelberg . Im Vergleich zum Vorjahr ist das Finanzvolumen um 5,1 Prozent gestiegen – vor allem wegen Inflation und höheren Personalkosten.

Bestandteil der kommunalen Daseinsvorsorge

Die Finanzierung der VHS steht auf drei großen Säulen, die zunehmend bröckeln: Landesmittel, Mittel der Kommunen und Gebühren, die die Teilnehmer der Kurse zahlen. Letztere zu erhöhen sei „ein Schuss ins Knie von hinten“, wie Kuhn es formuliert. Denn dann würden weniger Menschen die Kurse besuchen – was wiederum auch zulasten der wichtigen Demokratiefunktion gehe.

Das Land hat für den Doppelhaushalt 2025/2026 zwar 1,5 Millionen Euro mehr bereitgestellt. Doch das reicht laut Kuhn nicht: Um den Bedarf zu decken, seien sieben Millionen Euro nötig, betonte er bei der Jahrestagung gegenüber Kultusstaatssekretär Volker Schebesta (CDU). Schebesta lobte die VHS als wichtige Impulsgeber „nah an den Menschen“, verwies aber auch auf Bereiche im Landeshaushalt, in denen es keine Erhöhungen gab.

Als weitere wichtige Geldgeber appellierte der Verband an die Kommunen: Denn 86 Städte, Gemeinden und Landkreise sind Träger der insgesamt 159 Einrichtungen mit 630 Außenstellen. Andere Volkshochschulen, beispielsweise Heidelberg, sind als Vereine organisiert, doch auch diese werden von den Städten und Gemeinden bezuschusst. Der kommunale Topf macht im Landesdurchschnitt rund 23 Prozent aus.

„Unverzichtbarer Bestandteil der kommunalen Daseinsvorsorge“

In Heidelberg wurde eine Außenstelle in einem Stadtteil aus Spargründen geschlossen, wie Direktorin Silke Reck erklärte. Sie weist darauf hin, dass die Volkshochschulen im Land Sprachkurse für Migranten, Deutschkurse für dringend benötigte Busfahrer und Schulplätze für Abendgymnasien anbietet.

Insgesamt seien die Volkshochschulen „ein unverzichtbarer Bestandteil der kommunalen Daseinsvorsorge, gerade auch für die Verteidigung und Stärkung der Demokratie in den Kommunen vor Ort“. Land und Bund müssten deshalb auch dringend dafür sorgen, dass die Kommunen steigende Ausgaben und zusätzliche Aufgaben finanzieren können und die kommunalen Haushalte stabil und leistungsfähig bleiben.

Ein Beispiel ist der kommende Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule ab 2026. Hier bedürfe es einer schnellen Einigung zur Finanzierung der Betreuung sowie der Qualifizierung der Betreuungskräfte. Die Volkshochschulen stehen bereit, auch hier ihren Beitrag zu leisten.

Teilnehmerniveau von Vor-Corona noch nicht erreicht

Ansonsten aber gehe es den VHS gut, sagte Kuhn in seinem einstigen Wahlkreis Heidelberg: „Wir sind gut aus der Corona-Zeit herausgekommen und haben dadurch auch einen großen Schub in der Digitalisierung erhalten.“ 1,83 Millionen Menschen nahmen 2024 an Programmbereichen wie Politik, Kultur und Gesundheit teil: Gegenüber dem Vorjahr hätten fast fünf Prozent mehr Kurse und Veranstaltungen stattgefunden. Das Teilnehmerniveau von Vor-Corona von über zwei Millionen Kursbesuchern konnte jedoch nicht wieder erreicht werden.

Angesichts der Finanzlage betonen die Volkshochschulen mit dem Motto „Demokratie braucht Bildung“ ihre wichtige gesellschaftliche Rolle. Die Demokratie lebe davon, dass ihre Bürger ihren Wert kennen. Dafür brauche es Bildung. Damit sie als Orte der Demokratie Grundwerte und Rechtsstaat weiter stärken können – auch deswegen müsse die Landesregierung für eine stabile finanzielle Basis sorgen.

„Hier werden Argumente ausgetauscht und sich nicht angebrüllt“, sagt der ehemalige Grünen-Bundestagsabgeordnete Kuhn mit Blick auf die aktuellen Debatten im Berliner Bundestag, dem er einst angehörte. Die Volkshochschulen seien ein „Ort des herrschaftsfreien Diskurses“, ganz nach dem Konzept des Philosophen Jürgen Habermas. „Wir immunisieren gegen die einfache Logik der AfD“, betont Kuhn. Denn in Kursen der Volkshochschule müsse man seine eigene Meinung auch begründen können.

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