Kommentar zur Einigung von Bund und Ländern

Nicht nachlassen bei der Staatsmodernisierung

Die Einigung zwischen Bund und Ländern, die künftigen Einnahmeausfälle auszugleichen, ist ein wichtiger Schritt. Aber das kann nur der Anfang sein, eine Staatsreform und Ordnung der Finanzströme ist vonnöten, analysiert Chefredakteur Rafael Binkowski.

Chefredakteur Rafael Binkowski fordert eine Staatsreform als Folge der Finanzeinigung von Bund und Ländern.

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Stuttgart. Ja, es ist ein Verhandlungserfolg für die grün-schwarze Landesregierung, dass die milliardenschweren Entlastungen der Bundesregierung für Kommunen und Länder kompensiert werden. Allein der „Investitionsbooster“, also die verbesserten Abschreibungsmöglichkeiten, schlägt mit elf Milliarden Euro zu buche. Auch die Länder werden entlastet, und fast noch wichtiger: Sie haben freie Hand, wie sie die Mittel aus dem Sondervermögen verwenden.

Mehr war nicht herauszuhandeln, und ehrlicherweise ist diese Lösung auch nur deswegen möglich, weil die neue Bundesregierung die Spendierhosen anhat, alle Limits zur Schuldenbegrenzung aufgehoben sind und man quasi unbegrenzt mit Krediten um sich wirft. Das ist auch das Prinzip bei dem Ziel, 3,5 Prozent der Staatsausgaben für Verteidigung zu verwenden (plus 1,5 Prozent für die weitere Sicherheits-Infrastruktur).

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Mehr Schulden sind aktuell unumgänglich

Angesichts der Bedrohungslage, die sich durch den Iran-Israel-Krieg weiter verschärft hat, und der Rezession sind das sinnvolle Maßnahmen. Die allzu enge Auslegung der Schuldenbremse hat Investitionen verhindert. Wichtig sind aber zwei Dinge: Reformen und Bürokratieabbau müssen weiterhin mit Energie voran getrieben werden.

Und: Wenn die Krise überwunden ist, muss wieder mit Augenmaß investiert werden. Denn selbst wer ein Anhänger des Keynsiamismus ist, der besagt, dass man antizyklisch in der Krise investieren muss, vergisst oft, dass Keynes auch gesagt hat: In guten Zeiten dann Geld sparen. Und dennoch bleibt die Lage der Kommunen prekär. Denn jetzt werden nur die zukünftigen Steuerausfälle ausgeglichen. Schon jetzt fehlen zweistellige Milliardenbeträge, Kommunen wie Baden-Baden müssen Infrastruktur schließen. Viele Kommunen haben keinen genehmigungsfähigen Haushalt mehr.

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Eine grundsätzliche Reform ist notwendig

Hier muss eine grundsätzliche Reform ansetzen, die die Finanzbeziehungen zwischen Bund, Land und Kommunen neu ordnet. Und es muss überlegt werden, wo Standards und Leistungen auch mal abgebaut werden. Das geht in den Jubelmeldungen von CDU und SPD im Land unter, die von „Wachstumsimpuls“ und „großen Wurf“ sprechen. Die Unternehmer Baden-Württemberg fordern zu Recht eine weitere Staatsmodernisierung ein. Das viele Geld darf nicht dazu verleiten, hier auch nur einen Jota nachzulassen.

Daher ist Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) nach den Verhandlungen zu Recht in Sorge, wie das Land die vielen Ausfälle stemmen soll. Zumal schon der nächste Konflikt mit den eigenen Kommunen droht, wie das Sondervermögen eingesetzt wird. Das Land hat eigene Pläne, will Gebäude sanieren, die Kommune würden gerne das ganze Geld für sich nutzen, in freier Verfügung. Letztlich hoffen alle, dass die Konjunktur wieder anspringt.

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