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Kommunalfinanzen

Land hält Kommunen liquide – keine Lösung für die Finanzmisere

Damit Baden-Württembergs klamme Kommunen die laufenden Kosten ohne Kassenkredite bezahlen können, zahlt das Land einen Abschlag aus verschiedenen Töpfen. Gleichzeitig gibt es Unmut über eine Steuererleichterung für die Gastronomie, die zulasten des Landes und der Kommunen ginge.

Ministerpräsident Kretschmann betont, dass die Abschlagszahlungen an die Kommunen auch beim Land für Kosten sorgen.

dpa/Marijan Murat)

Stuttgart. Die Kämmerer im Land dürfen sich den 10. Juni im Kalender ankreuzen. An diesem Tag will Baden-Württemberg die Vorabzahlungen aus dem vergangene Woche vereinbarten Liquiditätsprogramm ausbezahlen. Dies kündigt das Finanzministerium an. Dabei geht es um rund drei Milliarden Euro, die das Land den Kommunen aus dem Kommunalen Finanzausgleich, nach dem Bundesteilhabegesetz und für die Unterbringung von Geflüchteten leistet. Darauf hatten sich vergangene Woche Vertreter der Kommunalverbände und der Landesregierung geeinigt. Zusätzlich hat der Ministerrat am Dienstag ein Paket von 150 Millionen Euro beschlossen, das er zur sofortigen Auszahlung für die Krankenhäuser bereitstellt.

Kein Spielraum für weitere Unterstützung

Weiteren Spielraum zur Unterstützung der Kommunen sieht das Finanzministerium nicht. Die Etat-Vorsorge für geringere Einnahmen in Höhe von 1,1 Milliarden Euro sei mittlerweile aufgebraucht, so der Sprecher des grünen Finanzministers Danyal Bayaz. Eine strukturelle Verbesserung der kommunalen Finanzlage ist mit der Liquiditätsspritze nicht verbunden.

Das sieht auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) so und verweist auf den Bund. Am Dienstag hob er hervor, dass durch die Abschlagszahlungen dem Land rund 30 Millionen Euro verloren gingen: „Das ganze Paket des Vorziehens ist für uns nicht kostenlos.“

Zustimmung zur Liquiditätsspritze kommt von Daniel Gallasch, Finanzbürgermeister in Leutkirch (Kreis Ravensburg) und Lehrbeauftragter an der Verwaltungshochschule in Ludwigsburg. Allerdings fehle das Geld dann später, warnt Gallasch, der bis Ende 2024 Professor für die Finanzwirtschaft der Kommunen war. Gleichzeitig werden die Vorhersagen für die Steuereinnahmen immer düsterer.

Gewerbesteuer wird zum Problemkind

Die aktuelle Steuerschätzung geht von weniger Einnahmen für die Kommunen im Vergleich zur Schätzung vom vergangenen Oktober aus. 2025 werden 383 Millionen Euro weniger Steuern in die kommunalen Kassen fließen, 31,7 Milliarden stünden den Kommunen demnach zu. 2026 soll es bei Einnahmen von 32,9 Millionen Euro einen Rückgang von 467 Millionen Euro im Vergleich zu den Zahlen vom Oktober geben. Diesen Negativtrend sagen die Schätzer auch für die darauffolgenden Jahre voraus. Vor allem die Gewerbesteuer dürfte den Kämmerern Sorge bereiten. Um 666 Millionen Euro werden sie im laufenden Jahr sinken, so das Finanzministerium. Finanzexperte Gallasch hält in dieser Situation einen höheren Anteil für die Kommunen am Umsatzsteueraufkommen für eine gute Idee, da diese Steuer insgesamt stabiler sei als die Gewerbesteuer. Allerdings hätten wirtschaftsschwache Gemeinden davon nur wenig, da auch die Umsatzsteueranteile nach den Kriterien der Gewerbesteuer auf die Kommunen verteilt werden.

Steuernachlass sorgt für Diskussionen

Weitere finanzielle Rückschläge drohen wegen einer geplanten Steuerentlastung. Die Bundesregierung will unter dem Beifall der Landes-CDU den Mehrwertsteuersatz in der Gastronomie von 18 auf sieben Prozent herunterfahren. Davor hatte bereits im März Frank Mentrup, Städtetagspräsident und SPD-Oberbürgermeister von Karlsruhe, im Staatsanzeiger gewarnt. Nun konkretisierte Ministerpräsident Kretschmann, dass durch die Pläne der neuen Bundesregierung dem Land und den Kommunen 480 Millionen Euro am Mehrwertsteueraufkommen verloren gehen. „Das muss der Bund kompensieren“, so seine Forderung. Kretschmann will dazu mit der Bundesregierung ins Gespräch gehen.

Lesen Sie hierzu einen Leitartikel 

Was mit dem Sondervermögen passiert

Ob die 100 Milliarden Euro Sondervermögen des Bundes an die Länder nach dem Königsteiner Schlüssel (Maßstab Steueraufkommen und Bevölkerungszahl) verteilt werden, ist weiter unklar, so das Finanzministerium. Auch fehlen noch die Vorgaben des Bundes zur Verwendung. Dies soll bis September geklärt sein, so Ministerpräsident Kretschmann. Da die kommunale Ausgabenlast so hoch ist, werde das Sondervermögen die Finanzkrise nicht lösen, so das Ministerium.

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