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Außenhandel

Baden-Württemberg will sich in Asien breiter aufstellen

Mit neuen Leitlinien will die Landesregierung die Grundlagen schaffen, um die wirtschaftliche und wissenschaftliche Zusammenarbeit mit dem Asien-Pazifik-Raum auszubauen. Ein Ziel ist auch, damit die Abhängigkeit von China zu reduzieren.

In Singapur will das Land Baden-Württemberg ein Auslandsbüro eröffnen. Der Stadtstaat ist nach Aussage von Staatskanzleichef Florian Stegmann an einer Zusammenarbeit mit Baden-Württemberg sehr interessiert.

dpa/EPA/HOW HWEE YOUNG)

Stuttgart. Schon im Koalitionsvertrag hatten Grüne und CDU vereinbart eine „Ostasien-Strategie des Landes“ zu entwickeln. Nun, zweieinhalb Jahre nach der Unterzeichnung, wurde mit der Umsetzung begonnen. Die Landesregierung will gemeinsam mit Wirtschaft und Wissenschaft Leitlinien dafür entwickeln, unter welchen Voraussetzungen und mit welchen Schwerpunkten sich Baden-Württemberg künftig in Asien engagieren soll. Mit einer Konferenz in Stuttgart wurde die Erarbeitung der Leitlinien Anfang Dezember gestartet. Bis Ende nächsten sollen die Leitlinien dann spätestens vorliegen, erklärte Staatskanzlei-Chef Florian Stegmann (Grüne) gegenüber dem Staatsanzeiger.

Mit der Neuausrichtung in Asien will das Land zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Zum einen soll die wirtschaftliche Abhängigkeit von China reduziert werden, zum anderen zusätzliche Märkte und technologische Kooperationspartner gewonnen werden.

Wie wichtig die Region für das Industrieland Baden-Württemberg ist, hatte die Staatskanzlei schon in der Einladung zum Auftaktreffen deutlich gemacht. Asien sei der zweitwichtigste Exportmarkt für die Südwest-Industrie und bei vielen Zukunftstechnologien führend. So sei China bei Künstlicher Intelligenz (KI) Vorreiter, Südkorea bei Chips und Halbleitern, Japan bei Robotik und Singapur in der nachhaltigen Stadtentwicklung sowie der Digitalisierung, zählte Stegmann auf.

China bei Südwest-Exporten wieder an zweiter Stelle

Schwerpunkte in der neuen Asienpolitik will die Landesregierung in der Erschließung neuer Märkte in Schwellenländern, stabilen Lieferketten, eine starke Zusammenarbeit in der Forschung und den Ausbau von Kooperationen bei Schlüsseltechnologien wie KI, Quantentechnologie, Biotechnologie oder Umwelt- und Energietechnologie setzen. Das soll auch die Abhängigkeit von einzelnen Ländern, wie etwa China in bestimmten Wirtschaftsbereichen verringern. „Resilienz ist nur mit breit aufgestellten Beziehungen möglich“, sagte Stegmann zum Auftakt der Tagung.

Derzeit ist China allerdings noch immer der mit Abstand wichtigste Markt für Exporte aus dem Südwesten. Nach Zahlen des Statistischen Landesamts ging in den ersten drei Quartalen des laufenden Jahres fast die Hälfte der Exporte nach Asien ins Reich der Mitte. Nach den Vereinigten Staaten ist China in diesem Jahr wieder der zweitwichtigste Exportmarkt für Baden-Württemberg.

Daran wird sich trotz aller Forderungen nach einer Diversifizierung der Lieferketten nur bedingt etwas ändern. Denn Wirtschaft und Politik halten China als Markt und Handelspartner für unverzichtbar.

„China wird noch lange Zeit der wichtigste Markt für Autohersteller und Maschinenbau bleiben“, erklärte Stegmann. Und der stellvertretende Hauptgeschäftsführer und Außenwirtschaftsexperte des Wirtschaftsverbandes Unternehmer Baden-Württemberg (UBW), Tim Wenniges forderte ein „gesundes Verhältnis von Abhängigkeiten.“ Auch China sei in manchen Bereichen von Deutschland abhängig, etwa in Teilen des Maschinenbaus.

Viele asiatische Länder von China abhängig

Wenniges warnte bei der geplanten breiteren Aufstellung der Außenhandelspolitik vor Illusionen. „Es ist eine Frage des Preises, was Unternehmen können und was nicht,“ betonte er und verwies auf ein Beispiel aus der Autobranche. Es gebe Hersteller, die in Indien so viele Autos in einem Jahr verkauften, wie die Niederlassung in Peking in einer Woche.

Allerdings spricht man im Wirtschaftsministerium von einem „klaren Bekenntnis der heimischen Unternehmen nicht nur auf China zu setzen“, wie Johannes Jung, Leiter der Abteilung Strategie, Recht, Außenwirtschaft und Europa sagte.

Hinzu kommt, dass auch die potenziellen neuen Handelspartner in Asien vor ähnlichen Problemen wie Baden-Württemberg, Deutschland und die EU stehen. „Man darf die Abhängigkeit anderer asiatischer Länder von China nicht unterschätzen“, betonte Shirley Qi, Präsidentin der Außenhandelskammer Singapur und Regionalchefin des Chemiekonzerns Evonik für Südostasien, Australien und Neuseeland. Die Abhängigkeit dieser Länder sei bereits heute hoch.

Landesregierung plant Auslandsbüro in Singapur

Im Stadtstaat Singapur will Baden-Württemberg aber schon bald einen Vorstoß zu einer stärkeren Präsenz außerhalb Chinas starten. Dort ist die Eröffnung eines Auslandsbüros geplant, wie Stegmann vor zwei Wochen bei einer Reise mit einer Delegation aus Wirtschaft und Wissenschaft verkündete. „Das Auslandsbüro soll einen kontinuierlichen Austausch ermöglichen und unsere Unternehmen und Hochschulen in der Zusammenarbeit unterstützen“, erklärte der Staatskanzlei-Chef.

Der Inselstaat mit knapp 5,5 Millionen Einwohnern ist aus Sicht von Evonik-Managerin Qi auch für die Erschließung des gesamten Kontinents ein guter Startpunkt. „Singapur ist ein Hub für die gesamte asiatische Region“, sagte Qi, die zur Konferenz per Video zugeschaltet war.

Jürgen Schmidt

Redakteur Wirtschaft und Vergabe

0711 66601-147

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