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Sozialunternehmer

Hoffnung machen mit bezahlbaren Wohnungen

Der Ulmer Tobias Merckle will mit seinem Konzept „Hoffnungshäuser“ bezahlbaren Wohnraum für sozial Schwache und Flüchtlinge schaffen. Das ist schwierig in Zeiten, in denen Investoren vor den hohen Kosten des Bauens zurückschrecken. Nun hat er gleich zwei Auszeichnung für seine Mehrfamilienhäuser in serieller Holzbauweise erhalten.

Für sein Konzept „Hoffnungshäuser“ ist der Ulmer Sozialunternehmer Tobias Merckle mehrfach ausgezeichnet worden. Foto Hoffnungsträger

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Stuttgart . Energiesparend, ökologisch und preiswert bauen und das so, dass es auch noch für die Mieter bezahlbar bleibt. Das haben sich die Hoffnungsträger Projektentwickler aus Leonberg auf die Fahnen geschrieben. Seit dem Jahr 2017 hat das Unternehmen 41 ökologische und nachhaltige Häuser mit über 300 Wohnungen in Baden-Württemberg geschaffen. Allesamt in modularer Holzbauweise.

Unterstützt werden die Projekte von der gleichnamigen Hoffnungsträger Stiftung des Sozialunternehmers Tobias Merckle. Der hat die Stiftung im Jahr 2013 gegründet. Sie ist mit rund 50 Mitarbeitern in der Flüchtlingshilfe und der Resozialisierung von Gefangenen tätig. Er wolle Menschen Hoffnung geben, damit sie Hoffnungsträger werden können, sagt Merckle.

In seinen Mehrfamilienhäusern wohnen Geflüchtete und Deutsche zusammen. „Sie teilen Leben und Glauben“, sagt Merckle. So würden aus Fremden Freunde – auch wenn sie andere Kulturen, Religionen und Weltanschauungen hätten, sagt er. „So kann Integration gelingen.“

Merckle will Geflüchteten eine Heimat geben

Merckle ist der Sohn des verstorbenen Ratiopharm-Gründers Adolf Merckle. In den 1990er Jahren hat er in Lüneburg und New York City Sozialpädagogik studiert. Merckle ist der Typus Sozialunternehmer. Menschen, die sich um Lösungen für gesellschaftliche Probleme bemühen. So wünscht er sich, dass sein Modell für integratives Wohnen Schule macht. Damit wolle er Geflüchteten eine Heimat – auf Zeit oder für immer geben. Vom ersten Tag an setze man auf Integration und wolle ihnen Perspektiven geben.

Wohnraum ist besonders knapp für Menschen, die ein geringes Einkommen haben oder erst vor kurzer Zeit geflüchtet sind. „Die Entscheidung, sich im Wohnungsbau zu engagieren, resultiert aus dem Wunsch, auf die akute Wohnungsnot und die fehlenden ganzheitlichen Lösungen zu reagieren“, erläutert Nathanael Over, der Geschäftsführer der hundertprozentigen Tochter der Stiftung. Der Ingenieur und Betriebswirt setzt dabei auf die serieller Holzbauweise, um eine hohe Skalierbarkeit zu erreichen. Der Bau eines Hauses mit den vorgefertigten Holzmodulen dauere ab dem ersten Spatenstich sechs bis acht Monate, teilt das Unternehmen mit. Wand- und Deckenelemente werden direkt auf der Baustelle montiert. „Der Einsatz von Holz ist eine nachhaltige Wahl, die einen schnelleren und wohnlicheren Bau ermöglicht. Wir nutzen hauptsächlich heimische Nadelhölzer als Rohstoff“, berichtet Projektentwickler Over.

Das Investitionsvolumen für das jüngste Gebäudeprojekt in Öhringen mit drei Häusern und 20 Wohnungen betrug 5,2 Millionen Euro brutto. „Trotz Baupreissteigerungen gewährleisten wir eine hohe Planungssicherheit bei den Kosten und bieten unseren Kunden einen Festpreis, sagt Over. Die klassische Bauweise ist für ihn mit höheren Kosten verbunden. Zudem benötige sie beim Bau mehr Zeit und biete weniger Skaleneffekte. „Im Vergleich zu unserem nachhaltigen Ansatz ist sie auch weniger umweltfreundlich.“

Das Konzept scheint aufzugehen. Für einen Campus in Calw mit vier Häusern und insgesamt 32 Wohnungen sind die Projektentwickler und die beteiligten Stuttgarter Architekten von Andoffice jetzt mit dem Hugo-Häring-Preis des Bunds Deutscher Architektinnen und Architekten (BDA) sowie dem Immobilien Award des Interessenverbands Immobilienwirtschaft Stuttgart (IWS) ausgezeichnet worden.

Gemeinschaftsflächen ermöglichen Interaktion und Kommunikation

„Das Wohnkonzept besticht sozial durch Gemeinschaftsflächen im Innen­ und Außenraum, die durch vielfältige Begegnungsorte und die Bauweise soziale Interaktion und Kommunikation ermöglichen und dadurch eine lebendige Nachbarschaft fördern“, so die Würdigung des IWS. Zudem sind die Gebäude kreislauffähig und besonders energieeffizient. Die Dämmung entspricht dem Effizienzhaus 40-Standard. Das soll zusammen mit Wärmepumpen und Photovoltaikanlagen den Energiebedarf drücken, was die Nebenkosten für die Mieter sehr niedrig mache.

Das von Andoffice entwickelte serielle Konzept sieht Häuser mit drei bis acht Gebäudeachsen und bis zu vier Geschossen vor, die sich flexibel an die örtlichen Gegebenheiten und Bedarfe anpassen lassen. Um mögliche Einsparpotenziale zu realisieren, nutzen die Projektentwickler schon bei der Ausführungsplanung die Expertise ihrer Baupartner.

Das Ergebnis seien Wohnungsmieten, die 30 bis 40 Prozent unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen, so das Unternehmen. Dem kommt zugute, dass die Projekte alle über 70 Prozent gefördert sind. Die günstigen Mietkonditionen werden also auch durch Fördermittel der L-Bank möglich.

Land fördert den sozialen Wohnungsbau

Laut Wohnungsbauministerium sind die Mittel für den sozialen Wohnungsbau in dieser Legislaturperiode in Baden-Württemberg bereits mehr als verdoppelt worden. Zuletzt konnten weitere 42 Millionen Euro aktiviert werden, so dass man 2023 auf über 500 Millionen Euro kommt, nächstes Jahr sogar auf 551 Millionen Euro. Die Förderung werde laut Ministerium sehr stark nachgefragt, auch weil im Juni letzten Jahres die Konditionen noch einmal verbessert wurden.

Oliver Schmale

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