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Kommentar zum Finanzpoker

Der große Verteilungskampf um die Kommunalfinanzen

Der Tonfall wird schärfer, den Städte und Gemeinden steht das Wasser bis zum Hals. Was steckt hinter dem Großkonflikt zwischen Kommunen und Land und Bund? Eine Analyse von Rafael Binkowski.

Stuttgart. Klappern gehört zum Handwerk. Dass die kommunalen Verbände sich darüber beklagen, Land und Bund ließen sie im Stich, gehört zum Grundrauschen und ist quasi ein Teil der Daseinsberechtigung kommunaler Verbände. Doch diesmal ist der Aufschrei größer, die Not realer und die Lage dramatischer als sonst.

Immer mehr Städte, Gemeinden und auch Landkreise kommen in Gefahr, keinen genehmigungsfähigen Haushalt mehr aufstellen zu können. Selbst für die Pflichtaufgaben ist zu wenig Geld da. Wobei selbst die freiwilligen Leistungen wie Kultur- und Sportförderungen wichtig für den Zusammenhalt der Stadtgesellschaft sind. Die Lage ist also diesmal wirklich ernst. Was sind die Ursachen? Zunächst einmal ist dies die Folge der Wirtschaftskrise.

Weniger Einnahmen, neue Aufgaben

Gewerbe- und Einkommenssteuern als wichtigste Finanzquellen gehen zurück. Dann kommt eine Vielzahl von Zusatzaufgaben auf die Kommunen zu, von der Ganztagesbetreuung bis hin zu Flüchtlingsunterbringung. Zur Wahrheit gehört auch, dass Bund und Land in den verflochtenen Finanzströmen dazu auch Anteile beitragen. Doch es reicht am Ende nicht, um die steigenden Kosten zu decken.

Übrigens auch in wenig beachteten Bereichen wie der Wiedereingliederungshilfe oder der Betreuung von Behinderten. Hinzu kommen teilweise absurd bürokratische Vorschriften und Goldstandards bei vielen Projekten, die Kostentreiber sind.

Müssen die OBs mit Traktoren nach Stuttgart?

Dies alles ist eine ziemlich ungemütliche Gemengelage. Der Tonfall wird daher lauter und teilweise schrill, die Protestaktionen deutlicher. Mancher OB überlegt im Scherz schon, mit Traktoren wie vergangenes Jahr die Bauern aufzufahren.

Zur Wahrheit gehört aber auch: Weder Bund noch Land sitzen auf Geldsäcken, auch diese staatlichen Ebenen sind überschuldet. Das lässt sich auch nicht mit Knopfdruck ändern. Weder sind höhere Steuern ohne Folgen für die Wirtschaftslage durchsetzbar, noch kann man den Staat im ordoliberalen Sinne einfach so zurückbauen. Letztlich ist die Auseinandersetzung ein Symptom des Ringens um Anteile am kleiner werdenden Kuchen.

Es geht um eine Neuordnung der Finanzströme

Daher ist es richtig, dass die Kommunen protestieren, das Land Zuschüsse vorzieht. Aber es geht nicht nur um tagesaktuelle Geländegewinne, hinter den Kulissen werden letztlich gerade die Finanzbeziehungen von neuer Bundesregierung, im nächsten Jahr auch neuer Landesregierung und kommunaler Ebene neu austariert. Das erklärt auch, warum mit so harten Bandagen gekämpft wird. Im besten Fall nutzen die Akteure die Krise dazu, Aufgaben und Finanzströme klarer abzugrenzen. Denn für den Bürger ist kaum noch durchschaubar, wer welche Aufgabe wie finanziert. Mehr Transparenz würde auch zukünftige Konflikte entzerren, denn die kommen bestimmt.

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