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„Ich bin nicht Russlands Mann im Bundestag“

Markus Frohnmaier will Ministerpräsident werden. Seine Chancen sind allerdings gering, weil niemand mit der AfD koalieren will.
Achim Zweygarth)
Staatsanzeiger:
Manuel Hagel ist mit 93, Cem Özdemir mit 97 Prozent zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl gekürt worden. Auf welche Zahl dürfen wir uns beim AfD-Parteitag am Samstag in Heilbronn einstellen?
Markus Frohnmaier:
Ich glaube, dass ich eine deutliche Mehrheit unserer Partei für mein Anliegen überzeugen kann. Was die genaue Zahl angeht – lassen wir uns überraschen!Wirtschaft, Wirtschaft, Wirtschaft – nimmt Ihnen die politische Konkurrenz nicht gerade die Butter vom Brot?
Das würde ich nicht sagen, weil die Bürger ja sehen, dass es eine Sache ist, was sie sagen, und das andere, was sie tun. Und das gilt sowohl für Herrn Hagel als auch Herrn Özdemir. Deren Parteien sind ja verantwortlich für horrende Energiepreise und Deindustrialisierung.
„Kampfzwerg“ und „laufender Meter“ hat man Sie genannt- wie geht man mit solchen Zuschreibungen um?
Ich nehme es mit Humor. Objektiv richtig ist, dass ich mit 1,70 nicht gerade ein Basketballspieler bin. Es gibt wichtigere Dinge im Leben als die Körpergröße.
„Kerle, lern doch erst mal was“ – was macht es mit einem, wenn Parteifreunde einem vorwerfen, dass man genau jenem Stereotyp eines Berufspolitikers entspreche, den die AfD bei anderen Parteien kritisiert?
Ich habe Verantwortung übernommen und die Dinge besser organisiert als nahezu alle meine Vorgänger im Amt des Landesvorsitzenden. Ich hatte mit gerade einmal 27 einen Herzinfarkt. Damals habe ich erkannt, dass ich Schwerpunkte im Leben setzen muss.
Und da ist da noch die Rückfahrkarte nach Berlin – Norbert Röttgen und Nancy Faeser lassen grüßen.
Es macht einen Unterschied, ob jemand ein Ministeramt hat oder nur ein Abgeordnetenmandat. Außerdem vertritt die AfD seit Jahren die Position, dass wir eine echte Trennung zwischen Parlament und Regierung brauchen. Hier geht es um Gewaltenteilung, einen Eckpfeiler unserer parlamentarischen Demokratie.
War die Reihenfolge nicht in Wirklichkeit eine andere: Die AfD brauchte einen Spitzenkandidaten, fand Sie und jetzt versuchen Sie, diesen Umstand möglichst werbewirksam zu erklären?
Ich schäme mich nicht dafür, dass die Partei nach dem besten Kandidaten gesucht hat und die Wahl auf mich gefallen ist. Warum sollte ich auch? Cem Özdemir und Manuel Hagel wurden ja auch von ihren Parteien ausgesucht und vermarkten sich jetzt werbewirksam. In einer Demokratie muss man für seine Ideen immer Werbung machen.
Aber es ist doch spannender, im Bundestag über die Weltpolitik zu diskutieren als im Landtag über die Zukunft der Realschule.
Die Bildung unserer Kinder ist ein wichtiges Thema, das hat aus meiner Sicht nichts mit Spannung zu tun. Und auf Landesebene ist es durchaus möglich, außenpolitische Akzente zu setzen. Über den Bundesrat ist Baden-Württemberg an außenpolitischen Entscheidungen beteiligt und der baden-württembergische Ministerpräsident sollte zum Wohle unseres Landes rege Wirtschaftsbeziehungen ins Ausland pflegen.
Vor einigen Jahren galten Sie noch als Russlands Mann im Bundestag. Inzwischen drohen Sie Russland mit entschlossenen Reaktionen. Wer ist denn nun der wahre Frohnmaier? Der von früher oder der von heute?
Solche Zuschreibungen sind absurd. Ich bin nicht Russlands oder Amerikas Mann im Bundestag, sondern Deutschlands und Baden-Württembergs Mann im Bundestag. Richtig ist allerdings, dass es in Deutschland immer schon schwierig war, sich für positive deutsch-russische Beziehungen einzusetzen. Wir brauchen zum Beispiel günstiges russisches Gas, ohne wieder den Fehler zu begehen, uns von Russland abhängig zu machen. Deshalb sind Kernkraft und Kohle so wichtig.
2014 haben Sie die Annexion der Krim begrüßt. Warum?
Ich habe sie nicht begrüßt, sondern gesagt, dass es relativ wahrscheinlich ist, dass die Krim russisch bleibt. Diese Bewertung hat damals Empörung hervorgerufen, scheint sich aber zu bewahrheiten. Mir ging es darum, klarzumachen, dass eine Wiederangliederung an die Ukraine nicht umsetzbar ist und dass es brandgefährlich ist, so etwas zu fordern. Außenpolitik ist ja kein Wünsch-dir-Was nach dem Motto: Ich versuche mal, alternative Realitäten zu kreieren.
Gerade wird in Berlin wieder darüber diskutiert, der Ukraine den Taurus zu liefern. Sind Sie dafür oder dagegen?
Ich bin dagegen. Ich bin der Meinung, dass Deutschland sich nicht weiter in einen fremden Krieg involvieren sollte. Es ist absurd, so zu tun, als ob die Freiheit der Bundesrepublik Deutschland im Donbass verteidigt würde.
„Trump ist der Einzige, der diesen Krieg beenden kann“, haben Sie im Januar im Interview mit dem Staatsanzeiger gesagt. Da haben Sie sich aber mächtig geirrt, oder?
Das sehe ich anders. Es mag eine kühne Idee gewesen sein, diesen Krieg in 24 Stunden zu beenden. Dieses Versprechen muss man vielleicht unter amerikanischem Wahlkampf verbuchen. Doch die Tatsache, dass jetzt wieder miteinander gesprochen wird, dass in Istanbul erste Friedensgespräche stattgefunden haben, dass sich der Vatikan eingeschaltet hat, das liegt an Trump. Das haben die europäischen Staatschefs über viele Jahre hinweg nicht hinbekommen.
Zurück ins Land. Manuel Hagel will zwar nicht mit Ihnen, aber doch mit Ihren konservativ-bürgerlichen Wählern sprechen. Er traut sich zu, einige ins CDU-Lager zurückzuholen.
Ich halte seine Erfolgsaussichten für schlecht. Konservative und bürgerliche Kreise zeichnen sich dadurch aus, dass sie ein gutes Gedächtnis besitzen. Und jeder, der die Entwicklung aufmerksam verfolgt hat, hat mit der CDU eine Partei gesehen, die viele Monate damit geworben hat, dass man die Schuldenbremse nicht antastet, dass man zurück zur Kernkraft will, dass man eine restriktive Migrationspolitik gestaltet. Doch die Union weicht fast immer von dem ab, was sie im Wahlkampf verspricht.
19 Prozent der Baden-Württemberger würden, Stand heute, bei der AfD ihr Kreuz machen; sieben Prozent bei Ihnen persönlich, falls es eine Direktwahl gäbe. Doch 76 Prozent haben gar keine Meinung über Sie, die meisten kennen Sie gar nicht. Ist das nicht das Problem der AfD, dass ihre Kandidaten entweder nicht bekannt sind oder wie Alice Weidel maximal unbeliebt?
Dafür, dass Alice Weidel angeblich so unbeliebt ist, fahren wir gerade ziemlich gute Wahlergebnisse ein. Was meine Bekanntheit angeht, ist der Sinn und Zweck eines Wahlkampfes ja genau das: Mit den Bürgern ins Gespräch zu kommen, um unsere Ideen zu werben und sich dabei natürlich auch bekannter zu machen.
Apropos Alice Weidel: Sie waren erst ihr Pressesprecher, dann haben Sie den Landesverband in ihrem Sinne neu aufgestellt. Nun sind Sie einer ihrer Stellvertreter im Bundestag. Wie eng sind Sie miteinander und welchen Anteil hat Alice Weidel an Ihrem Erfolg?
Wir pflegen ein gutes und enges Verhältnis und arbeiten natürlich auch eng zusammen. Ich bin dankbar, dass mich viele Parteifreunde in den letzten Jahren begleitet haben – aber wer etwas erreichen will, muss wie immer im Leben selber etwas dafür leisten.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die AfD als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. In Baden-Württemberg gilt Ihre Partei als Verdachtsfall. Was macht das mit Ihren Mitgliedern, von denen ja nicht wenige beispielsweise Polizisten sind?
Die Einstufung hat die Leute dermaßen motiviert, dass sie uns geradezu die Bude einrannten. Zum ersten Mal seit Gründung der Partei hatten wir innerhalb von drei Tagen in Baden-Württemberg 250 Neueintritte. Dem standen 20 Austritte gegenüber. Das ist ein absoluter Rekord. Die Menschen haben kapiert, ob nun Polizist oder Rechtsanwalt, dass hier ein Inlandsgeheimdienst dafür missbraucht wird, unliebsame politische Konkurrenz zu bekämpfen.
Zur Person
Markus Frohnmaier hat einen weiten Weg hinter sich. 1991 in Rumänien geboren, wurde er von einem schwäbischen Ehepaar adoptiert und wuchs in Weil der Stadt auf. Er besuchte die Hauptschule, die Realschule, machte Abitur. 2017 zog er erstmals in den Bundestag ein. War er anfangs eher für Krawallrhetorik bekannt („Wenn wir kommen, dann wird aufgeräumt“), hat er sich inzwischen den Ruf eines effizienten Politik-Organisators erarbeitet. Nach der Neuwahl wurde er nicht nur stellvertretender Vorsitzender, sondern auch außenpolitischer Sprecher der AfD-Fraktion.
