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Welche Vorteile hat Schönheit?

Fast überall auf der Welt wird Schönheit wie hier beim Gemälde „Die Geburt der Venus“ von Alexandre Cabanel (1875) eher positiv als negativ wahrgenommen.
wikimedia)Mannheim. Der Mannheimer Verhaltensökonom Wladislaw Mill und sein Kollege Benjamin Kohler von der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich haben Sprachmodelle in 68 Sprachen analysiert. Daraus entwickelten sie einen länderübergreifenden Index. So konnten sie herausfinden, wie eng Begriffe wie „schön“ und „hübsch“ mit Eigenschaften wie „erfolgreich“ verknüpft sind – und auch wie diese Assoziationen je nach Kultur variieren.
Schönheitsprämie gibt es weltweit, aber sie ist unterschiedlich stark
Zentrale Erkenntnis der Forscher: Vorteile für attraktive Menschen im Beruf, bei der Partnerwahl und im sozialen Umfeld gibt es weltweit. Doch ist diese Schönheitsprämie keineswegs überall gleich ausgeprägt oder gleich definiert.
„Unsere Methode erlaubt es erstmals, kulturelle Muster in der Wahrnehmung von Schönheit automatisiert und vergleichend zu erfassen“, erklärt Wladislaw Mill. „Und wir haben festgestellt, dass fast überall auf der Welt Schönheit eher mit etwas Positivem als mit etwas Negativem assoziiert wird – aber eben nicht überall“, sagt Benjamin Kohler, der in Mannheim seinen Abschluss gemacht hatte.
In westeuropäischen Ländern wie Frankreich, Italien und Finnland wird den Angaben zufolge die Schönheit in Sprachmodellen besonders häufig mit positiven Eigenschaften wie Kompetenz, Intelligenz oder Vertrauenswürdigkeit assoziiert. „In vielen westlichen Kulturen wird äußere Attraktivität offenbar mit Leistungsfähigkeit und Erfolg gleichgesetzt“, so Mill. Dieser Effekt ist aber auch in Ländern wie dem ostafrikanischen Somalia nachzuweisen.
Demgegenüber wird in Rumänien und einigen asiatischen Ländern wie Vietnam Schönheit deutlich seltener mit solchen „statusorientierten“ Eigenschaften verknüpft. Ja mehr noch: Dort scheinen die Menschen sogar negative Ansichten über die Schönheit zu haben und sie mit Inkompetenz, Misstrauen und Versagen zu assoziieren.
Warum also ist in manchen Kulturen Schönheit eher ein Vorteil als in anderen? Der Grund dafür bleibt unklar. Die Autoren der Studie nehmen an, dass Schönheit in diesen Kulturen eher mit evolutionären Vorteilen verbunden ist. Die bisherige Forschung legt nahe, dass Schönheit oft als Zeichen von Gesundheit gilt – und deshalb attraktivere Menschen tendenziell bessere Überlebens- und Fortpflanzungschancen haben.
Kulturell geprägte Normen können ein unterschätzter Faktor sein
Welche Implikationen hat das für Wirtschaft, Gesellschaft und Gleichstellung? „Die Studie zeigt, dass kulturell geprägte Schönheitsnormen ein unterschätzter Faktor in gesellschaftlichen Machtstrukturen sein könnten“, heißt es in einer Mitteilung der Universität Mannheim dazu.
Denn wenn Attraktivität in verschiedenen Kulturen mit völlig unterschiedlichen sozialen Signalen verbunden ist, dann wirkt sich das auch auf die gesellschaftliche Chancenverteilung aus – etwa in Bewerbungsgesprächen und bei Gehaltsverhandlungen. (sta/crim)