Themen des Artikels

Um Themen abonnieren und Artikel speichern zu können, benötigen Sie ein Staatsanzeiger-Abonnement.Meine Account-Präferenzen

Interview: Patricia Alberth

„Eine Personaldecke, dünn wie Eierschalenporzellan“

Patricia Alberth führt seit 1. März 2023 die Geschäfte der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg (SSG), die mittlerweile 63 Monumente des Landes betreut. Mit dem Staatsanzeiger spricht sie über Vergangenes, Gegenwärtiges und zukünftige Projekte.

Patricia Alberth

Karin Besserer)
Staatsanzeiger: Frau Alberth, Sie sind seit knapp einem Jahr im Amt. Konnten Sie bereits alle Monumente besuchen?

Patricia Alberth : Alle 63 Monumente habe ich noch nicht besucht, aber die meisten – viele sogar mehrmals. Einige Burgen wie Rötteln im Landkreis Lörrach und die Festungsruine Hohentwiel im Hegau stehen noch aus.

Wo sind derzeit die größten Baustellen?

Unsere größte Baustelle, ja das größte Restaurierungsprojekt in der Geschichte der SSG, ist das Neue Corps de Logis im Residenzschloss Ludwigsburg. Hier versetzen wir die königlichen Wohnungen wieder in ihren originalen Zustand. Insgesamt 35 Räume mit 2000 Kunstobjekten! König Friedrich I. von Württemberg und seine Frau Königin Charlotte Mathilde ließen die Räume einst aufwändigst ausstatten. Dank historischer Inventare können wir nachvollziehen, welches Gemälde früher wo hing, welches Möbelstück wo stand. Das Projekt ist dementsprechend mit umfassender Archivarbeit und viel Abstimmungsaufwand verbunden. Wir arbeiten eng mit den Kollegen von Vermögen und Bau zusammen, die für die Raumschale zuständig sind. Wenn alles nach Plan verläuft, öffnen wir die Räume in zwei, drei Jahren wieder schrittweise.

Was beschäftigt Sie noch?

An Baustellen mangelt es uns nicht: Die beschäftigen uns im Residenzschloss Urach, im Langenburger Bau in Schloss Weikersheim ebenso wie im Fürstenbau im Kloster Ochsenhausen. Auf der abstrakteren Ebene sind Klimawandel, Digitalisierung und unsere Attraktivität als Arbeitgeber Dauerthemen. Wir sind in den vergangenen Jahren um zahlreiche Monumente gewachsen – zuletzt um den Kur- und Schlosspark Badenweiler. Die interne Organisation müssen wir bei all dem im Auge behalten. Mir ist an verlässlichen Strukturen und adäquaten Standards gelegen. Bei einer Personaldecke, die an einigen Stellen dünn wie chinesisches Eierschalenporzellan ist, ist das keine Selbstverständlichkeit.

Wie weit sind Sie mit der Digitalisierung? Konnten Sie schon neue Mitarbeiter einstellen?

Das geht leider nicht so schnell. Aber wir konnten eine Stelle verstetigen. Diese eine Person hat genug zu tun. Wir haben die Apps Monument BW und Monumente 3D, beide kostenfrei downloadbar und in mehreren Sprachen abrufbar. Sie werden regelmäßig um neue Monumente erweitert. Zuletzt kam Heidelberg mit einer virtuellen Rekonstruktion des Hortus Palatinus hinzu.

Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft haben Sie sich ebenfalls auf die Fahne geschrieben. Hat sich da etwas getan?

Unsere Volontärinnen und Volontäre haben das Thema mit Begeisterung aufgegriffen und erarbeiten aktuell eine dezentrale Ausstellung, die im Sommer eröffnet wird. Unsere Monumente können viel über das Recyceln von Rohstoffen und das kollektive Nutzen von Ressourcen erzählen. Dieses Narrativ hat unglaublich viel Potenzial, die Relevanz historischer Orte für die heutige Zeit aufzuzeigen.

Haben Sie schon, wie geplant, Ihre Fühler ausgestreckt, um die Monumente international bekannt zu machen?

Ja. Im Juni hatten wir eine hochrangige Delegation um den Bürgermeister der chinesischen Millionenstadt Huzhou zu Gast im Residenzschloss Ludwigsburg. Diese Woche wurden wir offiziell als Mitglied im Climate Heritage Network aufgenommen. Und am 7. März laden wir zu einem online Symposium anlässlich des Jubiläums „30 Jahre UNESCO-Welterbe Kloster Maulbronn“ ein. Auf Englisch werden wir mit anderen Welterbe-Jubilaren wie dem spanischen Santiago de Compostela, den transsilvanischen Wehrkirchen in Rumänien und dem Korallenriff Tubbataha aus den Philippinen über aktuellen Herausforderungen, denen die Welterbestätten gegenüberstehen, diskutieren. Die Veranstaltung findet in Kooperation mit dem Auswärtigen Amt und der Deutschen UNESCO-Kommission statt. Die digitale Teilnahme ist für jeden offen.

Auf was können sich die Besucherinnen und Besucher in diesem Jahr besonders freuen?

Dieses Jahr wird ein ereignisreich Jahr! Im Zuge des EU-Projekts „Burgen am Oberrhein“ veranstalten wir am letzten Juniwochenende auf der Burg sowie im Kur- und Schlosspark Badenweiler ein Fest mit unseren französischen Partnern rund um Burgen und Legenden mit künstlerischen Projektionen und eindrucksvollen Fantasy-Elementen, inspiriert von John Howe, dem Illustrator des Buchs „Herr der Ringe“. Am 28. September findet erstmalig bundesweit der „Tag der Gärten im Klimawandel“ aller Schlösserverwaltungen statt. Außerdem wäre Kurfürst Karl Theodor von der Pfalz dieses Jahr 300 Jahre alt geworden. Das nehmen war zum Anlass für eine entsprechende Fachtagung in Schwetzingen im Oktober begleitet von weiteren Besuchsangeboten.

Das Gespräch führte

Eva Maria Schlosser

Eva-Maria Schlosser

Nutzen Sie die Vorteile unseres

Premium-Abos. Lesen Sie alle Artikel aus Print und Online für

0 € 4 Wochen / danach 167,00 € jährlich Nachrichten aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung in Baden-Württemberg Jetzt abonnieren

Lesermeinungen

Bitte loggen Sie sich ein, um zu kommentieren.

Lesen Sie auch