Interview: Innovationszentrum

Ein Hot-Spot für Tüftler und Erfinder

Die Wachstumsregion Biberach/Riß leistet sich für 19 Millionen Euro ein neues Innovations- und Technologiezentrum. Es soll ein Innovationsmotor für die Region werden, sagt Geschäftsführer Nikolaus Hertle. Er will den Wissens- und Know-how Transfer zwischen Forschern und Industrie ankurbeln.

Chef des Innovations- und Technologiezentrums Biberach

Privat)
Staatsanzeiger: Warum braucht die Region ein Innovations- und Technologiezentrum?

Nikolaus Hertle: Bei einer Standortanalyse zeigte sich, dass unsere Region zwar wirtschaftlich sehr stark ist, doch wir müssen mehr tun, um den Technologietransfer zu stärken. Es fehlt die Infrastruktur, um das, was in der Wissenschaft, etwa an der Hochschule Biberach entwickelt wird, auf die Straße zu bekommen. Deshalb wollen wir den Wissens- und Know-how Transfer aus dem Hochschulbereich in die Industrie stärken und kleinen und mittleren Unternehmen eine Forschungsinfrastruktur anbieten.

Was heißt das konkret?

Beispielsweise wenn es darum geht, Wärmepumpen zu testen und herauszufinden, wie man sie für ein Industriegebäude dimensionieren muss. Das ITZ soll ein Innovationsmotor der Region sein. Denn es geht ja nicht nur darum, dass wir die Forschungsprojekte innerhalb des ITZ machen, sondern auch darum, dass wir mit dem ITZ eine Außenwirkung erzielen. Das heißt, wir werden Informationsveranstaltungen, Workshops, Seminare durchführen, um das Wissen, das hier generiert wird, einer breiten Unternehmerschaft, aber auch der Bevölkerung zugänglich zu machen.

Setzen Sie da Schwerpunkte?

Ja, bei Energiethemen und der Biotechnologie.

Woran wird im Bereich Energie gearbeitet?

Lassen Sie mich ein Beispiel nennen. Wir haben in unserem Gebäude mehrere hundert Sensoren verbaut. Wir wollen wissen, an welcher Stelle, zu welchem Zeitpunkt, von wem, welche Energie benötigt und verbraucht wird. Egal ob Wärme, Kälte, Licht, Prozessenergie, VE-Wasser. Wenn wir das eine Zeit lang gemonitort haben, können wir eine optimale Steuerkurve für all unsere Anlagen bekommen, um das Gebäude möglichst energieeffizient zu betreiben.

Und wie lassen sich die Erkenntnisse auf die Straße bringen?

Mit den Erkenntnissen können wir in jedes andere Gebäude gehen vom Kindergarten über Turnhallen bis hin zu Rathäusern. Wir gehen davon aus, dass die Einsparpotenziale im höheren zweistelligen Bereich liegen können. Das Ziel ist auch, die Energieeffizienz in einer Kommune wie Biberach voranzubringen. Aber nicht nur hier. Wir sind dabei, die Bürgermeister der Region einzuladen, um ihnen zu zeigen, wie so ein Energie-Monitoring gemacht wird.

Gibt es weitere solche Energiethemen?

Wir haben bei uns im Garten des Gebäudes einen Eisspeicher verbaut, den wir energietechnisch monitoren. Das ist eine Technologie, deren Funktion vielfach noch unbekannt ist, die jedoch in Kombination mit Wärmepumpen sowie Photovoltaik und Solarthermie ein großes Potenzial für eine klimaneutrale Wärmeversorgung im Winter hat.

Weitere Felder sind Elektromobilität und das autonome Fahren. Was passiert da?

Wir versuchen größere Projekte anzuschieben. Stellen Sie sich vor, eine Projektgruppe schafft sich Tausend Elektroautos an, die einer Reihe von Firmen zur Verfügung gestellt werden, etwa unseren Nachbarn Boehringer, Handtmann, Liebherr oder Kavo. Deren Mitarbeiter dürften diese Autos nutzen. Einzige Bedingung, es müssen zwei Pendler damit einpendeln. Geladen werden die Fahrzeuge über Photovoltaik-Anlagen oder im ITZ. Die Idee ist, dass die Autos ohne Fahrer fahren können.

Gibt es weitere Vorteile?

Ja, wenn man die Batterien der Autos elektrisch verbindet, glätte ich mit diesem Kraftwerk die Stromspitzen der teilnehmenden Firmen, was deutlich Kosten einspart. auch für den Netzbetreiber, der den Strom liefert, ist das ideal, weil die Spitzen geglättet werden. Zudem haben wir 2000 Menschen an die E-Mobilität herangeführt. Wir haben 2000 Pendlerautos weniger und sparen Parkflächen. Dadurch ergeben sich 44 000 Quadratmeter freie Fläche auf den Grundstücken der Unternehmen. Entsprechend haben sie zusätzliche Erweiterungsflächen, die sie sonst hier in dem dicht bebauten Rißtal nicht hätten.

Ist denn schon Leben im ITZ?

Wir starten mit einer 95-prozentigen Auslastung. Neben dem Fraunhofer IGB haben wir derzeit acht Start-ups und etwa 32 Forschungsprojekte. Zudem sind wir dabei, mit einer Maschinenbaufirma ein Projekt aufzusetzen. Wir haben einen Coworking-Bereich, wo sich die Innovationsmanager regionaler Unternehmen regelmäßig treffen wollen.

Das Gespräch führte

Hans-Christoph Neidlein

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