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Industrieansiedlung

Brennstoffzellenfabrik von Cellcentric auf der Zielgeraden

Der geplante Bau der Brennstoffzellenfabrik von Cellcentric in Weilheim/Teck gilt als eines der wichtigsten Industrieprojekte der Energiewende in Baden-Württemberg. Nach der Verabschiedung des Bebauungsplans für das Areal und dem Abschluss weiterer Grundstückskaufverträge könnte das Projekt im ersten Quartal 2024 die letzten Hürden nehmen.

In der Vorserienproduktion in Esslingen will Cellcentric mehr Brennstoffzellen als bisher herstellen, um die Verzögerung beim Bau der neuen Fabrik in Weilheim teilweise zu kompensieren.

Jürgen Schmidt)

Esslingen/Weilheim/Teck. Welche industriepolitische Bedeutung der Klima-Werk genannten Brennstoffzellenfabrik zugemessen wird, war schon vor knapp zwei Jahren deutlich geworden. Als im Frühjahr 2022 in Weilheim/Teck ein Bürgerentscheid über die Ausweisung des neuen Gewerbegebiets Rosenloh als künftigem Standort durchgeführt wurde, kam Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) in das 10 000-Einwohner-Städtchen, um für die Ansiedlung zu werben.

Doch während die Bürger mit 70 Prozent Mehrheit für das Gewerbegebiet votierten, waren einige Grundstückseigentümer deutlich schwerer zu überzeugen, ihre Flächen an die Kommune abzutreten. Erst kurz vor Weihnachten 2023 wurden die Verträge über zwei weitere Flächen, die für den Bau des Klima-Werks gebraucht werden, notariell beurkundet.

Der Vertrag über die letzte für den Start des Projekts noch fehlende Fläche soll im Januar beim Notar geschlossen werden, heißt es aus dem Weilheimer Rathaus. Eigentlich hatte Bürgermeister Johannes Züfle (parteilos) in einer Sondersitzung des Gemeinderats am 20. Dezember angekündigt, dass dieser Kaufvertrag auch noch vor Weihnachten abgeschlossen werden solle. Doch der Grundstückseigentümer hatte den Notartermin kurzfristig abgesagt.

Grundstücksverkauf an Cellcentric im ersten Quartal geplant

Wenn die Stadt, wie geplant, noch in diesem Monat Vollzug melden kann, sollen die Verhandlungen mit Cellcentric über den Weiterkauf der Flächen von der Stadt an das Unternehmen fortgesetzt werden.

Cellcentric-Chef Matthias Jurytko hatte sich Medienberichten zufolge nach der Gemeinderatssitzung optimistisch gezeigt, dass es noch im ersten Quartal zu einem Abschluss kommen werde. Eine Unternehmenssprecherin erklärte auf Anfrage, dass Cellcentric bislang an diesem Zeitplan festhalte.

Die planungsrechtlichen Grundlagen hat der Gemeinderat in seiner Sondersitzung kurz vor Weihnachten geschaffen. Mit nur zwei Gegenstimmen und einer Enthaltung wurde der Bebauungsplan für das neue Gewerbegebiet beschlossen.

Schon einige Tage zuvor hatte sich der Verband Region Stuttgart in einem ungewöhnlichen Schritt entschlossen, die Finanzierung des Flächenankaufs und die Erschließung für die Cellcentric-Ansiedlung als Bürge abzusichern. Die Verbandsversammlung beschloss, dass dafür bis zu 21 Millionen Euro aufgewendet werden können.

Unternehmen verzichtet auf Fördermittel von Bund und Land

Das Daimler-Volvo-Jointventure selbst will auf viel Geld aus öffentlichen Quellen verzichten. Ende November vergangenen Jahres kündigte Cellcentric an, dass es seinen Förderantrag für das IPCEI-Programm („Important Project of Common European Interest) zurückgezogen habe, weil die Förderkriterien die Flexibilität einschränkten. Es geht dabei um 360 Millionen Euro, von denen der Bund rund 250 Millionen Euro und das Land den Rest tragen wollten. Das baden-württembergische Umweltministerium will nun prüfen, ob die ursprünglich vorgesehenen Mittel für verschiedene Wasserstoff-Projekte eingesetzt werden können.

Auch wenn Kommune und Unternehmen ihren gemeinsam gesetzten Zeitplan einhalten und bis Ende März eine Einigung über die Grundstücke für das Klima-Werk erzielen, wird mit dem Bau erst im kommenden Jahr begonnen, wie Jurytko gegenüber lokalen Medien erklärte. Er beziffert den Zeitverlust durch die Probleme beim Grundstückserwerb auf rund ein Jahr. Über den genauen Zeitplan für Bau und Inbetriebnahme will sich das Unternehmen derzeit nicht äußern

Vorserienproduktionsstandort soll Verzögerung kompensieren

Ursprünglich war geplant gewesen, bereits im Jahr 2025 in die Großserienproduktion von Brennstoffzellensystemen einzusteigen. Das hatte das Unternehmen kurz nach seiner Gründung im Frühjahr 2021 erklärt. Um bereits vor der Fertigstellung des neuen Produktionsstandorts in Weilheim Brennstoffzellen liefern zu können, will Cellcentric seine Vorserienproduktion in Esslingen nutzen. Damit ließe sich „in einem gewissen Umfang die Verzögerung kompensieren“, erklärte eine Unternehmenssprecherin. Wie viele Brennstoffzellen-Antriebe für schwere Lastwagen dort produziert werden können, ließ Cellcentric aber offen.

Gemeinschaftsunternehmen von Daimler Truck und Volvo

Cellcentric ist eine Tochter von Daimler Trucks und Volvo an dem beide Konzerne je zur Hälfte beteiligt sind. Gegründet wurde das Unternehmen am 1. März 2021. Der Hauptsitz ist derzeit noch in Kirchenheim/Teck-Nabern, weitere Standorte gibt es in Stuttgart-Untertürkheim, Esslingen und  Burnaby in Kanada, wo derzeit die Brennstoffzellenstacks entwickelt und produziert werden. Bis auf Burnaby will Cellcentric alle Bereiche im neuen Klima-Werk Weilheim bündeln.

Jürgen Schmidt

Redakteur Wirtschaft und Vergabe

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