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Verkehrswende

Grüne und CDU ringen weiter um Mobilitätspass 

Vier mögliche Varianten eines Mobilitätspasses zeigt eine Analyse nun auf. Die CDU-Fraktion äußert sich dazu allerdings zurückhalten. Von Vorschlägen aus dem Verkehrsministerium ist die Rede. 

Schon im Koalitionsvertrag vor fast drei Jahren hatten Grüne und CDU vereinbart, Kommunen die Möglichkeit zur Einführung eines Mobilitätspasses zu eröffnen.

dpa/Eibner-Pressefoto/Memmler)

Stuttgart. Schon im Koalitionsvertrag vor fast drei Jahren hatten Grüne und CDU vereinbart, Kommunen die Möglichkeit zur Einführung eines Mobilitätspasses zu eröffnen. Die Umsetzung der früher als Nahverkehrsabgabe bezeichneten Option erwies sich als kompliziert. Jetzt liegt eine fast 50-seitige Analyse der vier möglichen Varianten auf dem Tisch. Die CDU-Landtagsfraktion spricht zurückhaltend „lediglich von Vorschlägen aus dem Verkehrsministerium“. Mehrere Kommunen und Kreise drängen allerdings auf die Einführung.

Es geht um die Klimaziele Baden-Württembergs und um die bis 2030 angepeilte Mobilitätswende, zudem um zusätzliche Einnahmen in Millionenhöhe einerseits und um eine Belastung, wie Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) sagt, im Gegenwert von zwei oder drei großen Glas Bier pro Monat andererseits. Damit würde das Land bundesweit Vorreiter. 14 Landkreise und sieben Städten beteiligten sich am Modellversuch, der mit die Basis für den von Hermann noch fürs erste Halbjahr angestrebten 2024 Gesetzentwurf sein wird. Der Minister verspricht „einen schlanken unbürokratischen rechtlichen Rahmen“.

Vier Varianten kommen in Betracht

Durchgerechnet ist das Gesamt-Netto-Erlöspotenzial. Vorgestellt sind vier Varianten. „Die Straßennutzungsgebühr als Variante des Mobilitätspasses umfasst die Abgabenpflicht in Form einer Gebühr zur Benutzung von Straßen mit einem Kraftfahrzeug in einem bestimmten Erhebungsgebiet“, heißt es.

Der Einwohnerbeitrag wiederum umfasse grundlegend die Abgabenpflicht für alle Gemeldeten über 18 in der Gemeinde, die den Pass einführt.  Der Kfz-Halterbeitrag schließlich richte sich an natürliche und juristische Personen, die in einem bestimmten Erhebungsgebiet gemeldet sind und auf die mindestens ein Kraftfahrzeug zugelassen ist.

Mentrup favorisiert für Karlsruhe den Arbeitgeberbeitrag

Der Präsident des Städtetags Baden-Württemberg und Karlsruher OB Frank Mentrup (SPD) favorisiert für seine Stadt den Arbeitgeberbeitrag, im Wissen, das noch „viel Überzeugungsarbeit notwendig sein wird“. Aber nach Karlsruhe pendeln täglich 100.000 Autofahrer ein und aus Karlsruhe 46.000 aus ins Umland. Der Ausbau des ohnehin landesweit beispielhaften Angebots werde viele hundert Millionen verschlingen, sagt Mentrup, und die Arbeitgeber, die von Mobilität und Flexibilität profitierten, würden zu Recht an diesen Kosten beteiligt.

Über eine Nahverkehrsabgabe wurde schon zu Zeiten von Lothar Späth und angestoßen durch die CDU diskutiert. Durchsetzen konnten sich die Anhänger der Idee nie. Jetzt sind Frankreich und Wien, vor allem für die vierte Variante, weil Arbeitgeber dort schon seit Anfang der 1970er-Jahre zur Kasse gebeten werden, in der österreichischen Bundeshauptstadt gegenwärtig mit zwei Euro pro Woche und Beschäftigten. „Diese Zahlung wurde zunächst zur Finanzierung des U-Bahn-Ausbaus der Stadt und später ergänzend auch zur Finanzierung von Tarifabsenkungen und des 365-Euro-Jahresticket verwendet“, heißt es in dem von Hermann gemeinsam mit Mentrup, dem Freiburger OB Martin Horn und den Ortenauer Landrat Frank Schwerer vorgelegten Papier.

Handwerk warnt vor zusätzlicher Belastung und Standortnachteil

Handwerk BW und der Baden-Württembergische Industrie- und Handelskammertag (BWIHK) warnen dagegen vor zusätzlichen Belastungen als Standortnachteil. Die Befürworter der Pläne, Kommunen und Kreisen die zusätzlichen Einnahmen bei entsprechenden Beschlüssen in den eigenen Räten zu eröffnen, argumentieren dagegen – wie der Verkehrsminister – mit den großen finanziellen Anstrengungen und den zugleich engen Spielräumen.

In den konkreten Berechnungen sind bestimmte Quoten von Abgabenpflichtigen unterstellt. Die Stadt Mannheim zum Beispiel könnte bei einer Straßenbenutzungsgebühr von 15 Euro pro Monat 200 Millionen Euro zusätzlich netto erlösen, wenn Einwohner 15 Euro zahlen 24 Millionen und bei einem Arbeitgeberbeitrag 32 Millionen. Der Verkehrsminister beendet die Präsentation der Ergebnisse übrigens mit einer „großen Bitte“, die sich – ohne Namensnennung – nicht nur an die Verbände, sondern auch an den Koalitionspartner richtet, die Ergebnisse erst einmal in Ruhe zu prüfen und nicht zu zerreden: „Ich hoffe sehr, dass nicht gleich wieder Bedenkenträger und Einwandsteller kommen und Nein sagen.“

Mehr zum Thema: Landesmobilitätsgesetz

Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer

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