Grünen-Bundesparteitag in Karlsruhe

Kretschmann: „Wenn wir Köpfe und Herzen gewinnen, sind wir nicht zu stoppen“

Mit einem leidenschaftlichen Appell, zu „Kompromissen auf festen Grundsätzen mit einem klaren Kompass und Realitätssinn“ bereit zu sein, hat Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) seine Partei zum Auftakt der Bundesdelegiertenkonferenz in Karlsruhe auf die schwierige Migrationsdebatte eingeschworen. Die Grünen müssten sich auch selber etwas zumuten, „denn unser Land steht vor gewaltigen Aufgaben“.

Winfried Kretschmann (Bündnis90/Die Grünen), Ministerpräsident von Baden-Württemberg, spricht beim Bundesparteitag von Bündnis 90/Die Grünen. Die Bundesdelegiertenkonferenz dauert bis zum 26.11.2023. Themen sind der Gaza-Krieg, Migration und ein Rückblick auf die Landtagswahlen 2023.

dpa/Kay Nietfeld)

Karlsruhe. Ministerpräsident Winfried Kretschmann, der Gründungsgrüner ist, erinnerte am Donnerstagabend zum Auftakt des Bundesparteitags, bei dem der 40. Geburtstag der Grünen corona-bedingt nachgefeiert wird, an die Anfänge 1979 ebenfalls in Karlsruhe. Und daran, dass der damalige Ministerpräsident Lothar Späth (CDU) sogar ein Monatsgehalt verwettet hat in der irrigen Annahme, er werde mit einer ökologischen Politik die junge Partei wieder von der Bildfläche verschwinden lassen. „Wenn wir die Köpfe und Herzen der Menschen gewinnen“, so der Ministerpräsident, „dann sind wir auch weiter nicht zu stoppen.“

Lob vom ersten und weiterhin einzigen grünen Regierungschef gab es nicht nur für die grünen Minister in der Bundesrepublik, sondern auch – ohne Namensnennung – für die Union im Umgang mit Rechtspopulisten. Denn Deutschland sei im europäischen Vergleich „in der glücklichen Lage“, dass alle demokratischen Parteien gegen rechts zusammenstehen. Deshalb brauche es auch weiterhin einen Kurs „des richtigen Maßes, der richtigen Balance zwischen Humanität und Ordnung gemeinsam mit den anderen demokratischen Kräften“.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Omid Nouripour, der als Parteichef wiedergewählt werden will, hatten zuvor gerade an die Adresse der Union ganz andere Tone angeschlagen. Denn die CDU sei „eine Partei von gestern unter einem Vorsitzenden von vorgestern“, so Habeck in seiner mit viel Applaus bedachten Rede. Nouripour rief den mehr als 800 Delegierten ins Gedächtnis, wie vielen Plänen damaliger Bundesregierungen die Grünen als Oppositionspartei während der Finanzkrise und der Pandemie mitgetragen hätten. Jetzt aber habe die Republik eine Opposition, der eine Niederlage der Regierung wichtiger sei als der Erfolg es Landes. „Leute, ihr seid nicht einmal oppositionsfähig“, so Nouripour. Es brauche „mehr Herz statt Merz“.

Aus aktuellem Anlass hatten die Delegierten die Tagesordnung ihres dreieinhalbtägigen Treffens geändert. Die Debatte über Haushaltsfragen und die – nur wenige Stunden vor Parteitagsbeginn von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) für das Haushaltsjahr 2023 ausgesetzte – Schuldenbremse wurde vorgezogen. Die mit Spannung erwartete Migrationsdebatte soll erst Samstagnacht stattfinden – geplanter Beginn 22 Uhr. Außerdem werden das Europawahlprogramm beschlossen und die Parteispitze gewählt. Neben Nouripour kandidiert erneut auch seine Co-Vorsitzende Ricarda Lang.

Ricarda Lang, Robert Habeck und Winfried Kretschmann beim Grünen-Parteitag in Karlsruhe.

Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer

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